Immer wieder gibt es in der Geschichte von Mercedes-Benz Fahrzeuge mit einer faszinierenden Strahlkraft bis in die heutige Zeit. Das gilt in besonderem Maß für die legendären Kompressor-Sportwagen der Typen S, SS (W 06) und SSK (W 06 II) der späten 1920er- und frühen 1930er-Jahre. Sie gehören zu den wenigen Fahrzeugen, die zum Mythos in der Geschichte des Automobils geworden sind.
Beim Eröffnungsrennen des Nürburgring am 19. Juni 1927 erzielte Rudolf Caracciola sowie Adolf Rosenberger auf einen Mercedes-Benz Typ S einen überragenden Doppelsieg und legen damit den Grundstein für zahlreiche Rennerfolge in der Geschichte der Kompressor-Sportwagen.
Mythos der Automobilgeschichte von Mercedes-Benz
Was 1927 mit dem Typ S – S stand für „Sport“ – beginnt, setzt Mercedes-Benz ein Jahr später fort mit dem leistungsgesteigerten Typ SS – für „Super Sport“ –, von dem insgesamt 257 Einheiten produziert worden sind. Ende 1928 wird er für Bergrennen noch einmal modifiziert, so entsteht die legendäre Modellbezeichnung SSK – für „Super Sport Kurz“. Diese Modifikation sieht in erster Linie eine Verkürzung des Fahrgestells eines Typs S auf einen Radstand von 2.950 Millimetern vor. Darüber hinaus erhält das kurze Chassis den neuen 7,1-Liter-Motor.
Seiner Herkunft nach hätte der SSK also eigentlich „SK“ heißen müssen; andererseits unterstreicht der hubraumstärkere Motor die Verwandtschaft zum SS und legt die Bezeichnung SSK nahe. Der SSK ist übrigens mit dem 42 Millimeter niedrigeren Kühler des Typ S ausgerüstet, trägt allerdings, wie schon der SS, die neuere Version des Markenzeichens: einen einzelnen weiß emaillierten Stern innerhalb eines blau unterlegten Lorbeerkranzes. Beide Modelle, vor allem aber der SSK, bestreiten in der Folgezeit nicht nur einen Großteil des Rennsport-Engagements des Daimler-Benz Werksteams, sondern werden auch von zahlreichen Privatfahrern mit großem Erfolg eingesetzt. Der sicherlich größte Erfolg ist 1931 jener von Rudolf Caracciola, als er zusammen mit Wilhelm Sebastian auf einem SSKL den Gesamtsieg der Mille Miglia erringt.
Für die Rennsportwagen des Werksteams mobilisiert Motoren-Konstrukteur Albert Heeß die letzten Reserven des Triebwerks. Mit dem größeren der beiden Wettbewerbskompressoren – hausintern „Elefant“ genannt – werden auf dem Prüfstand 310 PS (228 kW) gemessen. Dieser Lader ist für den Kurzstreckeneinsatz konzipiert, beispielsweise bei Bergrennen. Er kann permanent mitlaufen, während der Kompressor sonst üblicherweise durch volles Durchtreten des Gaspedals über einen Druckpunkt hinaus zugeschaltet wird. Über ein Gestänge, das der Pilot mit einem arretierbaren Hebel unterhalb des Lenkrads betätigt, kann der Kompressor dieser Ausführung eingekuppelt und wieder abgeschaltet werden.
Typ S (W 06)
Das Typ S Modell wurde von Mercedes-Benz zwischen den Jahren 1927 und 1928 produziert und ist von anderen Modellen durch drei auf der rechten Seite des Motorraums führende Abgasschläuche zu unterscheiden. Der 6-Zylinder (Baureihe M 06) hatte dazu einen Hubraum von 6.789 cm³ und entwickelte 120 PS / 80 kW bei 2.800 u/min. Durch Zuschaltung des Root-Gebläses konnte die Leistung – zumindest kurzfristig – auf 180 PS / 132 kW bei 3.000 u/min gesteigert werden (daher auch die Modellbezeichnung: 26/120/180 PS).
Typ SS (W 06)
Die SS Variante wurde von 1928 bis 1933 produziert und war – neben dem reinen Fahrgestell und dem SPort-Viersitzer – auch als Cabriolet A und C erhältlich. Dazu gab es drei verschiedene Motorisierungen: Typ 27/140/200 PS (1928-1930), der über 7.065 cm² Hubraum verfügte und 140 PS / 103 kW bzw. 200 PS / 147 kW (mit Kompressor) leistete. Die Nenndrehzahl lag hierbei bei 3.300 u/min, die V-Max lag bei 185 km/h.
Die Variante 27/160/200 PS kam zwischen 1930 und 1933 und bot hingegen eine Leistung von 160 PS / 118 kW (ohne Kompressor). Die größte Ausführung war hingegen das Modell 27/170/225 und wurde von 1928 bis 1933 produziert und bot bei identischem Hubraum und Nenndrehzahl 170 PS / 125 kW an – mit Root-Gebläse lag die Leistung bei 225 PS / 165 kW und 190 km/h.
Typ SSK
Der SSK entstand aufgrund eines kürzeren Fahrgestells von 2.950 mm – wobei die Bezeichnung „Supersport Kurz“ bedeutet. Das Modell kam als Fahrgestell oder als Sportzweisitzer zur Auslieferung. Insgesamt gab es vom SSK vier verschiedene Ausführungen:
- Modell 27/140/200 PS (W06 II) von 1928-1929, identische Motorisierung des langen Fahrgestells, je nach Übersetzung an der Hinterachse zwischen 180 bis 185 km/h
- Modell 27/160/200 PS (W 06 II) von 1929-1932, höhere Leistung im Saugbetrieb
- Modell 27/170/225 PS (W 06 III) von 1928-1930, V-Max von 188 bis 192 km/h (je nach Übersetzung)
- Modell 27/180/250 PS (WS 06) von 1929-1930: Zusätzlich zu den Varianten des SS wurde noch ein Modell mit 180 PS / 132 KW angeboten, im Saugbetrieb mit 250 PS / 184 kW
Typ SSKL (WS 06 RS)
Im Jahr 1931 kam der Rennsportzweisitzer, der durch einen Umbau eines WS 06 entstnaden ist. Die Bezeichnung 27/240/300 PS zeigte die Leistung mit 240 PS / 176,5 kW bzw. mit Kompressor mit 300 PS / 221 kW hin. Die Nenndrehzahl liegt bei 3.400 u/min. Das Root-Gebläse läuft hier jedoch dauerhaft, weshalb die maximale Leistung grundsätzlich vorhanden ist. Gegenüber dem SSK – als „Supersport Kurz Leicht“ war der SSKL-Wagen 125 kg leichter. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 235 km/h.
Die Produktionszahlen vom Typ S lag angeblich bei 146 Stück, der Typ SS bei 111 Stück, der Typ SSK 33 Stück. Details zu den Produktionszahlen des Typ SSKL sind nicht bekannt.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG