In Notzeiten wurde der Verbrennungsmotor bei Mercedes-Benz auch anders befeuert, als mit dem angestammten Brennmittel. Vor und während des zweiten Weltkriegs hatte hier der Holzvergaser seine Blütezeit, der aus festem Brennstoff ein brennfähiges Gas generierte, welches anschließend in die Zylinder des Motos geleitet wurde.
Eingeschränkte Leistung des Motors
Bei der Verwendung des Holzvergasers war die Leistung des Motors zwar eingeschränkt, doch immerhin: Man war in Jahren des Mangels weiterhin mobil. Mercedes-Benz bringt sogar eine eigene Anlage auf den Markt, die ab Werk auf Wunsch von 1943 an in verschiedene Fahrzeuge eingebaut wurde, beispielsweise den Typ 170 V, der dann 170 VG heißt.
Die „Gaserzeugungsanlage Typ G 136 S“ verarbeitete laut Bedienungsanleitung „Holzkohle, Torfkoks, Braunkohlenschwelkoks, Steinkohlenschwelkoks und Generator-Anthrazit“. Die Motorleistung betrug dazu 16 kW (22 PS), was bei einem Leergewicht des Fahrzeugs von 1240 Kilogramm noch für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h reichte. Doch schon das Anheizen erforderte das Beachten eigener Regeln, und auch beim Fahren müssen die Besonderheiten des Treibstoffgenerators berücksichtigt werden – insgesamt also eine nicht gerade bequeme Lösung. Doch immerhin, man konnte fahren.
24 Kilogramm Holzkohle für 100 bis 130 Kilometer Fahrstrecke
Der Mercedes-Benz 170 V (W 136) wurde im Februar 1936 auf der IAMA in Berlin vorgestlelt und war der verkaufsstärkste Mercedes-Benz Personenwagen vor dem 2. Weltkrieg. Zwar wird 1942 die Pkw-Produktion weitgehend eingestellt, doch 1943 nimmt das Werk Gaggenau die Produktion der für den 170 V entwickelten Gaserzeugungsanlage G 136 auf. Die technische Darstellung (oben im Bild) zeigt die Anordnung der Aggregate in einer Limousine mit vier Türen, die Leitungen sind im eingebauten Zustand von der Karosserie verdeckt. Eine Füllung von 24 Kilogramm Holzkohle ermöglichte dazu eine Fahrstrecke von 100 bis 130 Kilometern. Auch nach dem Krieg ist Benzin zunächst knapp, Holz dagegen verfügbar. Die Holzgasanlage wurde daher ab Januar 1946 erneut hergestellt.
Auch den Mercedes-Benz 230 (Baureihe W 153) gibt es ab Werk in den Jahren 1943 und 1944 noch mit Generatorgasbetrieb. Um den Leistungsverlust auszugleichen, hat das Fahrzeug eine Sonderausführung der Motorenbaureihe M 159, ein 3,0-Liter-Ottoaggregat statt dem sonst üblichen 2,3-Liter-Motor.
Vielstoffmotor kam später
Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte hingegen ein Motor mit dem unscheinbaren Kürzel OM 315 V eine bemerkenswerte Nebenrolle in der Geschichte der Mobilität: Der so genannte Vielstoffmotor wurde in den 1950er Jahren in den Lastwagen Mercedes-Benz LG 315 eingebaut, und er ist laut Bedienungsanleitung sowohl mit Benzin als auch mit Kerosin, Petroleum sowie mit Diesel-, Schiefer-, Schmier- und sogar Rohöl zu befeuern.
Quelle: Daimler AG