Mit einem Festakt eröffnete Mercedes-Benz im Herzen seines Stammsitzes in Stuttgart-Untertürkheim gestern den eCampus. Er ist das Kompetenzzentrum zur Entwicklung von Zellen und Batterien für die künftigen Elektrofahrzeuge der Marke mit dem Stern.
Ziel des neuen eCampus in Stuttgart-Untertürkheim ist es, neuartige Chemiekombinationen und optimierte Fertigungsprozesse für Hochleistungszellen mit „Mercedes‑Benz DNA“ zu entwickeln und so die Batteriekosten in den nächsten Jahren um mehr als 30 Prozent zu senken. Der Mercedes-Benz eCampus deckt das gesamte Feld der Batterie- und Zelltechnologie ab. Es reicht von der Entwicklung und Evaluierung neuer Zellchemien über die Zellfertigung im industriellen Maßstab bis hin zur Erprobung und Zertifizierung von kompletten Batterieeinheiten.
Mercedes-Benz entwickelt unterschiedliche Ausprägungen der Zellchemie. Das Unternehmen arbeitet unter anderem an Lithium-Ionen-Zellen mit Hochenergie-Anoden auf Basis von Siliziumkompositen und innovativen kobaltfreien Kathoden-Chemien sowie an der Feststoffbatterietechnologie. Ziel ist es, die bestmöglichen Zellen mit „Mercedes-Benz DNA“ für eine hohe Energiedichte, Schnellladefähigkeit und Leistungsfähigkeit zu entwickeln sowie das Know-how für deren Industrialisierung aufzubauen. Konkret kann die Energiedichte durch den Einsatz neuer Technologien wie Hochsiliziumanoden oder Feststoffelektrolyten auf bis zu 900 Wh/l gesteigert werden. Nur mit einer umfassenden Kenntnis der Zellchemie und deren Design ist eine Skalierung der Produktion sichergestellt. Die im eCampus gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Serienproduktion von Batteriezellen bei den Partnerunternehmen ein – für den Einsatz in künftigen Mercedes-Benz Batteriegenerationen. Wie wichtig die Beherrschung der Zellchemie für die Entwicklung künftiger Produkte ist, hat beispielsweise das Technologieprogramm VISION EQXX gezeigt. Dank einer leistungsfähigen Batterie mit zukunftsweisender Zellchemie hat dieses Fahrzeug bei mehreren Fahrten Strecken- und Effizienzrekorde für Elektrofahrzeuge aufgestellt.
Der Betrieb im neuen Kompetenzzentrum für Batterietechnologien im Zentrum des Werks Stuttgart-Untertürkheim startet in zwei Stufen. Die rund 10.000 Quadratmeter große Fabrik für die industrielle Fertigung von Batteriezellen hat nach etwa zweijähriger Bauphase ihren Betrieb aufgenommen. Modernste Produktionsanlagen im sogenannten „Industrial Cell Lab“ ermöglichen es, Batteriezellen mit unterschiedlicher Chemie im industriellen Maßstab zu fertigen und zu testen. Mehrere Zehntausend Zellen können hier jährlich für die Entwicklung künftiger Batteriegenerationen produziert werden. Der Produktionsprozess besteht aus einer Reihe automatisierter und manueller Arbeitsschritte. Er deckt von der Elektrodenfertigung über die Zellmontage mit der Elektrolytbefüllung und die Formierung mit den ersten Lade- und Entladevorgängen bis hin zur Veredelung alle Herstellungsschritte für Batteriezellen ab.
Der Prozess der Zellherstellung hat großen Einfluss auf die Qualität der Batterie. Daher hat Mercedes-Benz den Anspruch, nicht nur die chemische Zusammensetzung der Zellen zu beherrschen, sondern auch den industriellen Herstellungsprozess. Durch das neue „Industrial Cell Lab“ gewinnt das Unternehmen die Kompetenz für einen wirtschaftlichen Fertigungsprozess von Zellen mit „Mercedes-Benz DNA“. Es ergänzt somit die beiden bereits bestehenden Zelllabore: Im „Chemistry Lab“ werden neuartige Zellchemien und fortschrittliche Zelldesigns entwickelt und evaluiert. Im „Flexible Cell Lab“ werden die Neuentwicklungen im automobilen Pouchzellen-Format produziert und getestet.
Der Gebäudeneubau für die zweite Stufe soll bis Ende dieses Jahres fertiggestellt sein. In dem hochmodernen Test- und Erprobungszentrum entsteht unter anderem eine Batterieanlauffabrik zur Produkt- und Prozessentwicklung. Auch soll hier der Reifegrad für die industrielle Großserienproduktion abgesichert werden. Verschiedene Funktionen des Prüffeldes am Standort Nabern werden hierzu in den eCampus nach Untertürkheim transferiert. Auf rund 20.000 Quadratmetern entstehen hochmoderne Prüfstände, mit denen die Sicherheit und Lebensdauer von Batterien umfassend getestet und erprobt werden.
Das neue Gebäude des Mercedes-Benz eCampus steht auf der Fläche der ehemaligen Gebäude 132/1 und 132/2 im Zentrum des Werks Stuttgart-Untertürkheim, das auf eine lange und bewegte Historie zurückblickt. Das Gebäude 132/1 wurde bereits 1907 erbaut und beherbergte in seinen Anfangsjahren die Produktion von Nocken- und Kurbelwellen. Diese wurden in zahlreichen Generationen der Mercedes-Benz Verbrennungsmotoren verbaut. Über die Jahre kamen eine Reihe unterschiedlicher Gewerke hinzu. Dazu gehörten die Werkzeugeinstellung, der Zentralmessraum, der Fertigungsmessraum für Kurbelwelle und Pleuel sowie die Produktionsleitung für Motoren. Als Kompetenzzentrum für zukünftige Antriebstechnologien spielt der neue eCampus eine Schlüsselrolle bei der Transformation des 120-jährigen Traditionswerks.
Quelle/Bilder: Mercedes-Benz Group AG