Vom Parkplatz aus ein Rennen in Rocket League starten oder in der Mittagspause in Fortnite ein schnelles Match einlegen? Moderne Fahrzeuge wie jene von Mercedes verwandeln sich immer häufiger in multifunktionale Entertainment-Spaces. Die Auswahl an Titeln reicht von schnellen Actionspielen bis zu ruhigeren Formaten, die sich perfekt für kurze Pausen eignen. Manche Spiele, etwa Glücks- und Automatenspiele wie Razor Shark, können für kurzweilige Unterhaltung sorgen, wenn das Auto sicher abgestellt ist, während andere Genres wie komplexe Story-Games eher längere Sessions erfordern. Entscheidend bleibt dabei nicht nur die persönliche Vorliebe, sondern auch, in welchem Rahmen solche Spiele technisch und rechtlich genutzt werden dürfen.
Wenn das Auto zur Spielkonsole wird
Die Zeiten, in denen das Borddisplay ausschließlich für Navigation und Radiosender zuständig war, neigen sich dem Ende zu. Vor allem Premiumhersteller treiben die Idee voran, das Auto in eine vollwertige Spieleplattform zu verwandeln.
Mercedes hat mit dem Cloud-Gaming-Anbieter Boosteroid einen Partner gefunden, der den Zugriff auf eine Bibliothek aus Tausenden AAA-Titeln ermöglicht. Darunter befinden sich bekannte Namen wie Fortnite, Rocket League oder Sea of Thieves.
Technisch läuft das Ganze über das MBUX-Infotainmentsystem der dritten Generation. Voraussetzung ist dass „MBUX Entertainment Package Plus“, das im Laufe von 2025 verfügbar sein wird. Für die Nutzung ist ein aktives Boosteroid-Abo erforderlich.
In der Standardvariante stehen Full-HD-Auflösung und 60 Bilder pro Sekunde zur Verfügung, in der Ultra-Version sogar 4K und bis zu 120 fps. Die Preisgestaltung orientiert sich am Abo-Modell, mit etwa 7,49 Euro pro Monat in der Basisversion und rund 14,98 Euro im Halbjahresabo für die Ultra-Variante.
Auch andere Hersteller denken mit. BMW und Mini setzen gemeinsam mit AirConsole auf eine Art „Party-Gaming“ fürs Auto. Hier werden Spiele wie UNO Car Party direkt auf dem Fahrzeugdisplay dargestellt, gesteuert wird mit dem Smartphone als Controller. Das ist besonders für Momente gedacht, in denen das Auto ohnehin steht, etwa beim Laden eines Elektrofahrzeugs oder während einer längeren Pause.
Spielen geht nur im Stand
So verlockend die Vorstellung einer Gaming-Session während der Fahrt sein mag, so klar sind derzeit die Grenzen gesteckt. Die Straßenverkehrsordnung und vergleichbare Regelwerke anderer Länder sehen vor, dass der Fahrer während der Fahrt nicht durch bewegte Bilder abgelenkt werden darf. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Film, eine Serie oder ein Videospiel handelt. Daher sind Systeme wie Boosteroid oder AirConsole so konzipiert, dass sie sich nur im Parkmodus starten lassen. Die Bildschirme bleiben während der Fahrt für den Fahrer gesperrt. Das verhindert nicht nur Ablenkung, sondern schützt auch vor möglichen Haftungsfragen im Falle eines Unfalls.
Eine kleine Ausnahme besteht für Beifahrer. In manchen Fahrzeugen können Beifahrerdisplays so eingerichtet werden, dass sie während der Fahrt genutzt werden dürfen, ohne den Fahrer zu stören. Solange dies technisch so gelöst ist, dass der Fahrer nichts vom Bildschirm wahrnimmt, ist Gaming für Beifahrer während der Fahrt zulässig. Doch auch hier hängt vieles vom jeweiligen Modell und der Landesregelung ab.
Was Hersteller und Nutzer beachten müssen
Hersteller sehen In-Car-Gaming heute vor allem als Pausenunterhaltung. Das Konzept ist darauf ausgelegt, Wartezeiten zu verkürzen, ohne das Risiko einer Ablenkung während der Fahrt einzugehen. Trotzdem ist klar, dass jede neue Entertainmentfunktion in einem Auto auch sicherheitstechnisch bewertet werden muss.
