Am 4. Mai 2025 ist Jochen Mass im Alter von 78 Jahren verstorben. Mit ihm verliert die Welt des Motorsports eine der prägenden Persönlichkeiten ihrer modernen Geschichte – und Mercedes-Benz einen langjährigen Wegbegleiter, der als Fahrer, Markenbotschafter und Mensch Generationen von Fans und Kollegen begeisterte.
Geboren am 30. September 1946 in Dorfen bei München und aufgewachsen bei Mannheim, war Jochen Mass ein Mann mit vielen Facetten. Bevor er seine Karriere auf der Rennstrecke begann, fuhr er zur See – ein ungewöhnlicher, aber passender Einstieg für einen, dessen Lebensweg stets von Abenteuerlust, Technikbegeisterung und Pioniergeist geprägt war. Sein motorsportlicher Aufstieg begann Ende der 1960er-Jahre mit Tourenwagenrennen, unter anderem für Alfa Romeo und später für Ford. Früh zeigte sich sein Talent: 1972 gewann er gemeinsam mit Hans-Joachim Stuck im Ford Capri die 24 Stunden von Spa-Francorchamps. Nur ein Jahr später stand er schon in der Formel 1 am Start – und wurde bald zum erfolgreichsten deutschen Fahrer dieser Ära. In 105 Grand-Prix-Teilnahmen sammelte er 71 WM-Punkte, stand acht Mal auf dem Podium und feierte einen Grand-Prix-Sieg.
Nach seiner Formel-1-Zeit folgten weitere Kapitel einer außergewöhnlichen Karriere: In der Gruppe C avancierte Mass zur tragenden Figur im Team Sauber-Mercedes. Der Höhepunkt: der legendäre Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1989 im Sauber-Mercedes C9, gemeinsam mit Manuel Reuter und Stanley Dickens. Dieses Rennen schrieb Motorsportgeschichte – nicht zuletzt durch Mass’ Können und Erfahrung.
Doch auch abseits des aktiven Rennsports blieb Mass der Marke mit dem Stern tief verbunden. Als Markenbotschafter von Mercedes-Benz Classic war er über viele Jahre hinweg das Gesicht historischer Motorsportleidenschaft. Er fuhr legendäre Fahrzeuge wie den Mercedes-Benz 300 SLR, den Grand-Prix-Silberpfeil der 1930er-Jahre oder den C11 bei Veranstaltungen wie der Mille Miglia oder dem Goodwood Festival of Speed. Dabei beeindruckte er nicht nur durch fahrerisches Können, sondern auch durch seine Nahbarkeit, sein Fachwissen und seine charmante Erzählweise.
Marcus Breitschwerdt, CEO der Mercedes-Benz Heritage GmbH, würdigte ihn: „Jochen Mass konnte mitreißend aus seiner langjährigen Karriere erzählen. Als Markenbotschafter war er für uns viele Jahre im Einsatz und begeisterte mit seiner zugewandten, freundlichen Art die Fans unserer Marke. Den Austausch mit ihm habe ich stets geschätzt. Es war immer ein persönliches Highlight mit ihm zusammen Mercedes-Benz Rennikonen auf die Straße zu bringen.“
Jochen Mass war Mentor für eine neue Generation von Rennfahrern – darunter auch Michael Schumacher – und kommentierte später als TV-Experte die Formel 1. Auch abseits der Rennstrecke fand er neue Wege: So nahm er 1992 an einer Ballonfahrt über den Atlantik teil, die seinen abenteuerlichen Geist widerspiegelt. Sir Stirling Moss nannte ihn einst einen „Seelenverwandten“. In dieser Bezeichnung schwingt tiefer Respekt – von einem Rennsportgiganten für einen anderen.
Jochen Mass bleibt als Mensch, Fahrer und Botschafter in Erinnerung – als einer, der Geschwindigkeit mit Gefühl verband und Technikgeschichte erlebbar machte. Sein Vermächtnis lebt weiter in jenen Geschichten, die er hinterlässt – und in den Herzen all jener, die seine Leidenschaft teilten.
Ruhe in Frieden, Jochen Mass.