Es ist eine glanzvolle Premiere: Auf dem Autosalon Paris stellt Mercedes-Benz im Oktober 1971 das SLC-Coupé vor. Das viersitzige Fahrzeug kombiniert hohe Fahrleistungen mit bestem Fahrkomfort und ist beispielsweise auf der Langstrecke ein idealer Begleiter.
Als erstes Modell steht der 350 SLC auf der Messe in der französischen Hauptstadt. Später folgen weitere Typen, und mit den Evolutionsstufen 450 SLC 5.0 und 500 SLC ist die Marke sogar im Motorsport erfolgreich: Mercedes-Benz setzt sie werksseitig bei Langstreckenrallyes ein und erzielt in Südamerika und Afrika Gesamtsiege. Längst sind gut gepflegte Exemplare dieser SLC-Baureihe zu begehrten Klassikern mit Wertsteigerungspotenzial geworden.
Entscheidung für den kurzen Weg
Am 18. Juni 1968 beschließt der Vorstand die Serienfertigung des neuen SL (R 107) als Nachfolger der „Pagoden“-Baureihe W 113. Zu diesem Zeitpunkt wird noch darüber diskutiert, ob auch das Coupé der Baureihe W 111 einen Nachfolger erhalten soll. Eine Möglichkeit wäre, auf die neue S-Klasse der Baureihe 116 als technische Basis zu warten, die gerade entsteht und schließlich im September 1972 vorgestellt werden wird. Doch die Entwicklungskapazitäten würden die Fertigstellung des neuen Coupés erst Mitte der 1970er-Jahre erlauben. Damit es früher auf den Markt kommt, fällt die Entscheidung, das Coupé am SL zu orientieren. Was dem Karosseriebau in Sindelfingen zu verdanken ist: Das Team unter der Leitung von Karl Wilfert entwickelt zunächst eher inoffiziell eine Coupévariante des R 107 und präsentiert sie dem Vorstand als „Rohling“. Der ergreift die Chance: So stellt die Marke das Luxuscoupé C 107 im Oktober 1971 und damit nur sechs Monate nach der Weltpremiere des neuen SL vor. Die Serienfertigung beginnt im April 1972 und läuft bis 1981, insgesamt entstehen 62.888 Fahrzeuge. Die beliebteste Variante ist der 450 SLC mit 31.739 Exemplaren. Nachfolger sind die wieder an der S-Klasse orientierten großen Coupés der Baureihe C 126. Der SL der Baureihe R 107 bleibt deutlich länger im Programm als die SLC-Coupés: Er wird bis 1989 produziert.
Identischer Vorderwagen zum SL
Von der Front bis zur Windschutzscheibe unterscheiden sich SL und SLC nicht. Dahinter wächst das Coupé in Höhe wie Länge. In der Seitenansicht sticht der längere Radstand des Viersitzers ins Auge, er fällt mit 2.820 Millimetern um beachtliche 360 Millimeter größer aus. Das flache Dach über dem Fahrgastabteil geht in eine in zwei Richtungen gewölbte, recht schräg gestellte Heckscheibe über. Im Gegensatz zum SL ist der Kofferraumdeckel ebenfalls leicht in zwei Richtungen gewölbt. Wie bei den großen Coupés der Marke üblich, sind die Seitenscheiben ohne störende B-Säule voll versenkbar, was dem SLC eine besonders elegante Note verleiht. Wegen des knappen Abstands zwischen den lang gezogenen Türen und den hinteren Radläufen bleibt allerdings nur wenig Raum für das vollständige Versenken der hinteren Seitenscheiben. Daher sind sie zweigeteilt, und das feststehende kleinere Segment erhält Lamellen.
Schon beim Roadster sind aufgrund der vor allem in den USA verschärften Sicherheitsvorschriften die A-Säulen mit zusätzlicher Stabilität ausgelegt. So erhält der SL die amerikanische Zulassung auch ohne „Targa“-Bügel. Von dieser Konstruktion profitiert der SLC. Auch seine Sicherheitskarosserie besteht aus einer Rahmenbodenanlage mit Blechen unterschiedlicher Stärke für ein vorausberechnetes Knautschverhalten. Der Tank befindet sich kollisionsgeschützt vor der Hinterachse. Das neue Vierspeichenlenkrad mit Pralltopf ist mit Polyurethan umschäumt. Das Coupé wiegt rund 50 Kilogramm mehr als der entsprechende Roadster. Weil der cW-Wert des SLC mit 0,423 (1973) jedoch niedriger ist als beim SL mit Hardtop (cW = 0,489), sind die Fahrleistungen beider Varianten bei gleicher Motorisierung nahezu gleich.
