Unter Ola Källenius setzte Mercedes-Benz jahrelang kompromisslos auf Luxus: mehr Maybach, mehr AMG, weniger Kompaktmodelle. Nun verschwindet das Wort „Luxus“ jedoch still und leise aus der Konzernstrategie. Was steckt hinter diesem Schritt – und ist es kluger Pragmatismus oder ein Eingeständnis des Scheiterns?
Vom Massenhersteller zum Luxuslabel
Mit der Amtsübernahme 2019 trimmte Ola Källenius Mercedes-Benz auf hochmargige Premium-Modelle. Der Fokus lag auf S-Klasse, G-Klasse und exklusiven Submarken. Kleinere Baureihen wurden ausgedünnt, E-Autos sollten die Zukunft sichern. Doch der Markt spielte nicht wie geplant mit: Der Elektroanteil dümpelt unter 10 %, das 100 %-E-Ziel für 2030 wurde halbiert.
Wie das Handelsblatt aktuell berichtet, wird der Begriff „Luxus“ nun bewusst aus offiziellen Papieren gestrichen. Stattdessen spricht Källenius nun von „Besonderem“ und davon, in allen Segmenten „das begehrenswerteste Auto“ bieten zu wollen. Die Marke soll breiter auftreten – nicht nur als Statussymbol für Reiche.
Die Gründe für den Kurzswechsel liegen auf der Hand: Das operative Ergebnis halbierte sich im ersten Halbjahr auf rund 2,7 Mrd. €. In China schwächelt die Nachfrage, geopolitische Spannungen und hohe Zinsen setzen die Premiumkundschaft unter Druck. Källenius selbst beschreibt die Lage mit einem Wetterbild: „Starkregen, Hagel, Sturm und Schnee.“
Der Rückzug vom Luxus erinnert an frühere Strategiewechsel, etwa Edzard Reuters „Technologiekonzern“-Traum oder Jürgen Schrempps „Welt-AG“ – ambitionierte, aber gescheiterte Visionen. Nun scheint auch Källenius’ reiner Luxus-Kurs an seine Grenzen gestoßen zu sein.
Neue Bescheidenheit – neue Chancen
Der Verzicht auf das Luxuslabel könnte nun ein Befreiungsschlag sein. Statt sich auf ein elitäres Image zu fixieren, könnte Mercedes wieder für ein breiteres Publikum attraktiv werden – ohne den Premiumanspruch aufzugeben. Qualität, Komfort und Innovation als Markenkern, statt reiner Preisschild-Exklusivität. Dazu muss man aber auch das liefern, was der Kunde erwartet.
Mercedes wählt einen flexibleren Kurs – weg vom elitären Luxusimage, hin zu einer marktnäheren Positionierung. Ob das reicht, um Gewinne zu stabilisieren und neue Kunden zu gewinnen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Fest steht: Der Stern soll wieder für mehr Menschen leuchten.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG