US-Behörden stimmen Diesel-Vergleich von rund 1,5 Mrd $ zu

Daimler AG Zentrale - Stuttgart Daimler AG Headquarter Stuttgart, Germany

Die Daimler AG und ihre Tochtergesellschaft Mercedes-Benz USA LLC (MBUSA) haben einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Rechtssicherheit im Zusammenhang mit verschiedenen Diesel-Verfahren gemacht: Die US-Regulierungsbehörden haben einem Vergleich zivil- und umweltrechtlicher Ansprüche zugestimmt. Damit werden die entsprechenden behördlichen Verfahren im Zusammenhang mit Emissionskontroll-Systemen von rund 250.000 Diesel-Fahrzeugen in den USA umfassend beendet. Heute wurden die Vergleichsvereinbarungen nun von den US-Behörden beim US-Bundesgericht für den District of Columbia eingereicht, das dem Vergleich final zustimmen muss.

Bei den Behörden handelt es sich um die US-Umweltbehörden Environmental Protection Agency (EPA) und California Air Resources Board (CARB), die Environment and Natural Resources Division des amerikanischen Justizministeriums (DOJ), das California Attorney General’s Office sowie die amerikanische Zoll- und Grenzschutzbehörde (United States Customs and Border Protection).

Am 13. August 2020 hatte Daimler bereits über eine grundsätzliche Einigung des Unternehmens mit den Behörden informiert.

Das Unternehmen hat vollumfänglich mit den US-Behörden kooperiert. Daimler hat im Rahmen dieses Prozesses keine „Notice of Violation“ (NOV) der EPA oder der CARB erhalten.

Wie bereits kommuniziert, hat sich das Unternehmen zudem mit den Klägervertretern auf eine einvernehmliche Beilegung der Verbraucher-Sammelklage „In re Mercedes-Benz Emissions Litigation“ geeinigt, die vor dem US-Bezirksgericht für New Jersey anhängig ist. Dieser Vergleich wird heute ebenfalls zur gerichtlichen Genehmigung vorgelegt.

Mit der Beilegung der Verfahren werden langwierige streitige Auseinandersetzungen vor Gericht mit entsprechenden rechtlichen und finanziellen Risiken vermieden.

Wie in den Vergleichsvereinbarungen festgehalten, bestreitet Daimler die Vorwürfe der Behörden sowie die Ansprüche der Sammelkläger und räumt keine Haftung gegenüber den USA, Kalifornien, den Klägern oder in sonstiger Weise ein. Die Vergleiche beenden die anhängigen Zivilverfahren des Unternehmens mit den US- Behörden ohne festzustellen, ob Funktionalitäten in den Fahrzeugen des Unternehmens unzulässige Abschalteinrichtungen sind.

Vergleich mit den US-Behörden

Neben der Zahlung von Zivilstrafen in Höhe von 875 Mio. $ (ca. 738,5 Mio. €) sieht der Vergleich mit den US-Behörden vor, dass das Unternehmen sein technisches Compliance Management System weiter verstärkt und Service-Maßnahmen für betroffene Fahrzeuge anbietet. Darüber hinaus wird Daimler landesweit sogenannte Mitigationsmaßnahmen durchführen, die dazu dienen, Emissionen von Stickoxid (NOx) in der Umwelt zu reduzieren, und zusätzlich weitere Projekte im US-Bundesstaat Kalifornien finanzieren.

Compliance

Im Gegensatz zu den Vergleichsvereinbarungen anderer Hersteller wurde ein externer Compliance-Monitor nicht zur Auflage gemacht.

Aufbauend auf dem bereits langjährig bestehenden Compliance-Programm hat das Unternehmen 2016 bestehende Prozesse und Strukturen in ein innovatives und konzernweites technisches Compliance Management System (tCMS) zusammengeführt und die technische Compliance seitdem mit einer Reihe von Maßnahmen massiv gestärkt. Dafür wurden erhebliche Ressourcen investiert und entsprechende Stellen geschaffen. Die Elemente des tCMS sind im „Compliance Operating Plan“ als Anhang in der Vergleichsvereinbarung mit der US-Regierung aufgeführt. Damit liefert Daimler die erste Blaupause für ein effektives tCMS in der Automobilindustrie.

Im Rahmen des Vergleichs mit den US-Behörden hat Daimler zugesagt, das bestehende tCMS ständig weiterzuentwickeln.

Mit dem tCMS trägt Daimler der rechtlichen Komplexität und den sich ständig ändernden regulatorischen Anforderungen Rechnung mit dem Ziel, Risiken bei der Produktentwicklung bereits präventiv zu begegnen. Neben der Schärfung von Verantwortlichkeiten und Prozessen für die Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit regulatorischen Vorgaben umfasst das tCMS regelmäßige Schulungen der Belegschaft sowie spezielle Programme, umfassende Dialogveranstaltungen sowie Verhaltensleitlinien, um die Daimler-Experten in den Entwicklungsabteilungen zu unterstützen. Für über 25.000 Ingenieure und Ingenieurinnen gab es bereits entsprechende Präsenztrainings zur technischen Compliance und regulatorischen Vorgaben.

