Bereits im Jahr 1889 lässt sich Gottlieb Daimler seinen neu entwickelten Zweizylinder-V-Motor beim Kaiserlichen Patentamt schützen. Die Registrierung erfolgte unter der DRP- Nr. 50839 und wurde dazu am 5. Februar 1890 veröffentlicht.
Der von Gottlieb Daimler entwickelte erster V-Motor der Welt hat einen Zylinderwinkel von 17 Grad und leistet 1,1 kW – also 1,5 PS bei 600 u/min. Der Motor selbst wurde dazu als universelle Antriebsquelle für Straßen-, Schienen-, aber auch für Wasserfahrzeuge genützt – unter anderem auch für das von Daimler und Maybach konstruierte Motor-Quadricycle, eher bekannt unter der Bezeichnung des Stahlradwagens.
Der Stahlradwagen selbst wurde im Oktober 1889 auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt. Daimler und Maybach zeigten dort ihren V-Motor mit dem „Stahlradwagen“ und initiieren damit auch die Entstehung der französischen Automobilindustrie. Der Wagen war damals bereits mit dem von Maybach erfundenen Viergang-Zahnradwechselgetriebe ausgerüstet. Die ersten in Frankreich gebauten Motorwagen entstanden Anfang 1890 bei Peugeot und Mitte 1891 bei Panhard & Levassor. Beide basierten in ihrer Grundkonzeption auf dem Stahlradwagen und wurden von Daimler-Motoren angetrieben, die Panhard & Levassor seit Ende 1889 in Lizenz produzierten.
Im Gegensatz zur Daimlerischen Motorkutsche stellte der Stahlradwagen, wie der Benz Patent-Motorwagen, eine eigenständige, ganzheitliche Konstruktion und ein echtes Automobil dar. In zahlreichen Konstruktionsdetails waren Daimler und vor allem Maybach, der eigentliche Schöpfer dieses fortschrittlichen Automobils, ihrer Zeit weit voraus. Neben dem Zweizylindermotor und dem Viergang-Zahnradgetriebe, beide erstmals im Stahlradwagen realisiert, ist auch die Lenkung bemerkenswert, wurde hier doch die Wirkung der Achsschenkellenkung gewissermaßen vorweggenommen. Der Stahlrohrrahmen, der gleichzeitig als Kühlwasserkreislauf diente, hatte man übrigens von der „Neckarsulmer Strickmaschinen-Fabrik AG“ bezogen, die seinerzeit bereits ein bekannter Fahrradproduzent war und später unter dem Namen NSU Weltruhm erlangte.
Eine modifizierte Ausführung des Stahlradwagens wurde in den Jahren 1892 bis 1895 als „Daimler Motorwagen“ von der DMG vertrieben, war allerdings ohne Mitwirkung von Daimler und Maybach entstanden. Zu dieser Zeit arbeiteten die Schöpfer des Stahlradwagens in ihrem eigenen Konstruktionsbüro im Hotel Hermann, nachdem sie der DMG im Jahre 1892 den Rücken gekehrt hatten. Verantwortlich für die geänderte Variante, die im übrigen auch keine Stahlräder mehr hatte, war Max Schroedter, der neue Technische Direktor der DMG. Weder Schroedter noch seinem Motorwagen war allerdings Erfolg beschieden, und so stand die DMG Mitte 1895 vor dem Konkurs. Aufwärts ging es erst wieder, als Daimler und Maybach auf Betreiben des englischen Industriellen Simms im November 1895 in die DMG zurückkehrten.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG