Die Premiere des heute liebevoll „ Ponton-Mercedes“ genannten Typ 180 (W 120) im Jahr 1953 ist ein technischer und ästhetischer Meilenstein in der Historie der Personenwagen von Mercedes-Benz. Denn die Limousine der oberen Mittelklasse ist der erste Pkw der Stuttgarter Marke mit selbsttragender Karosserie und zugleich das erste Modell in Pontonform.
Der W 120 gilt als zukunftsweisender Vorläufer der E-Klasse, er prägt aber auch das Design und technische Konzeption der damaligen neuen Oberklasse der Baureihen 180/105/128 ab 1954. Der von Mercedes-Benz 1953 vorgestellte Typ 180 begeisterte das Fachpublikum sowie die breite Öffentlichkeit schon mit seinen äußeren Werten. Denn das so genannte „Three-Box-Design“ mit rechteckigem Grundriss, voll integrierten Kotflügeln und klar voneinander abgegrenzten Zonen für Antrieb, Passagierbereich und Kofferraum setzt Maßstäbe für Modernität in der Formgestaltung. Die Karosserie des W 120 hebt sich deutlich von den Personenwagen ab, die Mercedes-Benz direkt nach dem Zweiten Weltkrieg präsentiert. Denn deren Formensprache und Technik beruht noch stark auf Traditionen aus den 1930er-Jahren. Dagegen wirkt das Ende der 1940er-Jahre in Nordamerika entwickelte und von Mercedes-Benz für die Limousinen der oberen Mittelklasse neu interpretierte Ponton-Design frisch und aufgeräumt. Im Mercedes-Benz 180 verringert diese Gestaltung gegenüber früheren Typen den Luftwiderstand, senkt die Windgeräusche und bietet einen größeren Innenraum.
Wegbereiter der selbsttragenden Karosserie bei Mercedes-Benz
Auch technisch setzt die Karosserie des Typ 180 Maßstäbe. Denn erstmals hat ein Mercedes-Benz Personenwagen eine selbsttragende Karosserie, die fest mit der Rahmen-Boden-Anlage zu einer statischen Einheit verschweißt ist. Das erhöht gegenüber der konventionellen Rahmenbauweise mit aufgesetzter Karosserie die Verwindungssteifigkeit und senkt zugleich das Gewicht.
Neu ist auch die Aufhängung der an Doppelquerlenkern geführten Vorderräder an einem so genannten „ Fahrschemel“ statt direkt am Rahmen. Der U-förmige Achsträger nimmt auch Motor, Getriebe und Lenkung auf, er ist mit Silentblöcken am Rahmenvorderteil geräuscharm gelagert. Die Hinterräder an der bewährten Pendelachse werden nun zusätzlich an weit auseinanderliegenden Längslenkern geführt. Insgesamt resultiert das in für die damalige Zeit exzellenten Fahreigenschaften. So lobt denn auch Werner Oswald in seinem Testbericht, der 1953 im Magazin „ auto motor und sport“ erscheint, dass der Fahrer im Typ 180 „vom ersten Augenblick an bedenkenlos bis an die Grenze seiner durch Motor und Fahrwerk gegebenen Möglichkeiten gehen kann“.
Dieser erwähnte Motor ist ein seitengesteuertes Reihenvierzylinder-Aggregat mit 1.767 Kubikzentimeter Hubraum, der 52 PS (38 kW) leistet. Der Typ 180 erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 126 km/h, für die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h braucht er 31 Sekunden.
Erfolgreiche Differenzierung
Aus dem vor 60 Jahren vorgestellten Mercedes-Benz 180 entsteht in kurzer Zeit eine ganze Typfamilie. Die wohl berühmteste Variante des Ponton-Mercedes ist dabei der 1954 in New York präsentierte und ab 1955 gebaute Sportwagen Mercedes-Benz 190 SL. Dieser Roadster der Baureihe 121 basiert auf der verkürzten Rahmenbodenanlage des Typ 180 und wird von einem 105 PS (77 kW) starken Vierzylindermotor mit 1.897 Kubikzentimeter Hubraum angetrieben.
Im Ponton-Kleid der Baureihe 120 kommt dagegen zunächst 1954 die Dieselmotor-Variante 180 D, 1956 folgt die Ottomotor-Version Mercedes-Benz 190 der Baureihe 121 mit einem 75 PS (55 kW) starken Vierzylindermotor (1.897 Kubikzentimeter Hubraum). Von den 180er-Typen unterscheidet sich das neue Spitzenmodell der oberen Mittelklasse unter anderem durch mehr Chromschmuck und größere Heckleuchten. 1957 wird der Typ 180 überarbeitet, die intern als 180 a bezeichnete Version hat nun ebenfalls einen Motor mit 1.897 Kubikzentimeter Hubraum, der 65 PS (48 kW) leistet. 1958 rundet der Typ 190 D als zweites Diesel-Modell die Familie der Ponton-Limousinen der Baureihen 120/121 ab. Sein 50 PS (37 kW) starker Motor entsteht aus dem Aggregat des Typ 190.
Maßstäbe für die Oberklasse
Der Typ 180 setzt 1953 auch Maßstäbe für die neuen Oberklasse-Fahrzeuge von Mercedes-Benz, die 1954 auf den Markt kommen. Denn die Limousine der Typen 220 und 220 S (W 180) sowie 220 SE (W 128) mit Sechszylindermotoren unterscheiden sich vom W 120 äußerlich nur durch einen längeren Radstand (2,82 Meter statt 2,65 Meter), einen größeren Innenraum und einen längeren Motorvorbau. Der von 1956 an erhältliche Typ 219 (W 105) mit Sechszylindermotor hat hingegen die kleinere Karosserie.
Der Mercedes-Benz 180 prägt die deutsche Fachsprache der Automobilwelt schon vor seinem Marktstart, denn der W 120 ist der erste Erlkönig überhaupt: Das Magazin „auto motor und sport“ veröffentlicht 1952 ein erstes Bild des künftigen Typ 180 und stellt dazu als Text eine Parodie auf Goethes Erlkönig-Ballade, in der die neue Limousine der oberen Mittelklasse zu „Daimlers jüngstem Kind“ wird. So entsteht der bis heute übliche Begriff Erlkönig für einen Prototypen oder ein offiziell noch nicht präsentiertes Vorserienfahrzeug.
Quelle: Daimler AG