Die Mercedes-Benz E-Klasse ist eine Erfolgsgeschichte mit starker Tradition. Einer ihrer Ahnen ist der Mercedes-Benz 170 V, der im Februar 1936 der Weltöffentlichkeit präsentiert wird. Fahrkomfort, Downsizing und Leichtbau: Das sind einige Stichworte zu diesem Fahrzeug, das auch durch seinen neuen Vierzylindermotor und das große Raumangebot bei kompakten Maßen überzeugt.
Der 15. Februar 1936 ist ein wichtiger Tag für Mercedes-Benz. Erstmals zeigt die Marke auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung (IAMA) in Berlin den grundlegend neu entwickelten 170 V (W 136), ein höchst modernes Fahrzeug der oberen Mittelklasse. Er wird eine entscheidende Bedeutung für die damalige Daimler-Benz AG sowohl vor wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg haben – erst im August 1953 wird die Produktion eingestellt.
Im 170 V haben die Entwickler das Automobil in einem vergleichsweise kompakten Format vollständig neu überdacht. Basis ist ein X-Ovalrohr-Rahmen, der verwindungssteifer und außerdem 80 Kilogramm leichter ist als ein entsprechender Kastenrahmen. Insgesamt sinkt das Gesamtgewicht um 100 bis 120 Kilogramm (je nach Karosserieaufbau) im Vergleich zum direkten Vorgänger Mercedes-Benz 170 (W 15) aus dem Jahr 1931. Für den Antrieb sorgt ein neuer Vierzylindermotor mit 1,7 Liter Hubraum und 28 kW (38 PS) – er hat zwei Zylinder weniger, dafür aber deutlich mehr Leistung als der vorherige Sechszylindermotor mit 24 kW (32 PS). Damit ist der Newcomer ein Vorreiter des heutigen Downsizing. Auch die Höchstgeschwindigkeit des 170 V liegt um 18 km/h höher als beim Vorgängermodell.
Großes Raumangebot und „Schwebemotor“
Der 170 V ist ein höchst komfortables Fahrzeug. Dafür sorgt beispielsweise die Einzelradaufhängung, aber auch das Platzangebot im Interieur, das dank des längeren Radstands jenes im Typ 170 übertrifft. Das trägt auch zum Fahrkomfort bei: Dem 170 V wird von vielen Fachleuten ein ruhiger Lauf und hohe Langstreckenqualitäten attestiert. Daran hat auch die aufwendige Motorlagerung ihren Anteil. Der „Schwebemotor“, wie er offiziell heißt, ist an zwei Punkten so im Rahmen gelagert, dass die Schwingungsachse durch den Massenschwerpunkt verläuft. Das Ergebnis ist ein Schwingungsverhalten des Vierzylinders, das dem eines Sechszylinders nahe kommt.
Der Mercedes-Benz 170 V ist in zahlreichen Karosserievarianten lieferbar, die in ihrer Gesamtheit ein Spiegelbild des damaligen Zeitgeschmacks ergeben: Limousine zweitürig, Limousine viertürig, Cabrio-Limousine viertürig, Roadster, Cabriolet A, Cabriolet B und offener Tourenwagen. Für kommerzielle Einsatzzwecke ist ein Kasten-Lieferwagen im Angebot. Außerdem dient der 170 V als Basis für sportliche Derivate sowie Militärversionen.
Das Paket seiner herausragenden Eigenschaften macht den Mercedes-Benz 170 V vom Start weg zu einem großen Erfolg. Bis zum kriegsbedingten Ende der ursprünglichen Produktion im Jahr 1942 werden 91.048 Einheiten gefertigt. Damit ist er der bis dahin erfolgreichste Personenwagen der Marke.
Wegbereiter des Neuanfangs nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt Deutschland in Trümmern, und die Produktion der damaligen Daimler-Benz AG steht still. Doch bereits Ende 1945 erhält das Unternehmen von der Besatzungsmacht eine Produktionserlaubnis. Auf Basis des 170 V entstehen schon ab Mai 1946 Kasten-, Pritschen- und Krankenwagen – das fokussierte Portfolio zeigt, welche Fahrzeuge im damaligen Alltag vor allem wichtig sind. Ab Juli 1947 werden auch wieder Personenwagen hergestellt, beständige Entwicklungsarbeit hält den 170 V auf technischem Stand. Nach dem Krieg fertigt das Unternehmen in der Summe noch einmal 49.367 Fahrzeuge dieses Typs, bevor die Produktion im August 1953 eingestellt wird. Das ergibt die stolze Gesamtzahl von 140.415 Einheiten.
Die Menschen hinter dem Mercedes-Benz 170 V
Hinter dem 1936 präsentierten 170 V steht ein großes Team. Federführend ist zunächst der Entwicklungsvorstand Dr. Hans Nibel, auf dessen plötzlichen Tod im November 1934 in gleicher Position Max Sailer folgt. Albert Heeß ist seit der 1926 erfolgten Unternehmensfusion zur Daimler-Benz AG als Konstruktionschef und Oberingenieur für sämtliche Fahrzeugmotoren und damit auch für die Entwicklung des Vierzylindermotors M 136 verantwortlich, der im 170 V verwendet wird. Max Wagner arbeitet als Fahrzeug-Konstruktionschef und Oberingenieur unter Nibel bereits bei Benz & Cie., beide sind schon damals Verfechter der Einzelradaufhängung. Die frühen Arbeiten münden unter Wagners Ägide in den 170 V, inklusive X-Ovalrohr-Rahmen. Fritz Nallinger ist als damaliger Versuchschef für die Serienreife des neuen Mittelklassewagens zuständig. Unter ihm betreut ein junger Ingenieur das Projekt, der ebenfalls kein Unbekannter bleiben wird: Rudolf Uhlenhaut.
Quelle: Daimler AG