Die Daimler AG wurde aufgrund eines Patentverletzungsstreits um die Patentsache „X ZR 114/13“ gegenüber der JK Patentportfolio GmbH & Co Echo KG – eine Patenverwertungsgesellschaft – vor dem Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. Mai 2016 dazu verurteilt, das bekannte AIRSCARF-Heizsystem in Deutschland weder anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu besitzen, oder gar zu gebrauchen oder weiter zu produzieren. Das Verbot trifft auch den Zulieferer Lear.
Verbot gilt für Neuwagen sowie für Gebrauchtfahrzeuge
Dies Verbot betrifft sowohl Neu- aber auch Gebrauchtfahrzeuge, die mit dem AIRSCARF ausgestattet sind – baureihenübergreifend u.a. das E-Klasse Cabriolet, S-Klasse Cabriolet, SL/SLK sowie SLC-Roadster oder AMG SLS Cabrio. Auch kommende Baureihen, wie das C-Klasse Cabriolet oder der AMG GT Roadster sind davon betroffen.
Für den Kunden heißt dies aktuell folgendes:
- AIRSCARF kann aktuell nicht mehr bestellt werden
- Bereits produzierte Fahrzeuge, die vor Urteilsverkündung noch nicht bezahlt wurden dürfen nicht ausgeliefert werden. Hier erfolgt wohl eine Kundendienstmaßnahme, dessen Umfang wir aktuell noch nicht abschätzen können. Ob eine Deaktivierung das verbauten Systems ausreicht, halten wir für stark fraglich.
- Das System darf in Deutschland nicht mehr beworben werden, noch angeboten. Auf internationalen Webseiten hat der Konzern deshalb bereits den Vermerk angebracht, das man das System in Deutschland nicht mehr bestellen kann.
- Gebrauchtfahrzeuge mit AIRSCARF vom Händler sind in Deutschland aktuell nicht zu erwerben, noch dürfen diese ausgestellt werden (was auf die Neuwagen in den Ausstellungsräumen auch zutrifft).
- Keine Probefahrten, Fahrevents oder Ausstellungen von Fahrzeugen mit genannten System.
- Fahrzeuge mit AIRSCARF in Kundenhand erhalten keine Nachbesserung, noch wird deren System deaktiviert. Hier erfolgt kein Rückruf.
Nach unseren Informationen basiert der Rechtsstreit aufgrund eines Patentes von 1996 des Ingenieurs Ludwig Schatzinger aus Bayern, dem Erfinder eines ganz ähnlichen Heizsystems für Cabrios. Der Bundesgerichthof entschied jetzt, dass Daimlers System diesem so ähnlich ist, dass das Patent des Tüftlers verletzt wird. Der Ingenieur, dessen Patent noch bis zum 25. Dezember 2016 gilt (und dann nach 20 Jahren ausläuft), kann vom Konzern nun Schadensersatz fordern.
Rechtsstreit lief über 10 Jahre
Der Rechtsstreit um die Nackenheizung lief über knapp 10 Jahre, dem BGH-Urteil gingen 2 Vorentscheidungen am Landgericht Mannheim und des Oberlandesgerichtes Karlsruhe zugunsten der Daimler AG voraus. „Wir sind von dem Urteil überrascht“, hieß es von einer Daimler-Sprecherin. Weitere Details will der Konzern in der kommenden Woche klären.
Die Daimler AG muss laut Urteil nun offenlegen, wie viele Fahrzeuge genau ausgeliefert worden sind – und wie viel Gewinn mit dem System erzielt worden ist. Der Anwalt des Erfinders geht davon aus, das mindestens 350.000 Fahrzeuge mit dem System verkauft worden sind.
Interessant wird es aber auch, wie es nun mit Fahrzeugen aussieht, die von Deutschland aus exportiert werden sollen, da dem Konzern durch das Urteil insgesamt untersagt wird, Fahrzeuge mit der Heizvorrichtung in den Verkauf zu bringen bzw. zu produzieren. Für Zuwiderhandlungen droht ein Bußgeld von bis zu 250.000 Euro pro Einzelfall.
Eine offizielle Stellungsnahme der Daimler AG steht aktuell noch aus – und wird für kommende Woche erwartet.
Bilder: Daimler AG