Der Mercedes-Benz eCitaro kommt ab 2023 mit Range Extender

Um auch ohne Nachladen über 400 Kilometer Reichweite als vollelektrischer Solobus im Stadtverkehr zu erreichen – oder 350 km mit dem Mercedes-benz eCitaro Range Extender – bringt Daimler Trucks nun den eCitaro mit Range Extender.  Die ersten Auslieferungen dazu sind bereits 2023 geplant.

Der Mercedes-Benz eCitaro kommt mit Range Extender

eCitaro Range Extender mit Wasserstoffzelle

Mit dem eCitaro Range Extender möchte Daimler Buses eine konsequente und praxisnahe, aber vor allen auch kostenbewusste Lösung für den Einsatz als Stadtbus anbieten.  Dabei handelt es sich um einen batterieelektrisch angetriebenen Niederflur-Stadtbus, der über eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle verfügt. Die Brennstoffzelle dient dabei jedoch nicht als Energiequelle für den eigentlichen Antrieb, sondern als reine Verlängerung der Reichweite.

Bei der Brennstoffzelle greift Daimler Buses auf ein erprobtes Aggregat zurück, aber in neuester Ausführung. Der Wasserstoff schließlich wird gasförmig und mit einem Druck von 350 bar verwendet. Daher kann auf eine hohe Verdichtung und entsprechend hohen Aufwand für Tankstellen verzichtet werden.

Der Mercedes-Benz eCitaro kommt mit Range Extender

Der eCitro Range Extender in der zweiten Generation kommt vom Hersteller Toyota und hat ein Gewicht von 240 kg und leistet maximal 60 kW. Bei den Abmessungen liegt das Modul bei 1.270 mm Länge, 630 mm Breite sowie 410 mm Höhe.  Zusätzlich kommt stets eine Pufferbatterie zum Einsatz, da Brennstoffzellen bei der Stromproduktion kontinuierlich arbeiten, anders als es der typische Einsatz eines Stadtbusses mit fortlaufendem Wechsel von Beschleunigungs- und Bremsmanövern verlangt.

Der durchaus kompakte Range Extender wird effizient im Bereich des Bestpunkts von rund 30 kW betrieben und arbeitet in einem Spannungsbereich von 400 bis 750 Volt. Ein Spannungswandler ist im Modul bereits integriert. Die Lebensdauer gibt der Hersteller mit rund 40.000 Stunden an, wobei der Wirkungsgrad langsam nachlässt. Montiert ist das Brennstoffzellen­modul beim Solobus auf dem Dach in einer Position kurz nach der Vorderachse. Beim Gelenkbus ist sie vorn auf dem Dach des Hinterwagens platziert.

Modular aufgebaute Wasserstofftanks

Die Wasserstofftanks zur Versorgung der Brennstoffzelle des eCitaro Range Extender fassen jeweils fünf Kilogramm. Mit einem Innenbehälter aus Kunststoff und einer äußeren Ummantelung aus Kohlefasern entsprechen sie dem sogenannten Typ 4, sind sowohl leicht als auch hoch belastbar.

Die Anordnung quer zur Fahrtrichtung ermöglicht eine einfache Zugänglichkeit zu den Ventilen. Sicherheit wird groß geschrieben: Jeder einzelne Behälter verfügt über einen eigenen Druck- und Temperatursensor. Die Tanks erfüllen bereits die Norm UN ECE R 134 u. a. zur Verhütung von Brandgefahren, die erst ab dem Jahr 2024 verbindlich sein wird.

Die Tankanlage ist ebenso modular aufgebaut. Beim Solobus finden wahlweise fünf oder sechs Tanks mit zusammen 25 oder 30 Kilogramm Wasserstoff Verwendung. Beim Gelenkbus sind es ganz nach Wunsch sechs oder sieben Tanks mit 30 bzw. 35 Kilogramm Wasserstoff. Sie sind jeweils auf dem Dach in Höhe der Vorder­achse und des vorderen Überhangs montiert. Die Betankung erfolgt durchweg in Fahrtrichtung rechts über der zweiten Achse. Unter optimalen Bedingungen beläuft sich die Betankungszeit im Solobus zum Beispiel auf rund zehn Minuten.

