Zum Start der CES in Las Vegas hat Daimler Trucks verkündet, die Serienentwicklung des automatisiertem Fahren (Level 4) im Lkw zu beginnen. Dazu investiert die Truck-Sparte in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro.
Der Schritt das hochautomatisiertes Fahren nun in Serie zu bringen bedeutet, dass automatisiert fahrende Lkw in definierten Bereichen und zwischen definierten Knotenpunkten verkehren – wobei das System nicht erwartet, dass ein Benutzer auf eine Aufforderung zum Eingreifen reagiert. Im Transportgewerbe ist Level 4 der nächste natürliche Schritt nach Level 2, um Effizienz und Produktivität für die Kunden zu steigern und die Kosten pro Kilometer signifikant zu senken. Damit überspringt Daimler Trucks den Zwischenschritt des bedingt automatisierten Fahrens (Level 3). Level 3 bietet Lkw-Kunden keinen wesentlichen Vorteil gegenüber der jetzigen Situation, da den höheren Kosten für die hierfür notwendigen Technologien kein entsprechender Nutzen in der Praxis gegenüber steht.
Automatisiertes Fahren auf Level 2 jetzt Realität im neuen Freightliner Cascadia
Mit dem Detroit Assurance 5.0 (Active Drive Assist im Mercedes-Benz Actros) mit aktivem Spurhalte-Assistenten bringt Daimler Trucks nun bereits teilautomatisierte Fahrfunktionen auch in den Freightliner Cascadia. Das System kann selbständig bremsen, beschleunigen und lenken. Im Gegensatz zu anderen Systemen, die erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit eingreifen, ermöglichen Active Drive Assist / Detroit Assurance 5.0 teilautomatisiertes Fahren in allen Geschwindigkeitsbereichen in einem Serien-Lkw. Neu sind die aktive Querführung und die Verbindung von Längs- oder Quersteuerung in allen Geschwindigkeitsbereichen. Die intelligente Verknüpfung von Radar- und Kamerainformationen bildet dafür die Basis.
Daimler Trucks bewertet die Vorteile des Platoonings neu
Im Zuge der weiteren Umsetzung seines Innovationsfahrplans bewertet Daimler Trucks seine Sichtweise auf das Platooning neu. Daimler Trucks definiert Platooning als die elektronische Kopplung von zwei oder mehr Lkw mit sehr geringem Abstand zueinander. In der Theorie verbessert sich dadurch die Aerodynamik, was den Kraftstoffverbrauch senken soll. Daimler Trucks hat das Platooning mehrere Jahre lang vor allem in den USA getestet, wo die größten Vorteile zu erwarten gewesen wären. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einsparungen selbst unter optimalen Platooning-Bedingungen in der Praxis geringer ausfallen als erhofft. Wenn die einzelnen Fahrzeuge des Platoons zudem voneinander getrennt werden, müssen die Lkw jedes Mal beschleunigen, um wieder aufzuschließen. Dadurch wird zusätzlicher Kraftstoff verbraucht und das Einsparpotenzial sinkt weiter. Zumindest im Langstreckenverkehr in den USA ergibt sich daher kein Geschäftsmodell für Kunden, die beim Fahren im Platoon auf höchst aerodynamische Lkw setzen. Daimler Trucks wird sich selbstverständlich in allen noch laufenden Partnerprojekten weiterhin engagieren.
Hochautomatisiertes Fahren bei Pkw und Lkw: enorm unterschiedliche Anforderungen
Ein eng verzahntes System bei der Technologie-Entwicklung ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um einen sicheren und zuverlässigen hochautomatisierten Lkw (Level 4) auf die Straße zu bringen. Daimler Trucks greift dabei auf umfangreiches Wissen aus der langjährigen Erfahrung in der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen zurück – und der Wissenstransfer innerhalb des Daimler-Konzerns bildet die Grundlage für eine hohe Innovationsgeschwindigkeit. Daimler ist mit seinem Gesamtportfolio von Pkw über Vans bis hin zu Bussen und Lkw für alle relevanten Anwendungsfälle des automatisierten Fahrens optimal aufgestellt. Skalierbare Lösungen sind daher bereits verfügbar. Über alle Geschäftsbereiche hinweg orientiert sich das Unternehmen an einer klaren Philosophie. Diese basiert darauf, ausschließlich sichere, zuverlässige und ausgereifte Systeme anzubieten.
Daimler Trucks übernimmt Entwicklungen aus dem Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars, die auch für die Anforderungen von Transportunternehmen geeignet sind. Die schon jetzt verfügbaren Level 2-Systeme werden durch Innovation und die Neujustierung vorhandener Systeme auf Level 4 gehoben. Trotz aller Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Anforderungen an das hochautomatisierte Fahren bei Pkw und Lkw erheblich. Die schiere Größe eines Lkw stellt höhere Anforderungen an die Technik als bei Pkw, insbesondere beim Fahrverhalten in Kurven oder beim Abbremsen. Auch bewegliche Systeme wie an Sattelzügen stellen höhere Anforderungen. Außerdem sind die Einsatzbedingungen in der Transportbranche deutlich härter. Die Fahrzeuge müssen so lange wie möglich einsetzbar sein, um effiziente Lieferabläufe zu ermöglichen und die Kundenwünsche nach schneller Lieferung zu erfüllen. Dies darf nicht zu Einschränkungen der Verfügbarkeit oder Zuverlässigkeit führen – selbst bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen oder extremen Vibrationen. Schließlich spielt auch die gesellschaftliche Akzeptanz eine wesentliche Rolle bei der erfolgreichen Integration von Level 4-Systemen in die Wertschöpfungskette.
Derzeit sind bei Level 2-Fahrzeugen zwei Sensoren im Einsatz – im nächsten Entwicklungsschritt bei Level 4 werden es deutlich mehr sein, die darüber hinaus auch weitaus leistungsstärker sind. Dies geht mit einem völlig neuen Datenaufkommen einher und stellt gleichzeitig extrem hohe Anforderungen an die Qualität der Datenverarbeitung. Dabei wird das Ziel verfolgt, die Wahrnehmung des Fahrers durch vollständig erfasste Verkehrs- und Fahrzeugsituationen mit Hilfe unterschiedlichster Sensortechnologien nachzustellen und zu ersetzen. Jeder Sensor leistet mit seinen speziellen Eigenschaften einen Beitrag zur Gesamtleistung und Sicherheit hochautomatisierter Lkw. Drei verschiedene technologische Ansätze bilden dafür die Grundlage: Radar, Kamera und Lidar.
Die Sicherheit, Präzision und dauerhafte Verfügbarkeit der Systeme wird bereits bei der Markteinführung eine zentrale Rolle spielen. Analog zu Flugzeugen werden daher alle sicherheitsrelevanten Funktionen des automatisierten Fahren mit redundanten Systemen ausgestattet. Beim Ausfall des primären Steuerungssystems springen sie nahtlos ein und übernehmen deren Aufgaben.
Quelle: Daimler Trucks