Der EQS ist das vollelektrische Gegenstück zur S-Klasse; jetzt zieht Affalterbach mit einer AMG-Variante nach, die auf die Modellbezeichnung Mercedes-AMG EQS 53 4Matic+ hört. Dabei handelt es sich gleichzeitig um das Spitzenmodell der EQS-Baureihe, wenngleich die Modellbezeichnung des vormals leistungsstärksten, weiterhin angebotenen EQS 580 – die Positionierung etwas verunklart.
Die Verwechslungsgefahr zwischen beiden Versionen ist gering. Dafür sorgen beim AMG eine bissig dreinblickende Frontmaske mit vertikalen Zierstreben, 21- oder 22-Zoll-Räder mit AMG-spezifischem Design sowie eine prononcierte Abrisskante am Heck. Für akustische Distinktion sind Zusatzlautsprecher am Heck zuständig, ungefähr dort platziert, wo bei einem klassisch angetriebenen Auto die Endrohre sitzen.
Dort entfaltet sich beim Niederdrücken des Fahrpedals eine Klangwolke, die das Leistungspotential dieser vollelektrischen Oberklasse-Limousine durchaus adäquat widerspiegelt. Jedenfalls dann, wenn das 4760 Euro teure Dynamic-Plus-Paket ausgewählt wurde. Dann liefern Bass-Aktuator und Lautsprecher einen laut AMG „emotional aufgeladenen Soundtrack“; sogar für den Ladevorgang gibt es einen speziellen AMG-Klang.
Die zwei permanenterregten Synchronmotoren werden aus einem Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 107,8 kWh gespeist. Der Batteriesatz kann – je nach Ladezustand – mit bis zu 200 kW geladen werden. Dabei lassen sich die Ladezeiten variabel einstellen. Und es gibt Ladeprograme zur Batterieschonung, damit nicht vorzeitig Kapazität verlorengeht. Immerhin 10 Jahre und 250.000 Kilometer garantiert Daimler. Der Antrieb wurde übrigens eigens für den AMG nochmals deutlich optimiert, die Verkabelung verstärkt. Wer’s mag, kann mit bis zu 200 kW rekuperieren lassen.
Die Motorleistung des AMG EQS 53 positioniert ihn in der obersten Kategorie: Die zwei E-Motoren liefern stolze 484 kW/658 PS und 950 Nm Drehmoment. Damit wuchten sie die rund 2,6 Tonnen schwere Limousine in 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h; bei 220 km/h wird abgeregelt. Das Dynamik-Plus-Paket hebt die Leistung auf 560 kW/761 PS an, und es stehen bis zu 1020 Nm Drehmoment zur Verfügung – allerdings nur beim „Rennstart“. Wann man den sinnvollerweise ausnutzen sollte, bleibt schleierhaft, und es wäre zu begrüßen, den Extra-Boost auch beim Überholen, in Form eines Kickdowns, zur Verfügung zu stellen.
Jedenfalls sinkt der Wert für den Standardspurt damit auf nur noch 3,4 Sekunden, und es hebt sich die Spitze von 220 auf 250 km/h. Das ist hervorragend, wenngleich sich ein dauerhaftes Ausnutzen dieses Potentials bei einem Elektroauto verbietet – es sei denn, es handele sich um einen kurzen Zwischenspurt.
Die Straßenlage ist für eine derart gewichtige Oberklasse-Limousine gut, die Lenkung ausreichend direkt. Rennstreckentauglich ist der EQS 53 allerdings nicht, weshalb er auch nicht die Modellbezeichnung „63“ erhält, die ihm per Leistung hierarchisch eigentlich zustehen sollte.
Auf Langstrecken fällt die Reichweite bei vollem Ausnutzen der Leistung übermäßig ab. wir haben rund 350 Kilometer Reichweite angezeigt bekommen, die meisten Kollegen lagen deutlich besser. Bis zu 584 Kilometer sollen nach dem optimistischen WLTP-Zyklus mit dem EQS 53 zu schaffen sein, das ist für ein Elektroauto sehr gut. Der Fahrer muss sich dazu jedoch erheblicher Zurückhaltung befleißigen.
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Das fällt jedoch nicht unbedingt schwer, denn auch mit den großen Rad-Reifen-Kombinationen und der spezifischen AMG-Abstimmung lässt sich der EQS 53 sehr komfortabel bewegen. Mit abgeschaltetem Performance-Klang und ohne Rekuperation wird dieses Elektroauto zum ungemein sanften Gleiter.
Dann lassen sich die hervorragende Burmester-Audio-Anlage und das serienmäßige Hyperscreen-Cockpit erst so richtig genießen. Die Darstellung der Fahrzeugfunktionen ist so umfassend wie futuristisch. Einige Kritikpunkte bleiben dennoch. So lässt sich die Lenkradheizung offenbar nur per Sprachbefehl an- und ausschalten, und die Definition der Inhalte des Head-Up-Display hätte eigentlich ganz gut in die „Displays“-Einstellungen im entsprechenden Menü gepasst.
Das Platzangebot ist übrigens vorne wie hinten hervorragend, allerdings verdienten die Rücksitze für ein potentielles Chauffeurs-Auto wie den EQS durchaus noch etwas mehr Aufmerksamkeit. Eine Maybach-Variante könnte hier zukünftig für Abhilfe sorgen. Im Heck befindet sich ein voluminöser Kofferraum, der über eine große Türe hervorragend zugänglich ist.
Eigentlich gibt es kaum Konkurrenten für den EQS AMG 53; am nächsten kommt ihm der betagte Tesla Model S, während Porsche Taycan und Audi e-tron GT deutlich kompakter sind. Ob der kommende BMW i7 und der A8-Nachfolger von Audi die Karten neu mischen, bleibt abzuwarten.
Daten Mercedes-AMG EQS 53 4MATIC+:
Länge x Breite x Höhe (m): 5,32 x 1,93 x 1,51
Radstand (m): 3,21
Antrieb: zwei Synchronmotoren, Allradantrieb, 1 Gang
Leistung: 484 kW / 658 PS (Dynamic-Plus-Paket: 560/761)
Max. Drehmoment: 950 (1020) Nm
Höchstgeschwindigkeit: 220 (250) km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 (3,4) Sek.
Durchschnittsverbrauch: 21,1 kWh/100 km
Effizienzklasse: A+++
CO2-Emissionen: 0 g/km (lokal)
Leergewicht / Zuladung: min. 2680 kg / max. 545 kg
Kofferraumvolumen: 610–1770 Liter
Grundpreis: 152.546 Euro
Text: Jens Meiners / Bilder: Mercedes-Benz AG