Das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart ist bereits tagsüber ein viel besuchter Ort mit jeder Menge Sehenswürdigkeiten. Wir haben das Museum zu einer ganz anderen Tageszeit besucht, wenn sich alles ruhig und still präsentiert: Nachts! Allein zwischen 300 SL Flügeltürer und den Silberpfeilen, ein Erlebnis und durchaus auch eine Besonderheit.
Ganz allein sind wir in dieser einen Nacht im Museum in Stuttgart dann doch nicht, zu uns gesellt hat sich Mercedes DTM Neuzugang Maximilian Götz. Der 29-jährige Franke zeigt uns, dass er nicht nur im Rennoverall eine gute Figur machen kann – und plaudert im Interview zur neuen Herausforderung. Wir präsentieren: Agent Götz – bereit für den Angriff auf die DTM- Krone 2015!
MBpassion: Hallo Maximilian, danke dass du dir Zeit genommen hast uns heute Nacht im Mercedes-Benz Museum zu besuchen.
Maximilian: Sehr gern. Ich mag das Mercedes-Benz Museum, allein schon wegen der ganzen Historie, aber auch die Architektur und Aufteilung ist klasse gemacht. Leider hatte ich bislang nie die Zeit, mir alles im Detail anzusehen, doch vielleicht ändert sich das ja heute Nacht.
MBpassion: Kürzlich ist die Entscheidung gefallen, das du 2015 in der DTM fahren wirst, ein großer Schritt für dich?
Maximilian: Ja, das ist ein mega Schritt, weil die DTM einfach unter der Formel 1 die höchste Rennserie ist, die es gibt. Die DTM ist vor allem in Europa und Deutschland sehr bekannt und populär, zudem war es schon immer ein Kindheitstraum von mir, auch dort mitzufahren und ein Teil davon zu sein.
MBpassion: Was sind deine Erwartungen als Neueinsteiger im ersten Jahr in der Rennserie?
Maximilian: Ich verfolge die DTM seit Jahren und bin auch schon im Rahmen der DTM in anderen Rennserien mitgefahren. Hier ist man ganz nah an der DTM, fährt auf den gleichen Rennstrecken und verfolgt natürlich das Geschehen und weiß was dahinter steckt, vorauf es ankommt und was wirklich wichtig ist. Das Niveau in dieser Rennserie ist extrem hoch und ich als Rookie muss mich da natürlich zuerst ein bisschen reinfinden. Ich werde versuchen, mich bei den anstehenden Testfahrten so gut wie möglich einzuschießen und mir selbst parallel auch nicht zu viel Druck aufzubauen. Ich versuche mich ordentlich vorzubereiten, um dann bestmöglich in das erste Rennen in Hockenheim zu gehen. Aber ich weiß auch, das die Dichte in der DTM und die Abstände in der Qualifikation sowie im Rennen schon extrem eng sind, da kommt es natürlich auf alles an.
Zehntel Sekunden entscheiden über den Erfolg in der DTM
MBpassion: In der DTM geht’s knallhart zur Sache, anders kann man es wohl nicht ausdrücken, oder?
Maximilian: Ja, auf jeden Fall. Wenn am Norisring das ganze Feld innerhalb von sechs zehntel Sekunden fährt, dann ist das schon richtig eng und es geht ordentlich zur Sache. Um ganz vorn zu sein muss alles passen.
MBpassion: Du hast 2013 zum ersten Mal im DTM–Auto für Testfahrten gesessen. Stimmt das?
Maximilian: Genau, 2013 am Lausitzring und in Estoril/Portugal war ich im 2012er Auto unterwegs. Letztes Jahr bin ich dann bei der Sichtung in Jerez/Spanien das aktuelle Auto, mit dem letztem Aerostand – der auch beim Saison-Finale in Hockenheim im Einsatz war –, gefahren. Das war schon eine sehr geile Erfahrung, ich wäre am liebsten nicht mehr ausgestiegen, wenn das Team mich nicht aus dem Auto rausgezogen hätte.
MBpassion: Zuletzt bist du im AMG Kundensportprogramm mit dem SLS AMG GT3 Flügeltürer unterwegs gewesen. Wie ist jetzt der Unterschied von dem Rennauto zum DTM?
Maximilian: Die DTM ist schon eine ganze andere Nummer. Die Fahrzeuge sind im Prinzip Prototypen, das merkst du sofort beim reinsetzen und losfahren. Alles ist viel purer und noch näher an der Straße. Der SLS dagegen ist eher ein weiterentwickeltes Straßenauto, zwar mit Gitterrohrrahmen und Karbon-Sitzkiste, aber insgesamt doch sehr weich abgestimmt, das Auto rollt sehr viel und es fehlt so ein bisschen das Extreme. Wenn man zum Vergleich ins DTM-Auto einsteigt und zum ersten Mal anbremst und das Auto sofort steht, dann merkst du schnell „Okay das ist jetzt ein richtiges Rennauto“. Aber auch die Kurvengeschwindigkeiten sind im DTM viel höher, als im Flügeltürer. Es hört sich wenig an, doch der Unterschied von 200 Kilogramm beim Fahrzeuggewicht ist schon massiv. 200 Kilo im Motorsport sind Welten.
