Der Daimler Reitwagen von 1885 feiert 140. Geburtstag

Vor 140 Jahren wurde Geschichte geschrieben: Am 29. August 1885 meldete Gottlieb Daimler gemeinsam mit Wilhelm Maybach den sogenannten Reitwagen zum Patent an – das erste Motorrad der Welt. Angetrieben von einem kompakten, schnelllaufenden Einzylinder-Viertaktmotor, markierte das unscheinbare Zweirad den Beginn einer neuen Ära der individuellen Mobilität. Am 31. August 2025 können Besucher des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart einen authentischen Nachbau dieses Pionierfahrzeugs in Aktion erleben: Beim markenoffenen Klassikertreffen Classics & Coffee wird der Reitwagen auf dem Museumshügel gestartet und fahrend präsentiert.

Ein Meilenstein von 1885

Mit dem Reitwagen gelang Daimler und Maybach die praktische Umsetzung einer Idee, die die Welt verändern sollte: den Verbrennungsmotor nicht mehr nur stationär zu nutzen, sondern in ein Straßenfahrzeug zu integrieren. Der Motor mit dem Spitznamen Standuhr – wegen seiner charakteristischen Form – leistete 0,37 kW (0,5 PS) bei 600/min. Damit erreichte der Reitwagen Geschwindigkeiten von bis zu 12 km/h.

Das Zweirad war nicht für den alltäglichen Gebrauch gedacht, sondern diente als Technologieträger und Versuchsträger. Trotzdem zeigte schon die erste Probefahrt im November 1885 durch Daimlers Sohn Adolf von Cannstatt nach Untertürkheim, dass die Vision funktionierte.

Technik und Handwerkskunst

Der Reitwagen vereinte zeitgenössische Handwerkstechniken mit innovativem Maschinenbau.

  • Rahmen und Räder: aus Holz gefertigt, ähnlich wie bei damaligen Kutschen.

  • Bereifung: robustes Eisen, geschmiedet für den harten Einsatz.

  • Antrieb: Übertragung der Motorleistung per Lederriemen auf ein Vorgelege aus Ritzel und Zahnkranz. Zwei feste Übersetzungen ermöglichten verschiedene Fahrstufen.

  • Bedienung: Über einfache Hebel regelte der Fahrer die Gemischbildung, kuppelte den Antrieb ein oder bremste das Hinterrad.

Zur Stabilisierung verfügte das Zweirad über kleine Stützräder, die zwar enge Kurven erschwerten, jedoch die Sicherheit erhöhten – ein frühes Beispiel für praktisches Ingenieursdenken.

Vom Zweirad zum Automobil

Der Reitwagen war mehr als ein technisches Experiment. Er war die entscheidende Brücke hin zum Automobil: Schon 1886 übernahmen Daimler und Maybach den Motor für die legendäre Motorkutsche. Bald trieb die „Standuhr“ auch Boote, Schienenfahrzeuge und sogar Luftschiffe an. Damit wurde die Idee der motorisierten Fortbewegung auf allen Verkehrswegen Wirklichkeit – zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Erlebnis im Mercedes-Benz Museum

Das Original des Reitwagens fiel 1903 einem Großbrand im Daimler-Werk in Cannstatt zum Opfer. Doch im Mercedes-Benz Museum ist eine detailgetreue Rekonstruktion dauerhaft zu sehen – im Ausstellungsbereich Mythos 1: Pioniere – Die Erfindung des Automobils, 1886 bis 1900. Besucher haben am 31. August 2025 die einmalige Gelegenheit, den Reitwagen nicht nur aus der Nähe zu betrachten, sondern ihn auch fahrend bei Classics & Coffee zu erleben.

Informationen für Besucher

Bilder: Mercedes-Benz Group AG