High-Performance-Batterien der neuesten Generation

Beim eCitaro Range Extender kommen High-Performance-Batterien der neuesten Generation zum Einsatz. Diese Lithium-Ionen Batterien des Typs NMC 3 (NMC = Nickel-Mangan-Cobalt) werden im eCitaro ab Ende des Jahres 2022 eingeführt und verfügen über einen sehr hohen Energieinhalt und sind sehr langlebig.

Ähnlich wie die Wasserstofftanks sind auch die Batterien skalierbar. Beim Solobus finden wahlweise zwei oder drei Batteriepakete mit zusammen 196 oder 294 kWh Kapazität Verwendung. Beim Gelenk­bus sind es wahlweise drei oder vier Batteriepakete mit maximal 392 kWh Energiekapazität. Bereits diese Batterie­bestückungen sichern eine beachtliche Reichweite.

Da sowohl die Batteriekapazität als auch die Menge des mitgeführten Wasserstoffs wählbar sind, erhält jedes Verkehrs­unternehmen den für sein individuelles Einsatzprofil maßge­schneiderten eCitaro Range Extender.

Aufgrund der Brennstoffzelle als Range Extender ist eine Zwischen­ladung der Batterien auf der Strecke nicht notwendig und auch nicht vorgesehen. Die Aufladung erfolgt durchweg per Stecker im Depot mit einer maximalen Ladeleistung von 150 kW. Wie vom eCitaro gewohnt, stehen drei Steckerpositionen zur Wahl, links und rechts oberhalb der Vorderachse und am Heck. Für eine flexible Positionierung auf dem Betriebshof oder in der Fahrzeughalle sind pro Fahrzeug bis zu zwei Steckerpositionen möglich.

Große Reichweite, hohe Zahl an Fahrgastplätzen

Je nach Bestückung mit Batterien und Wasserstofftanks wird der eCitaro als Solobus ohne Zwischenladung oder zwischenzeitliches Auftanken eine Reichweite von rund 400 Kilometern bei durch­schnittlichen Anforderungen erreichen. Beim Gelenkbus wird sich die Reichweite auf rund 350 Kilometer belaufen. Diese heraus­ragenden Werte decken die Wünsche nahezu aller Verkehrsbetriebe komplett ab. Mit diesem Schritt ist auch eine kraftstoffbetriebene Zusatzheizung überflüssig geworden.

Zusätzlich sichert die bis ins Detail optimierte Gewichtsverteilung von Batterien, Brennstoffzelle und Wasserstofftanks eine hohe Zahl von Fahrgastplätzen. Als Beispiel können zwei Eckmodelle dienen: Den zweitürigen Solobus mit zwei Batteriepaketen und sechs Wasser­stofftanks kalkuliert Daimler Buses auf etwa 88 Fahrgastplätze. Bei einem dreitürigen Gelenkbus mit einer angetriebenen Achse, drei Batteriepaketen und sieben Wasserstofftanks wird sich die Zahl auf rund 128 Fahrgastplätze belaufen.

Neues Thermomanagement nutzt die Abwärme der Brennstoffzelle

Bei der Integration des Brennstoffzellenantriebs hat der Mercedes‑Benz Citaro erneut sein vielseitiges Konzept unter Beweis gestellt. Zwar waren umfangreiche Anpassungsmaßnahmen notwendig, jedoch keine komplette Neukonstruktion. Verkehrs­unternehmen profitieren daher vom gewohnten Fahrgastraum und einer Vielzahl identischer Komponenten und Teile von Citaro, eCitaro und eCitaro Range Extender.