MBpassion: Kann man das in Sekunden ausdrücken?
Maximilian: In Hockenheim sind das zum Beispiel rund vier Sekunden, die ein DTM-Auto schneller ist wie ein GT3-Auto. Das ist schon ein ganzer Schritt nach vorn.
Stärken unterschiedlich: Hohe Kurvengeschwindigkeiten im DTM-Auto – Starke Beschleunigung im SLS AMG GT3
MBpassion: Gibt es auch Vorteile die ein GT3-Auto im Vergleich hat?
Maximilian: Ja, der GT3 hat eine sehr gute Beschleunigung. Man hat viel mehr Drehmoment und auch viel mehr Leistung. Trotz des bisschen Mehrgewicht hat man ordentlich Power und zieht richtig ab. Das ist ein Punkt, der das GT3-Autos im Vergleich sehr spannend macht. Wenn man alles zusammen sieht, ist aber einfach die pure Geschwindigkeit, die Kurvengeschwindigkeit und das Bremsen beim DTM-Auto schon noch mal ein Level höher als im SLS GT3.
MBpassion: Kann man sagen, dass das DTM-Auto vor allem auf Grund seiner komplexen bzw. ausgereifteren Aerodynamik im Vorteil ist?
Maximilian: Genau. Das DTM-Auto ist ein reiner Prototyp und der SLS AMG GT3 ist ganz vereinfacht gesagt: ein umgebauter Straßenwagen.
MBpassion: Wir sind hier heute Nacht im Mythosraum 7, wo die ganzen legendären Silberpfeile stehen – nun bist du ja quasi auch ein Silberpfeil-Pilot. Schlägt da das Herz noch ein bisschen höher?
Maximilian: Definitiv. Ich habe hier im Museum persönlich schon zwei große Feste gefeiert, zum einen der Gewinn „24 Stunden von Spa“ und zum anderen der GT-Masters Sieg. Ich habe also schon ein bisschen was hier erlebt im Museum. Jetzt aber als Mercedes DTM-Fahrer in die Steilwand zu gehen – quasi selbst ein Teil davon zu sein, auch wenn ich gerade erst am Anfang stehe – und die Chance zu haben vielleicht selbst mal ein DTM-Siegerauto dort platzieren zu können, das ist schon Mega. Mein Herz schlägt schon seit langem für Mercedes, – es hat damals angefangen, wo ich ein großer Fan von Bernd Schneider war, als der in der DTM fuhr. Da war ich so 8 oder 9 Jahre alt – also 20 Jahre her. Vor zwei Jahren dann mit Bernd zusammen die 24 Stunden von Spa zu gewinnen und jetzt DTM-Fahrer für Mercedes zu sein, ist natürlich nicht nur ein riesen großer Schritt, sondern auch sehr emotional für mich. Ich habe Mercedes nie aus dem Auge verloren, bei den letzten 4 Jahre im GT-Sport bestand immer eine enge Bindung zu Mercedes und AMG. Jetzt dafür DTM zu fahren, ist natürlich die Krönung und fantastisch.
Saisonvorbereitung gemeinsam mit den Teamkollegen – Bereit für die neue Saison
MBpassion: Du warst jetzt kürzlich im Trainaingscamp in Spanien mit deinen neuen Teamkollegen, hast du dir da schon erste Tipps geholt oder macht man so was gar nicht?
Maximilian: Ich kenne ja die meisten schon. Beispielsweise bin ich mit Paul (Di Resta) und Chris (Vietoris) schon in der Formel 3 gefahren, so dass es jetzt kein extremes kennenlernen mehr war, sondern mehr ein lernen, wie der jeweils andere tickt und wie die Interessen so sind. Vor allem aber habe ich die Zeit genutzt, mit den Kollegen viel Spaß zu haben und am gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Klar fragt man da natürlich auch mal zwischen durch, wie man an der einen oder anderen Stelle in Hockenheim fährt, wie das Team arbeitet und wie spezielle Dinge gehandhabt werden. Das Trainingscamp ist da schon eine Chance, sich mal ein Woche lang mit dem Thema sich zu beschäftigen und man sieht sich ja auch das ganze Jahr nicht eine Woche lang und hat soviel Zeit zum reden. Das war schon eine spezielle Woche, wir haben zusammen gelitten, geschwitzt und uns Blasen an den Füßen geholt. Das schweißt natürlich zusammen, von daher ist so eine Woche extrem wichtig, um im Vorfeld die Bindung aufzubauen.
MBpassion: Du bist also für die neue Saison schon gut gerüstet und heißt. Von dir aus könnte es morgen los gehen?
Maximilian: Ja. Wir werden natürlich bis zum Saisonstart das Training noch weiter intensivieren und an der Leistung feilen, die Basis ist aber gesetzt. Man ist jetzt schon gut drauf nach der Woche, aber es fehlt noch ein bisschen was, bis man dann wirklich tausendprozentig perfekt an den Start gehen kann.
MBpassion: Wir sagen Danke für das Interview und wünschen viel Erfolg für deine erste DTM-Saison.
Maximilian: Danke und auf bald.
Bilder: Philipp Deppe / MBpassion.de