228,1 km/h stellte Bob Burman auf dem RekordwagenBenz 200 PS am Strand von Daytona Beach / Florida einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf über einer Meile mit fliegendem Start auf. Auf dem „fliegenden“ Kilometer erzielt der „Blitzen-Benz“ Wagen eine ebenso spektakuläre Marke: hier sind es 226,7 km/h.
Der „Blitzen-Benz“, wie der Rekordwagen in den USA genannt wurde, beweist in Daytona endgültig, dass er im Jahr 1911 das schnellste Fahrzeug der Erde ist: Bob Burman fährt auf dem Benz 200 PS doppelt so schnell, wie Flugzeuge der damaligen Zeit fliegen können. Und auch der Schienenfahrzeug-Rekord von 210 km/h aus dem Jahr 1903 ist übertroffen: Durch den Benz 200 PS Rekordwagen hat das Automobil die Eisenbahn als schnellstes Verkehrsmittel abgelöst. Und so schnell wird dem weißen Rekordfahrzeug, das erst in Amerika mit einem deutschen Reichsadler als Logo versehen wird, auch niemand seinen Rang streitig machen. Denn Burmans Weltrekorde mit dem „Blitzen-Benz“ werden acht Jahre lang – bis zum Rekord von Ralph de Palma im Februar 1919 – von keinem anderen Fahrzeug geschlagen: Ralph de Palma erzielt am 12. Februar 1919 in Daytona Beach auf einem Packard einen neuen Weltrekord über die „fliegende“ Meile mit 241,2 km/h (149,875 mph).
Der von Burman 1911 gefahrene Rekordwagen, welcher in Nordamerika höchst öffentlichkeitswirksam eingesetzt wird, ist die automobil gewordene Gegenthese zur Forderung von Firmengründer Carl Benz nach einem vernünftigen, maximal 50 km/h schnellen Fahrzeug. Es sind auch gerade die Erfolge des von dem amerikanischen Veranstaltungsmanager Ernie Moross zunächst „ Lightning Benz“, dann germanisiert „Blitzen-Benz“ getauften Wagens, welche die Mannheimer Marke Anfang des 20. Jahrhunderts stärker ins Bewusstsein einer am Motorsport interessierten Öffentlichkeit rücken.
Die ersten Rekorde fährt der Benz 200 PS noch in Europa ein: Victor Héméry durchbricht am 8. November 1909 erstmals in Europa und erstmals auf einem Auto mit Verbrennungsmotor die Grenze von 200 km/h: Auf dem damaligen Hochgeschwindigkeitskurs von Brooklands in England erzielt er mit fliegendem Start 202,648 km/h auf dem Kilometer, die halbe Meile (804,65 Meter) absolviert er sogar mit 205,7 km/h. Aber die europäischen Rennkurse sind nicht groß genug, um den Benz 200 PS Rekordwagen voll ausfahren zu können. Deshalb fährt erst Bob Burman in Daytona Beach den absoluten Rekord für Landfahrzeuge mit 228,1 km/h ins Ziel.
Der von Bob Burman gesteuerte Rekordwagen ist eines von sechs Exemplaren des Benz 200 PS, die insgesamt gebaut werden. Die Entwicklung des Fahrzeugs beginnt 1909 unter der Leitung von Victor Héméry bei Benz & Cie. in Mannheim. Auf Basis des 150 PS Benz Grand-Prix-Wagens entsteht das 147 kW (200 PS) starke Rekordfahrzeug, das von einem Motor mit 21,5 Liter Hubraum angetrieben wird. Der Reihenvierzylinder ist das hubraumstärkste Aggregat, das jemals in einem Renn- oder Rekordwagen von Mercedes-Benz und den Vorgängermarken eingesetzt wird. Seine Kraft wird über ein Viergang-Schaltgetriebe, eine Zwischenwelle und eine Antriebskette auf die Hinterachse gebracht. Konstruktiv geht der Wagen auf die erfolgreichen Benz Grand-Prix-Wagen von 1908 zurück.
Das Wettbewerbsauto von Daytona wird im Jahr 1913 an Stoughton Fletcher verkauft. Dieser lässt ihn von Bob Burman im Verlauf des Jahres 1914 umbauen und verkauft den „ Blitzen-Benz“ 1915 an Harry Harkness. Am 2. November 1915 steht das deutlich umgebaute Fahrzeug als „Burman Special“ am Start in der Sheepshead Bay, New York/USA, um gegen Ralph de Palma auf Sunbeam zu einem Vergleichsrennen anzutreten. 1916 verunglückt Burman tödlich in einem Peugeot. Danach kommt der „Blitzen-Benz“ wieder nach Europa zurück. Ostern 1922 taucht er in Brooklands auf, ist weiß lackiert, hat eine geänderte Motorabdeckung und einen neuen Kühler. Fahrer ist Graf Louis Vorow Zborowski, doch er rollt mit dem „Blitzen-Benz“ zu keinen wahren Erfolgen und zerlegt das Auto im Jahr 1923.
Doch die Legende des „Blitzen-Benz“ bleibt lebendig. Zeugen dieser Epoche sind mehrere Fahrzeuge des Typs sowie zwei qualitätsvolle Nachbauten, die erhalten sind. Unter anderem steht ein Benz 200 PS Rekordwagen im Mercedes-Benz Museum.
Ein Rennfahrer der frühen Jahre: Bob Burman
Der Rennfahrer Robert „Bob“ Burman wird am 23. April 1884 in Imlay City, Michigan, geboren. Seine Weltrekordfahrt auf dem „Blitzen-Benz“ im Jahr 1911 findet also an seinem 27. Geburtstag statt. Bereits im Jahr 1909 gewinnt Burman das „Prest-O-Lite Trophy Race“ auf dem neu eröffneten Indianapolis Speedway auf Buick. Er startet auch 1911 bei der Premiere des „ Indianapolis 500 Mile Race“. Ernie Moross, Besitzer des „Blitzen-Benz“, verpflichtet den Buick-Piloten für die Saison 1911 als Fahrer des deutschen Rekordwagens anstelle von Barney Oldfield. Neben den Rekordfahrten am Strand von Daytona Beach am 23. April unternimmt Burman im selben Jahr auch Rekordversuche in Indianapolis am 29. Mai.
Der Mann, der den absoluten Geschwindigkeitsrekord für Landfahrzeuge aufgestellt hat, nimmt bis 1915 regelmäßig an den „Indianapolis 500“ teil. Sein bestes Ergebnis ist Rang 6 im Jahr 1915.
Wenige Tage vor seinem 32. Geburtstag verunglückt Burman am 8. April 1916 beim „Corona Road Race“ in Corona, Kalifornien. Sein Peugeot verliert in der 79. Runde ein Rad, kommt von der Strecke ab und überschlägt sich. Der Rennfahrer stirbt an seinen schweren Kopfverletzungen. Neben Burman und seinem Beifahrer Eric Schroeder kommt auch ein Streckenposten bei dem Unfall ums Leben.
Quelle: Daimler AG