Was im Nu für weltweites Aufsehen sorgen wird, meldet Gottlieb Daimler am 29. Juli 1888 beim kaiserlichen Patentamt Berlin zum Patent an: Die Erfindung einer motorgetriebenen Feuerspritze.
Benzinmotor von Daimler, Kolbenpumpe von Kurtz
Benzin und Feuer: Dies passt in den Augen der Feuerwehrleute lange Zeit überhaupt nicht zusammen. Noch 1910 sind sich die Branddirektoren uneins, ob der Ottomotor als Antrieb für Feuerwehrfahrzeuge geeignet ist oder nicht. Dabei machen sie sich die Dienste des Benziners bereits seit zwanzig Jahren zunutze. Nur eben nicht als Fahrzeug-, sondern als Pumpenantrieb.
Es ist wohl der Glockengießer und Feuerspritzen-Hersteller Heinrich Kurtz, der Gottlieb Daimler auf die Idee bringt, seinen Benzinmotor in den Dienst der Feuerwehren zu stellen. Jedenfalls liefert Kurtz, der schon zwei Jahre zuvor Gussteile für Daimlers ersten Verbrennungsmotor gefertigt hatte, auch die Spritze samt Kolbenpumpe, für die Daimler zunächst einen 1,0 PS starken Einzylindermotor zur Verfügung stellt.
Kurtz weiß nur zu gut von den Problemen der Feuerwehren: Erst nach viertelstündigem Einheizen kommen die damals üblichen Dampfspritzen allmählich auf Trab. Um während dieser Zeit nicht tatenlos zusehen zu müssen, wie der Brand sein Vernichtungswerk vollbringt, führen die Feuerwehren Gasspritzen mit, die unter dem Druck der Kohlensäure die mitgeführten Wasservorräte in die Flammen schicken. Ein Benzinmotor dagegen kann sofort und wesentlich nachdrücklicher ans Werk gehen.
Gottlieb Daimler ist wiederum nur allzu bereit, neue Anwendungsgebiete für seinen Verbrennungsmotor zu erschließen. Um den schnell laufenden Einzylindermotor auf die Kurtz’sche Kolbenpumpe abzustimmen, die ihrerseits bei 180/min ihre größte Effizienz erreicht, ist lediglich ein kleines Zusatzgetriebe vonnöten. Am 29. Juli 1888 meldet Daimler seine Feuerspritze mit Motorbetrieb zum Patent an und erhält am 15. April 1889 die Patentschrift No. 46779, Klasse 59.
Leistung bis auf zehn PS gesteigert
Selbst eine gelungene Erfindung kann kaum so gut sein, dass sie sich nicht noch verbessern ließe. Zwar kann es Daimlers Motorspritze durchaus mit jedwedem zeitgenössischen Feuerwehrgerät aufnehmen. Doch andererseits besteht kein Grund, es bei einer Motorleistung von nur einer Pferdestärke zu belassen. Schon auf dem 13. deutschen Feuerwehrtag, der noch im selben Jahr in Hannover stattfindet, stellt Daimler eine stärkere Motorspritze aus, deren Zweizylindermotor nun bereits 4 PS (2,9 kW) leistet.
In den folgenden Jahren steigert Daimler die Motorleistung bis auf 10 PS (7,4 kW). Und bereits 1892 kann sich eine Spritze mit 6 PS-Motor (4,4 kW) bei einem Großeinsatz in Cannstatt bewähren, wo sie beim Brand einer Bettfedernfabrik fünf Stunden lang zuverlässig ihren Dienst verrichtet. Ihre technischen Daten sorgen für Aufsehen: Bei einer Saughöhe von fünf Metern und einer 150 Meter langen Druckleitung sendet sie ihren Strahl zwanzig Meter weit in die Höhe. Dies gefällt der Berufsfeuerwehr Erfurt, die die Spritze 1896 zum Preis von 5610 Mark erwirbt. In Erfurt erledigt sie weitere 25 Jahre pünktlich ihre Arbeit.
Dass die ersten Motorspritzen über eine gewisse Förderleistung nicht hinauskommen, liegt weniger an den Motoren als an den Pumpen: Erst 1909 gelingt es mittels neu entwickelter, schnell laufender Kreiselpumpen, die Motorleistung besser zu nutzen und den Wasserstrahl der Feuerspritzen bis auf die doppelte Höhe zu trimmen.
Weltweites Aufsehen
Von der richtungweisenden Wirkung seiner Erfindung ist Daimler durchaus überzeugt. Schon 1892 unternimmt er jede nur denkbare Anstrengung, seine Motorspritze weltweit bekannt zu machen. Ein Exemplar mit einem 6 PS (4,4 kW) starken Zweizylinder wird in jenem Jahr zunächst in St. Petersburg der Öffentlichkeit vorgestellt, weitere Auftritte gibt es in Leipzig, München sowie Florenz und Mailand. Im folgenden Jahr ist die Daimler’sche Motorspritze auf der Weltausstellung in Chicago zu sehen.
Auf der ersten englischen „Horseless Carriage Exhibition“ von Tunbridge Wells ist im Jahre 1895 ebenfalls eine Daimler-Feuerspritze ausgestellt. Gottlieb Daimler hatte sie an Evelyn Ellis gesandt, der sie gemeinsam mit Frederick R. Simms, dem britischen Direktor des Unternehmens, stolz einem begeisterten Publikum präsentiert.
Quelle: Daimler AG