Mitte der 1950er Jahre schaffte es eine angedachte Mercedes-Benz Baureihe W 122 mit klassischem Kühlergrill nie aus dem Designstatus mit beachtlicher Reife zur endgültigen Serienfertigung. Optisch wurden mehrere Varianten entwickelt.
Angedachte Baureihe W 122 von Mercedes-Benz
Mitte der 50er Jahre umfasste die Modellpalette von Mercedes-Benz nach dem Krieg wieder den vollen Umfang – vom Typ 170 V bis zum Repräsentationsfahrzeug. Hier beschließt der Daimler-Benz Vorstand in seiner Sitzung vom 2. Februar 1953 die Konstruktion eines Wagens, der hinsichtlich Material- und Lohnkosten 15 bis 20 Prozent unter dem Typ 170 V liegen sollte. Er sollte der Nachfolger der Typen 170 V und 170 D (W 136) sein, nachdem der Typ 170 S im Herbst 1953 vom Typ 180 (W 120) ersetzt wird. Der damalige Chefingenieur Fritz Nallinger beschreibt dazu das neue Fahrzeug: „Es ist offensichtlich, dass die Karosserie neu werden muss, wobei der Innenraum und die Fensterfläche gegenüber dem W 120 verkleinert werden. Breiten- und Längenmaße wie beim 170 S, 2-türige Karosserie, Spritzwand, Armaturenbrett, Kofferraum wie beim W 120, Vordersitze entsprechend 170 V.“
Bis zum Jahr 1956 erreicht das dann intern W 122 genannte Fahrzeug eine beachtliche Reife. Aufgrund aller Zutaten hat es das Zeug zu einem großen Erfolg. Zur Serienproduktion kommt es dennoch nicht, – und das aus zwei Gründen: Zum einen übernimmt Daimler-Benz 1958 die Auto Union, somit besteht eine gewisse Interessenkollision zwischen einem großen DKW und einem kleinen Mercedes-Benz. Zum anderen lassen die kurz vor ihrer Markteinführung stehenden Modelle der Baureihe W 111 mit ihrem neuen Sicherheitskonzept eine Baureihe W 122 auf der konventionellen Plattform der Baureihe W 120, so wie in der letzten Version geplant, veraltet erscheinen.
Aus heutiger Sicht ist das Aussehen der Baureihe W 122 äußerst interessant: Schon Mitte der 1950er-Jahre experimentiert man beim
Design einer Limousine mit dem
SL-Gesicht. Damals ist es als Ablösung des traditionellen Mercedes-Benz Gesichts gedacht. Viele Jahre später wird es in der C-Klasse (Baureihe 204) in der Ausstattungslinie Avantgarde als Alternative angeboten.
Folgeversuch mit W 118 und W 119 kam mit H-Motor
Nallinger gab seine Idee eines Anschlusstyps oder Grenztyps nach unten, wie er diese Fahrzeuggruppe definiert, jedoch nicht auf – zumal mit dem Kauf der Auto Union mittelfristig Entwicklungsbedarf bestand. Denn absehbar war, dass die Zweitaktfahrzeuge der Auto-Union-Marke DKW keine Zukunft haben, und für ein schlüssiges Gesamtportfolio fehlte ein Mercedes-Benz Produkt unterhalb der bisherigen Modellklassen.
So konstruierte die Vorentwicklung in
Untertürkheim – Leiter war hier Ludwig Kraus – ein solches Fahrzeug unter der Projektbezeichnung W 118. Für dieses sehen die Ingenieure einen ventilgesteuerten Boxermotor mit 1,5 Liter Hubraum und Frontantrieb vor. Zeitgleich wird ein neuer, hochverdichteter Vierzylinder-Reihenmotor (M 118) mit 1,7 Liter Hubraum erprobt. Der W 118 wird zum W 119 weiterentwickelt. Dieser hatte einen neuen hochverdichteten Motor, von Daimler-Benz H-Motor genannt, der mit seiner hohen Verdichtung von 1 : 11,2 und großer Sparsamkeit beeindruckt. Es entstanden Versuchsfahrzeuge, die mit ihrem SL-Gesicht, der niedrigen Gürtellinie, dem lichten Dachaufbau und der Heckgestaltung eine stilistische Nähe zum
Mercedes-Benz 230 SL (W 113) haben. Der H-Motor kam später unter der Bezeichnung „Mitteldruckmotor“ bei der Auto-Union zum Einsatz. Wie auch die Baureihe W 122 kam jedoch auch der W 119 nicht in der
Produktion an.
Quelle: Daimler AG