Würde ein System das Spielen während der Fahrt erlauben, bestünde eine enorme Ablenkungsgefahr für den Fahrer. Selbst kurze Blicke auf ein Spiel können den Blick von der Straße nehmen, was in einer kritischen Situation Sekunden kosten könnte. Darum bleibt der Parkmodus als Sicherheitsbarriere essenziell.
Auf der anderen Seite sind Gaming-Funktionen ein attraktiver Zusatznutzen. Für viele Käufer wird das Auto damit nicht nur zum Transportmittel, sondern auch zum mobilen Freizeitort. Diese Balance zwischen Entertainment und Verkehrssicherheit zu halten, ist eine der wichtigsten Aufgaben für Entwickler und Gesetzgeber.
Autonomes Fahren als Game-Changer
Aktuelle Fahrassistenzsysteme der Stufen 2 und 3 entlasten den Fahrer zwar spürbar, erfordern jedoch jederzeit die Bereitschaft, wieder aktiv einzugreifen. Damit bleibt Gaming während der Fahrt für denjenigen, der am Steuer sitzt, ausgeschlossen, selbst wenn das Auto große Teile der Fahraufgabe übernimmt.
Erst mit vollständig autonomem Fahren der Stufen 4 oder 5 könnte sich das ändern. In diesem Szenario übernimmt das Fahrzeug dauerhaft und eigenständig die Kontrolle, sodass der Mensch nicht mehr als Sicherheitsreserve gebraucht wird.
Wird dieser Punkt erreicht, könnte der Fahrer tatsächlich zum Passagier werden und die Fahrzeit für längere Gaming-Sessions, Serien oder komplexe Strategiespiele nutzen. Bis dahin müssten jedoch nicht nur technische Hürden überwunden, sondern auch rechtliche Rahmenbedingungen klar definiert werden.
Fragen nach Haftung und Verantwortlichkeit im Ernstfall wären ebenso zu klären wie verbindliche Sicherheitsstandards. Erst wenn diese Grundlagen stehen, kann sich ein Markt für Gaming während der Fahrt wirklich entfalten.
Mehr als nur ein Nischenphänomen
In-Car-Gaming mag auf den ersten Blick wie ein Luxusfeature für Technikenthusiasten wirken, tatsächlich ist die Idee aber längst in der breiteren Bevölkerung angekommen. Laut einer branchenweiten Erhebung kennen bereits rund 20 Prozent der Deutschen das Konzept. Etwa 5 Prozent haben es sogar schon selbst ausprobiert. Besonders hoch ist der Anteil bei den 25- bis 34-Jährigen, wo rund 12 Prozent schon eine In-Car-Gaming-Session erlebt haben.
Die Gründe liegen auf der Hand. Wartezeiten beim Laden eines Elektroautos, längere Stopps auf Reisen oder einfach der Wunsch nach einer kleinen Ablenkung zwischendurch lassen sich mit einem Spiel überbrücken.
Während Action- oder Rennspiele oft den Reiz schneller Reaktionen bieten, sorgen andere Titel wie Puzzle-, Strategie- oder Automatenspiele für ein entspanntes Tempo. Gerade diese Vielfalt macht den Reiz des Angebots aus.
Wie entwickelt sich das Entertainment im Auto?
In-Car-Gaming ist kein Zukunftstraum mehr, sondern Realität. Allerdings gilt derzeit eine klare Regel: Spielen ist nur erlaubt, wenn das Fahrzeug steht oder wenn der Beifahrer spielt, ohne den Fahrer abzulenken. Dieser Rahmen sichert die Verkehrssicherheit und schützt zugleich die Hersteller vor rechtlichen Risiken.
Mit dem Fortschreiten autonomer Technik könnte sich dieser Rahmen erweitern. Wenn Fahrzeuge eigenständig und sicher fahren, könnte das Auto zu einem neuen Wohnzimmer werden. Mit Gaming als festem Bestandteil. Für die Automobilbranche eröffnet sich damit ein spannendes Feld, das nicht nur neue Zielgruppen ansprechen, sondern auch den Fahrzeugwert steigern kann.
Bis dahin bleibt In-Car-Gaming eine komfortable Zusatzfunktion, die Wartezeiten unterhaltsam überbrückt und dem Auto eine neue Rolle als Erlebnisraum gibt. Mercedes, BMW und andere Vorreiter zeigen bereits, wie sich Technik, Lifestyle und Freizeit verschmelzen lassen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Controller im Handschuhfach genauso selbstverständlich ist wie das Ladekabel fürs Smartphone.
Symbolbilder: Mercedes-Benz Group AG