Die Verbindung von Tradition und Moderne machte die im November 2007 präsentierte Maybach Landaulet Studie zu einem in ihrer Epoche einzigartigen Fahrzeug. Die Karosserievariante war und ist schon wegen ihrer Seltenheit eine ausgesprochen individuelle und charakteristische Aufbauform.
Die Kombination aus hinterem Klappverdeck und festem Aufbau über den Vordersitzen im Maybach Landaulet drückt ein hoch entwickeltes Bewusstsein bei Mercedes-Benz Cars für Tradition und Werte aus. Denn die Karosserieform des Landaulets weist weit in die Automobilgeschichte zurück: Schon in den ersten Jahren nach der – unabhängig voneinander erfolgten – Erfindung des Automobils durch Gottlieb Daimler und Carl Benz im Jahr 1886 gibt es zahlreiche Landaulets von beiden Herstellern.
Auch die 1926 entstandene Marke Mercedes-Benz greift das Landaulet wieder auf, über die Jahre entstehen von verschiedenen Typen entsprechende Fahrzeuge ab Werk und von renommierten Karosseriebaufirmen. In einer Landaulet-Variante zuletzt serienmäßig erhältlich ist von 1965 bis 1981 der Typ 600 (Baureihe W 100). Außerdem fertigt der unternehmenseigene Sonderfahrzeugbau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts drei verschiedene Landaulets für den Vatikan.
Kennzeichen Klappverdeck
Das Landaulet zählt zu den edlen Sonderformen unter den Automobilkarosserien, wobei die Wurzeln dieser Karosserieform im Kutschenbau liegen. Sein Kennzeichen ist ein „fester und in sich geschlossener Fahrgastraum mit abklappbarem Verdeck“, so die Definition von Mercedes-Benz. In der Praxis bedeutet das ein rückwärtiges Klappverdeck über den Fondsitzen, das sich an einen festen Aufbau oder eine massive Trennscheibe anschließt. Je nach Variante sitzt der Chauffeur im Freien oder – wie bei modernen Karosserien dieses Typs üblich – in einem eigenen Abteil im Limousinen-Stil.
Die Entscheidungsmöglichkeit zwischen geschlossenem und offenem Wagen bleibt jedenfalls stets den Passagieren im Fond vorbehalten. Ihnen verleiht das Landaulet auf Wunsch einen erhabenen Auftritt: dann nämlich, wenn das opulente Verdeck nach hinten geschwenkt wird. Diese selektive Offenheit richtet den Blick der Betrachter auf die Personen im Fond und macht das Landaulet zur automobilen Bühne für einen eleganten und stilsicheren Auftritt. Deshalb nutzen heute fast ausschließlich hohe Würdenträger diese seltene Karosserieform. Umgekehrt kann das Verdeck aber auch schnell geschlossen werden – als Schutz vor Witterung und Blicken gleichermaßen.
Maybach Landaulet Studie
Die Maybach Landaulet Studie entstand 2007 auf Anregungen aus dem Kundenkreis von Maybach, in dem der Nimbus von Landaulet-Fahrzeugen aus der Zeit hochherrschaftlicher Kutschen weiter lebt. Das Fahrzeug basiert auf dem Maybach 62 S. Bei geöffnetem Dach bleiben die C-Säulen und die Dachbögen stehen. Diese Konstruktion verändert die Silhouette der Luxus-Limousine nicht, und so sind auch die großzügigen Türen und der komplette Innenraum mit der Sitzkonfiguration erhalten.
Im geschlossenen Zustand liegt das schwarze Verdeck des Landaulets in dem durch die Dachbögen gebildeten Dachrahmen auf und schließt wind- und wetterdicht. Auf Wunsch seiner Fahrgäste betätigt der Chauffeur einen Schalter auf der Mittelkonsole, worauf es sich zusammenfaltet und samt dem integrierten hinteren Fenster sanft auf der Hutablage ablegt, ohne dabei diese Ablagefläche sehr einzuschränken. Die gesamte Choreografie des Öffnens und Schließens des Dachs läuft flott, aber ohne unangemessene Hektik ab und beansprucht jeweils zirka 20 Sekunden. Das Gepäckabteil ist auch bei geöffnetem Dach ohne Einschränkungen jederzeit zugänglich. Das abgelegte Dach kann der Chauffeur durch eine edle Leder-Persenning abdecken, die auch die Dachmechanik den Blicken entzieht und so ein geschlossenes Bild höchster Eleganz ergibt.
Historische Maybach Landaulets
Als Landaulet werden in den 1930er Jahren auch mehrere Luxusautomobile der Marke Maybach ausgeführt. Wie damals üblich wird dabei das Chassis mit einer Karosserie ganz nach den individuellen Wünschen des Kunden versehen. Die Käufer entscheiden sich dabei vor allem für die Zwölfzylinder-Modelle Maybach 12, Maybach Zeppelin DS7 und Maybach Zeppelin DS8. Das Kürzel aus Buchstaben und Ziffern bei den Zeppelin-Modellen steht für die V12-Konstruktion der Motoren (Doppel-Sechs) sowie den Hubraum: Der von 1930 bis 1931 gebaute Zeppelin DS7 hat einen 150 PS (110 kW) starken Motor mit 6922 Kubikzentimeter Hubraum, sein von 1931 bis 1939 produzierter Nachfolger bezieht 200 PS (147 kW) Leistung aus 7922 Kubikzentimeter Hubraum.
Nicht nur Staatsmänner und Wirtschaftskapitäne lassen sich in Maybach-Landaulets chauffieren. Der publikumswirksame Auftritt in diesem Automobil, das seinen Passagier wie ein edles Exponat in einer feinen Schatulle präsentiert, deren Abdeckung geöffnet ist, reizt auch professionelle Selbstdarsteller. So lässt beispielsweise die Familie Sembach-Krone 1930 einen Zeppelin DS7 vom Karossier Erdmann & Rossi mit einer Landaulet-Karosserie in bordeauxrotem Lack als Direktionsfahrzeug für den legendären Circus Krone versehen. Der elegante Wagen mit langem Verdeck ist heute im Auto- und Technikmuseum Sinsheim ausgestellt.
In der Sinsheimer Sammlung findet sich auch ein 1938 entstandenes Landaulet des 160 km/h schnellen Zeppelin DS8. Den Aufbau dieses schwarz lackierten Fahrzeugs mit kurzem Verdeck übernahm der Karosseriebau Hermann Spohn aus Ravensburg. Spohn war Hauskarossier von Maybach im nur 20 Kilometer entfernten Friedrichshafen.
Quelle: Daimler AG