Im Juni 1911 wurde mit dem Mercedes 37/90 PS ein neues Topmodell des DMG-Verkaufsprogramms eingeführt. Der neue Hochleistungswagen, dessen Vierzylindermotor mit Dreiventiltechnik und Doppelzündung ausgerüstet war, löste die seit 1907 gebauten Sechszylindertypen ab und verfügte wie diese über Kettenantrieb. Der 37/90 PS war die letzte Neuentwicklung der Daimler-Motoren-Gesellschaft, die damals mit Kettenantrieb auf den Markt kam. Als besondere Neuerung waren die Antriebsketten gekapselt und liefen im Ölbad.
9.5 Liter Hubraum
Der von Paul Daimler konstruierte 9.5-l-Motor hatte pro Zylinder ein besonders großes Einlaßventil und zwei kleinere Auslaßventile. Die Ventilanordnung im Zylinderkopf ermöglichte kurze Gaswege und dadurch eine günstige Verbrennung. Die Ventile wurden über Stoßstangen und Kipphebel von einer seitlichen Nockenwelle betätigt, deren Antrieb über Zahnräder von der Mitte der Kurbelwelle erfolgte. Mitte 1913 erhielt der 37/90 PS wie die anderen Modelle des Verkaufsprogramms eine neue Typenbezeichnung, die nun 37/95 PS lautete. Eineinhalb Jahre später wurde der Hubraum durch Aufbohren auf 9,8 Liter erhöht, und die Modellbezeichnung änderte sich erneut auf 38/100 PS.
Der Motor des 37/90 PS kam auch im Rennsport zu Ehren. Der amerikanische Rennfahrer Ralph de Palma gewann damit im Jahr 1912 sowie 1914 den Vanderbilt-Cup mit einem modifizierten Mercedes Grand-Prix-Rennwagen von 1908, der ein 37/90 PS-Aggregat erhalten hatte.
Topmodell kam als Tourenwagen
Das Topmodell des DMG-Programms war jedoch weder ein Rennwagen noch ein typisches Repräsentationsfahrzeug, sondern ein sportlicher, leistungsstarker Tourenwagen modernster Konstruktion. Er wurde dementsprechend überwiegend mit Sport- oder Rennkarosserien bestellt und gehörte zu den ersten Mercedes-Modellen, die mit Spitzkühler und außenliegenden Auspuffrohren erhältlich waren.
Als einen der wenigen 37/90 PS mit geschlossener Karosserie erhielt der König von Bulgarien im Jahre 1912 die Ausführung als Luxus-Limousine. Mit dem Produktionsende des Typs 38/100 PS im Jahre 1915 endete bei der DMG auch die Ära des Kettenantriebs, die 1897 mit den „Phönix“-Wagen begonnen hatte.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG