Interview mit Philipp Schiemer: AMG bleibt politisch inkorrekt

TecDAY AMG Future of Driving Performance Eigenständige E PERFORMANCE Antriebsstrategie für Performance-Hybride Philipp Schiemer: Vorsitzender der Geschäftsführung der Mercedes-AMG GmbH // TecDAY AMG Future of Driving Performance Independent E PERFORMANCE drivetrain strategy for performance hybrids Philipp Schiemer: Chairman of the Board of Management of Mercedes-AMG GmbH

Seit August 2020 leitet Philipp Schiemer Daimlers Performance-Division AMG. Jetzt werden die Projekte eingeführt, die unter seinem Vorgänger Tobias Moers aufgesetzt wurden – und gleichzeitig die Strategie nachgeschärft. Die neue Plug-in-Hybrid-Plattform AMG namens P3 ist sowohl für Vier- und Achtzylinder-Motoren ausgelegt, die kompakten Einstiegsmodelle und die Sechszylinder bleiben oder werden jedoch 48-Volt-Hybride. Auf der anderen Seite wird es AMG-Varianten der vollelektrischen Baureihen EQS und EQE geben. Damit ist klar: Nicht alle AMG-Modelle werden ein Plug-in-Hybrid.

Der nächste SL, ein 2+2-Sitzer mit Stoffdach, ist in Zukunft grundsätzlich ein AMG. Um eine Überschneidung zu vermeiden, läuft der AMG GT Roadster aus. Doch das Coupé läuft weiter. Und bald können sich wenige glückliche Kunden auf den Supersportwagen Project One freuen. Mit seinem extrem anspruchsvollen Ansatz wird er in der AMG-Historie ein Solitär bleiben, sagte Schiemer der Autoren-Union Mobilität (aumo) über Modelle und Strategie.

Herr Schiemer, was bedeutet das Project One für die Marke AMG?

„Das Projekt hat eine unglaubliche Strahlkraft, und es gibt auch einen klaren Technologie-Transfer zwischen AMG und unseren F1-Kollegen. Beispielsweise bei der High-Performance-Batterie, die ursprünglich aus der Formel 1 kommt, jetzt im Project One verbaut wird und sich auch im Hybrid-Antriebsstrang P3 wiederfinden wird.“

Würden Sie so ein Projekt noch einmal aufsetzen?

„Ich glaube, man kann davon ausgehen, dass es so ein extremes Projekt nie wieder geben wird – nicht zuletzt wegen der gesetzlichen Anforderungen, die sich in den letzten Jahren noch einmal deutlich verschärft haben. Der Aufwand dafür ist unwahrscheinlich groß. Wir wollen ja Autos bauen, die überall zugelassen werden können.“


Was zeichnet den neuen AMG-Hybrid-Antriebsstrang P3 auf der Straße aus?

„Wir setzen hier ganz klar auf zusätzliche Performance, die wir durch diese Technologie erzielen können. Die Batterie verliert niemals den Boost, wir haben eine sehr hohe Dauerbelastbarkeit. Da wird nicht nach ein paarmal Gasgeben die Leistung heruntergeregelt. Wir werden aber auch reale Verbrauchsvorteile sehen, und zwar in der Größenordnung von 10 bis 20 Prozent. Bis 130 km/h wird man auch vollelektrisch fahren können.“

Sie haben diese Hybridisierung für Vier- und Achtzylinder angekündigt. Was geschieht mit den Sechszylindern?

„Diese Motoren sind keine reinen AMG-Motoren. Den P3-Antriebsstrang haben wir auf Basis unserer AMG-eigenen Motoren ausgelegt.“

Es wird also auch in Zukunft nicht jeder AMG ein Plug-In-Hybrid oder ein Elektroauto sein?

„Nein. Es wird zwar jedes Auto eine Form der Hybridisierung haben, aber dazu gehören auch in Zukunft 48-Volt-Hybride ohne Plug-in-Funktionalität.“

Auch beim SL, der ja immer ein AMG sein wird ?

„Wir werden beim SL tatsächlich unterschiedliche Varianten anbieten.“

Wird denn der SL so scharf positioniert wie die anderen AMG-Modelle?

„Wir werden den SL, eine komplette Eigenentwicklung wie der GT, ausgewogen positionieren – und zwar mit einer Abstimmung, die extrem sportlich oder auch komfortabel gewählt werden kann. Das wird auch ein Auto zum Cruisen, aber vergessen Sie nicht, dass die Wurzeln von SL im Rennsport liegen.“

Wie grenzen Sie den SL vom GT Roadster ab?

„Wenn wir den SL einführen, wird der GT Roadster auslaufen. Das GT Coupé wird aber weitergebaut, genauso wie der Viertürer, der ja ein Facelift und als Spitzenmodell unseren P3-Antriebsstrang mit einem V8-Motor erhält.“


Wie sieht ihre Strategie für die Gesamtmarke AMG aus?

„Es ist unsere Aufgabe, die sehr erfolgreiche Strategie ins Elektro-Zeitalter zu führen und neben der Stammkundschaft auch eine jüngere und zunehmend weiblichere Kundschaft anzusprechen. Eines steht aber fest: Wir werden nicht politisch korrekt sein.“

Dann möchte ich nach synthetischen Kraftstoffen fragen. Wäre das nicht eine gleichwertige Alternative zur Elektrifizierung?

„Wir unterstützen auch dieses Thema. Doch die Elektrifizierung hat Vorrang.“

Bilder: Daimler AG / Auto-Medienportal.Net

21 Kommentare
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hoelli78
3 Jahre zuvor

Dann wird der AMG Roadster also auch heuer noch eingestellt.

Racer1985
Reply to  hoelli78
3 Jahre zuvor

Diese Aussage wundert doch jetzt eigentlich keinen mehr. Mercedes hat ja schon vorher die Aussage gemacht, dass das AMG GT Coupé nach Bremen geht. Schon da war nicht mehr von einem Roadster die Rede, sondern nur vom neuen AMG SL.

2fast4u2
Reply to  hoelli78
3 Jahre zuvor

Man könnte wohl auch sagen, der neue AMG GT Roadster heißt nun SL.

Vicky Pollard
Reply to  2fast4u2
3 Jahre zuvor

Hat 2fast4u ja auch nirgendwo geschrieben. Aber Danke für den Beitrag (wir wissen jetzt, dass Roadster ≠ Cabriolet offensichtlich eine bijektive Abbildung ist).

Snoubort
Reply to  2fast4u2
3 Jahre zuvor

Ich denke was grundlegend anderes wollte auch @2fast4u2 nicht sagen – eigentlich kommt kein neuer SL, sondern der Nachfolger vom GT Roadster wird in SL umbenannt und erhält eine etwas breitere Motorenpalette (inkl. 4 Zylinder)

Phil
Reply to  2fast4u2
3 Jahre zuvor

Die Trennung zwischen Cabrio und Roadster wird wohl nicht strikt eingehalten. Meines Wissens gab es den W113 als „Faltdach-Cabrio“ bzw. als „Roadster“. Die übrigen SL wurden in den Preislisten samt und sonders als „Roadster“ ausgewiesen.

Andy Pipkin
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Der Punkt ist folgender: Der AMG GT Roadster ist ein Roadster per Definition, der kommende SL ist ein Cabriolet.

Begründung: Ein Roadster hat per Definition nur 2 Sitze, der kommende SL soll jedoch ein 2+2 Sitzer sein. Die Dachkonstruktion (Stoff vs. Metall) spielt in der klassischen Roadster-Definition übrigens keine Rolle.

Snoubort
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Denke der Neue wird aber def. als 2+2 Sitzer Roadster kommen…

harry
3 Jahre zuvor

Der SL war doch eigentlich schon immer ein Roadster, deswegen auch das „R“. Auch 2+2 Sitzer ist für den SL ja nichts neues. Für mich wäre der R6 M256E als SL500 der perfekte Antrieb für den neuen SL.

Snoubort
Reply to  harry
3 Jahre zuvor

Beim SL war das „R“ aber definitiv die Abgrenzung zu den „A“s, also egal ob „Renner“ oder „Roadster“, Hauptsache nicht „Cabrio“ 😉

harry
Reply to  harry
3 Jahre zuvor

@Aloys, den R129 gab es ja auch als 2+2 Sitzer. Ist der R129 für Dich ein Cabriolet oder ein Roadster?

Phil
Reply to  harry
3 Jahre zuvor

Ich schlage vor, dass wir als Anhänger von Cabrio u n d Roadster einfach abwarten. Mir ist es gleichgültig, unter welcher Bezeichnung Mercedes den R232 führen wird.
Ich fürchte nach den gezeigten Bildern, dass die Karosserieüberhänge gegenüber dem R231 kaum schrumpfen, d.h. der Radstand die bisherigen 2585 mm kaum übertrifft. Mir persönlich bringen zwei faktisch nicht nutzbare Notsitze gegenüber der bislang vorhandenen Heckablage keinen bedeutenden Mehrwert.
Egal wieviel Sitze nominal, sehe ich weder den R231 noch den R232 als Cabrio an – wobei in meinem Fahrzeugs Hein des R231 „Kabrio-Limousine“ steht. 😉
Der A217 ist m.E. Ein Cabrio.

Snoubort
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Für mich persönlich ist ein Roadster auch immer ein Fahrzeug mit langer Motorhaube und kurzem Heck – also irgendwie kein Mittel- oder Heckmotor (also passt dann auch das Cabrio beim 911er ;))

Nai
3 Jahre zuvor

Es wird wahrscheinlich so sein:
SL 53 e 4matic+ M139; 48 Volt; 116 PS P3 PHEV Motor; 476 PS Gesamtleistung
SL 73 e 4matic+ M177; 400 Volt; 204 PS P3 PHEV Motor; 816 PS Gesamtleistung
Die Batterie wird aber bauartbedingt kleiner ausfallen als beim C63 und GT 73
Der C63 wird als einziger AMG stand jetzt den E-Turbo haben.

Gerüchte sagen das X290 GT43 und GT53 auch auf R4 umgestellt werden.

Snoubort
Reply to  Nai
3 Jahre zuvor

Diese Gerüchte würden dann auch gut zur Überschrift passen – AMG mal so richtig derbe politisch inkorrekt mit 4 Zylinder GTs – huhuihui
Das wäre für mich – da wir hier ja noch mal von 1-2 Klassen höher sprechen – mindestens so erfolgsversprechend wie die 4 Zylinderumstellung bei Boxter/Cayman.
Auch Taycan und Panamera Hybrid zeigen wunderbar wie es (Performance-Limousine) geht – und wie es eben nicht geht.

Benz-Passion
Reply to  Nai
3 Jahre zuvor

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass der GT43 und GT53 auf den aktuellen M256 R6 verzichten. Das ist ja auch kein alter Motor und ist dazu ein Mildhybrid. Und der GT 4-Türer ist ein Fahrzeug der Oberklasse, da kommt denke ich kein 4-Zylinder rein. Beim C63 ist das was völlig anderes.

Falls du das aus dem Beitrag von JESMB beziehst, dann ist der nächste SL und GT (Nachfolger vom C190) mit dem 4-Zylinder gemeint, aber nicht der X290 (4 Türer).

S-Fahrer
Reply to  Nai
3 Jahre zuvor

Wetten die „Gerüchte“ wollten Sie mit Ihrem Kommentar überhaupt erst in die Welt setzen?
Bei GT43/53/63/63S bleibt alles beim Alten, der 73er kommt hinzu.
Weshalb sollte man eine solches Schiff auch mit dem R4-HY ausstatten?

Das Motorenprogramm ds SL wird ziemlich simpel Aufgebaut sein, zwei Verbrenner, zwei Hybride. Fraglich ist lediglich was wir als 53e verkauft bekommen werden. Ansonsten:
43: R4 +/- 400Ps
53: R4HY
63: 639Ps – V8
73: 816Ps -V8HY

harry
3 Jahre zuvor

Da stimme ich dir zu. Schade wäre es, wenn es den neuen SL nur mit 4 und 8 Zylindern geben würde. Einen 6 Zylinder würde ich doch sehr vermissen. Zum cruisen wäre der Sechser doch optimal. Einen 4 Zylinder will ich auf keinen Fall.

Thomas
Reply to  harry
3 Jahre zuvor

Dann nimmst du den V8 ohne E Unterstützung. Also den SL500. Oder wie auch immer er heißen mag. Wenn es diese Motorisierung geben wird. Die Informationslage dazu ist sehr unklar bzw. widersprüchlich.

Pano
3 Jahre zuvor

Einerseits will man bei AMG „nicht politisch korrekt sein“, andererseits will man vermehrt „eine jüngere und zunehmend weiblichere Kundschaft“ ansprechen. Mir ist nicht so ganz klar wie das zusammenpasst. Aber es ist ja Aufgabe der Marketingabteilung diesen Widerspruch aufzulösen. Bin sehr gespannt was dabei herauskommt.
Grüße
Pano

Snoubort
Reply to  Pano
3 Jahre zuvor

Dazu fällt mir unweigerlich die herrlich-inkorrekte Werbekampagne vom AMG Markenpartner IWC Anfang der 2000er Jahre ein – hier z.B. ab dem 8. Werbeplakat von oben („Der Uhr“)
https://100percentpassion.net/2015/01/28/iwc-werbung-wirkt/
z.B.
„Fast so kompliziert wie eine Frau, aber pünktlich“
„Technisch wäre es möglich eine IWC für Frauen zu bauen“
„Neu auch in gelb-gold für Frauen nicht erhältlich“
„Kostet genau so viel, wie Sie für den Wagen Ihrer Frau bekommen“
„Fensterputzen ist Männersache, bis 43mm“
„Funktioniert bis ins hohe Alter, wie ein Mann“
„Männer verdienen mehr als Frauen, z.B. eine IWC“

PS: nachweißlich ist der Anteil der Käuferinnen anschließend stark gestiegen.