Neu sind auch die Steuergeräte. Auch führt die Wärmeentwicklung der Brennstoffzelle zu einem komplett neuen Thermomanagement – ihre Abwärme lässt sich für die Heizung des Fahrgastraums nutzen. Daher verwendet Daimler Buses jetzt die kompakte Klimaanlage mit dem Kältemittel R134a, ebenfalls mit Wärmepumpe. Sie erreicht im Zusammenspiel mit der Abwärme der Brennstoffzelle bei niedrigen Temperaturen eine höhere Effizienz als die CO2-Klimaanlage des eCitaro. Die Abwärme der Brennstoffzelle kann ebenfalls zur Temperierung der Batterien genutzt werden.

Auch beim eCitaro Range Extender sind die Wärme abgebenden Komponenten miteinander verbunden. Die Temperierung des Fahrgastraums und separat davon des Fahrerarbeitsplatzes erfolgt automatisch. Luftstromregulierung und eingesetzte Heizenergie sind analog zum eCitaro auch abhängig von der Zahl der Fahrgäste.

Bewährte Niederflur-Antriebsachse

Die Kraftübertragung erfolgt wie gewohnt auf die Niederflur-Portalachse ZF AVE 130 mit radnabennahen Motoren. Sie leisten pro Rad maximal 141 kW und erreichen ein Drehmoment von 494 Nm. Durch eine fixe Übersetzung bedeutet dies ein Drehmoment von maximal 11.000 Nm pro Rad. Beim Gelenkbus werden serienmäßig Mittel- und Hinterachse angetrieben, bei leichter Topografie genügt auch die angetriebene Achse des Hinterwagens.

Die wesentlichen Vorteile des Mercedes-Benz eCitaro Range Extender

Der neue, lokal emissionsfreie Mercedes-Benz eCitaro Range Extender erzielt hohe Reichweiten. Gleichzeitig bietet er aufgrund seiner Gewichts­verteilung eine überraschend hohe Zahl von Fahrgastplätzen. Sein Konzept hat auch die Total Cost of Ownership im Auge: Der Schwerpunkt auf den batterieelektrischen Antrieb, die geschickte Auslegung des Brennstoff­zellenantriebs und langlebige Komponenten hält die Kosten vergleichsweise günstig.

Bilder (zeigen teils eCitaro Modell ohne Range Extender): Philipp Deppe / MBpassion.de

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Ralf
1 Jahr zuvor

Das Konzept klingt interessant.
Zum Verständnis: Die Brennstoffzelle lädt den Akku oder was ist jetzt genau der Vorteil?

Jakob Sperling
Reply to  Ralf
1 Jahr zuvor

Mit den 30kg Wasserstoff lassen sich etwa 800kWh Energie erzeugen (in 10 min nachladbar).
Im Vergleich dazu liefern die max. 3 Batteriepakete 294kWh.

Eine Brennstoffzelle wandelt lieber einigermassen konstant Wasserstoff in Strom um, also wird sie im Normalfall zur Schonung konstant betrieben und füllt dauernd die Batterien nach, welche dann Strom nach Bedarf an den Motor abgibt.

In dem Sinne sind eigentlich alle heutigen Wasserstoff-Fahrzeuge (FCEV) als Range Extender konzipiert. Es ist immer auch eine mehr oder weniger grosse Batterie da, die sich meist auch separat laden lässt. Im unteren Extremfall ist die Batterie nur eine kleine, nicht separat ladbare Pufferbatterie, im anderen Extremfall reicht die Batterie alleine schon für weite Strecken.

Ralf
Reply to  Jakob Sperling
1 Jahr zuvor

Danke! Dann hatte ich den Satz „Aufgrund der Brennstoffzelle als Range Extender ist eine Zwischen­ladung der Batterien auf der Strecke nicht notwendig und auch nicht vorgesehen. Die Aufladung erfolgt durchweg per Stecker im Depot mit einer maximalen Ladeleistung von 150 kW.“ falsch verstanden. Damit ist wohl nur die direkte Ladung via externer Ladestation gemeint.

Jakob Sperling
Reply to  Ralf
1 Jahr zuvor

Nebenbei:
Gute Daumenregel zum merken: Ein PKW braucht etwa 1kg Wasserstoff für 100km – im Idealfall etwas weniger.

Evobussler
1 Jahr zuvor

Weiß man, was dieser eCitaro mit REX als Topspeed schafft?