Service-Maßnahmen

Im Rahmen des Vergleichs mit den US-Behörden wird Daimler für bestimmte Diesel-Fahrzeuge Service-Maßnahmen anbieten. Diese richten sich an Eigentümer und Leasingnehmer von in den USA zugelassenen Mercedes-Benz BlueTEC II Diesel-Pkw der Modelljahre 2009 bis 2016 sowie Mercedes-Benz und Freightliner BlueTEC II Diesel-Sprinter-Vans der Baujahre 2010 bis 2016.

Die Maßnahmen für die verschiedenen Modelle werden in mehreren Wellen ausgerollt. Die Kunden in den USA werden per Brief informiert, sobald ihr Fahrzeug in die Werkstatt gebracht werden kann. Zum Start der Service-Maßnahmen – vermutlich gegen Ende des Jahres 2020 – wird das Unternehmen zudem eine Internetseite veröffentlichen, auf der sich US-Kunden informieren können.

In Europa wurden die Fahrzeuge, die Gegenstand des US-Vergleichs sind, in dieser Konfiguration nicht verkauft und die Steuerungssoftware der US-Fahrzeuge unterscheidet sich auch aufgrund des unterschiedlichen Zertifizierungs- und Rechtsrahmens von in Europa verkauften Modellen.

NOx-Mitigationsmaßnahmen 

Daimler wird im Rahmen des Vergleichs in den USA 15 Lokomotiven mit neuen Dieselmotoren ausstatten, um NOx-Emissionen in diesem Bereich zu reduzieren. Zudem zahlt Daimler an CARB 110 Mio. $ (ca. 93 Mio. €) für die Umsetzung von zusätzlichen Maßnahmen mit dem Ziel, NOx-Emissionen im US-Bundesstaat Kalifornien zu verringern.

Vergleich Verbraucher-Sammelklage

Auch in der Verbraucher-Sammelklage „In re Mercedes-Benz Emissions Litigation” hat Daimler eine Einigung auf einen Vergleich erreicht, um das Verfahren so einvernehmlich und umfassend zu beenden.

Dieser Vergleich bezieht sich auf Mercedes-Benz Diesel-Pkw der Modelljahre 2009 bis 2016 sowie auf Mercedes-Benz und Freightliner Sprinter-Transporter der Modelljahre 2010 bis 2016 mit BlueTEC II Abgasreinigungssystemen, die in den USA verkauft oder verleast wurden.

Informationen über den Vergleich sowie die daraus resultierenden Anspruchsgrundlagen und Leistungen werden auf einer gesonderten Webseite veröffentlicht. Nach der vorläufigen Genehmigung durch das Gericht werden Mitglieder der Klassenklage auch schriftlich über weitere Einzelheiten informiert. Sie können ihre Leistungsansprüche per Antragsformular postalisch oder auf der Website geltend machen.

Darüber hinaus erstattet Daimler auch die Gebühren und Kosten für die Klageanwälte, in einer vom Gericht festzusetzenden Höhe. Das Unternehmen hat zugestimmt, dem Antrag der Klageanwälte auf Erstattung der Gebühren und Kosten in Höhe von bis zu 83,4 Mio. $ [ca. 70,4 Mio. €) nicht zu widersprechen.

Vergleichskosten im Überblick

Wie bereits am 13. August 2020 kommuniziert, hat das Unternehmen für die erwarteten Gesamtkosten der Vergleiche ausreichend bilanzielle Vorsorge getroffen.

Für die Vergleiche mit den US-Behörden erwartet Daimler Kosten in Höhe von rund 1,5 Mrd. $ (ca. 1,27 Mrd. €) einschließlich der Zivilstrafe sowie der erwarteten Kosten für Mitigationsmaßnahmen und –Zahlung sowie für die Durchführung der Service-Maßnahmen. Die geschätzten Kosten für die Beilegung der Sammelklage betragen rund 700 Mio. $ (ca. 591 Mio. €), einschließlich der noch vom Gericht zu genehmigenden Anwaltsgebühren und -kosten. Weitere Aufwendungen schätzt Daimler auf einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag, um Anforderungen aus den Vergleichen zu erfüllen.

Daimler rechnet mit einem entsprechenden Einfluss auf den Free Cash Flow des Industriegeschäfts über einen Zeitraum von drei Jahren, wobei der wesentliche Einfluss in den nächsten 12 Monaten erwartet wird.

Umtauschkurs USD zu EUR vom 11. September 2020, 1 USD = 0,844 EUR.

Quelle: Daimler AG