V8 als Kraftquelle
Die Technik von Roadster und Coupé weist zahlreiche Parallelen auf. Der in beiden Baureihen von Beginn an angebotene 3,5-Liter-Motor (M 116) hat sich zuvor schon sowohl in den Limousinen der Baureihen W 108 und W 109 als auch in Coupé sowie Cabriolet der Baureihe W 111 bewährt. Er leistet 147 kW (200 PS) und ermöglicht dem 350 SLC einen Spurt von 0 auf 100 km/h in neun Sekunden sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h. 1972 folgt der 450 SLC mit dem M 117 und 165 kW (225 PS) sowie 1973 der 280 SLC mit Sechszylindermotor, 2,8 Litern Hubraum und 136 kW (185 PS). Im September 1977 führt Mercedes-Benz den 450 SLC 5.0 mit 177 kW (240 PS) ein. Das Topmodell erhält einen dezenten Bugspoiler und einen schwarzen Heckspoiler aus Kunststoff, Motorhaube, Heckdeckel und Stoßfängerverstärkung bestehen aus Aluminium. Schärfere Abgasvorschriften auch in Europa führen zu geänderten Einspritzsystemen mit der Folge leicht variierender Motorleistungen. Nur im letzten Baujahr werden 380 SLC und 500 SLC angeboten. Das Fahrwerk von Roadster und Coupé orientiert sich an den modernen Konstruktionen der „Strich-Acht“-Typen der oberen Mittelklasse. 1980 wird die Dreigang-Wandlerautomatik durch eine Viergangvariante ersetzt, und der 280 SLC erhält ein Fünfgangschaltgetriebe als Grundausstattung.
Der SLC im Motorsport
Zwischen der Nachkriegs-Silberpfeilära 1954/1955 und der Rückkehr auf die Rundstrecke mit dem offiziellen werksseitigen Einstieg in die Sportwagen-Weltmeisterschaft sowie in die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) im Jahr 1988 beteiligt sich Mercedes-Benz in den Jahren 1977 bis 1980 bei Rallyes werksseitig im Motorsport. Ausgangspunkt ist die Rallye von London nach Sydney. Ein Team um den Ingenieur Erich Waxenberger betreut sechs weitgehend serienmäßige Limousinen vom Typ 280 E der Baureihe 123. Der Motor (M 110) entspricht mit 136 kW (185 PS) dem des 280 SLC. Nach mehr als 30.000 Kilometern belegen im Ziel vier der Sternfahrer die Plätze eins, zwei, sechs und acht, mit dem Team von Andrew Cowan an der Spitze. Waxenberger weiß um ein noch siegträchtigeres Modell für Langstreckeneinsätze – den 450 SLC 5.0. Für die Mammutrallye Vuelta à la América del Sud vom 17. August bis 24. September meldet die Marke vier SLC-Coupés und zwei 280 E. Nach 30.000 Kilometern in 42 Tagen durch zehn Staaten Südamerikas liegt wieder Andrew Cowan vorn. Die anderen Mercedes-Benz folgen auf den Plätzen zwei bis vier sowie sechs und neun.
Bei der traditionsreichen East African Safari liegt der Hannu Mikkola mit dem 450 SLC 5.0 lange an der Spitze des Feldes und wird am Ende Zweiter. Am Ende des Jahres belegen bei der Rallye Elfenbeinküste vier SLC-Coupés die ersten vier Plätze mit Mikkola als Sieger. Bei der Safari-Rallye 1980 werfen Materialfehler an der Hinterachse die Teams zurück, Vic Preston jr. rettet jedoch noch Rang drei. Am Ende der Bandama-Rallye, der Neuauflage der Rallye Elfenbeinküste, beschert der 500 SLC Rallyewagen einen Doppeltriumph. Der Siegerwagen von Björn Waldegård/Hans Thorszelius steht heute im Mercedes-Benz Museum. Vor der Saison 1981 zieht sich Mercedes-Benz aus dem Rallyesport zurück. Der Privatfahrer Albert Pfuhl übernimmt das gesamte Material, bestehend aus sechs 500 SLC, Ersatzteilen und 600 Reifen. Mit zwei dieser Fahrzeuge belegen die Teams Albert Pfuhl/Hans Schuller sowie Jochen Mass/Stephen Perry bei der Rallye Paris–Dakar 1984 die Plätze 44 und 62. Schließlich Tourenwagensport: Clemens Schickentanz und Jörg Denzel gewinnen 1980 mit dem 276 kW (375 PS) starken Mercedes-Benz 450 SLC AMG den Großen Preis der Tourenwagen auf der Nordschleife des Nürburgrings. Das Aufsehen erregende Coupé mit infernalischem Sound hat damit nach zwei Jahren Entwicklungszeit seinen Auftrag erfüllt, nicht nur Technik-Know-how für Straßenfahrzeuge zu generieren, sondern auch zu siegen.
Quelle/Bilder: Daimler AG