Projekt PROMETHEUS von 1986 als Vorreiter des autonomen Fahrens

Die Grundlagen für die vernetzte Mobilität verschaffte sich Mercedes-Benz ab dem Jahr 1986 mit dem Projekt PROMETHEUS, dessen Erkenntnisse später in u.a. in den Abstandsregelautomat DISTRONIC PLUS oder das Konzept PRE-SAFE eingeflossen sind und dann in das vollautomatisierte Auto münden.

Projekt PROMETHEUS von 1986 als Vorreiter des autonomen Fahrens

Am 1. Oktober 1986 startete man bei Mercedes-Benz mit „PROMETHEUS“ ein wegweisendes Projekt, dessen Tragweite nur wenige Experten klar war – das „Programm für ein europäisches Transportwesen mit höchster Effizienz und unerreichter Sicherheit“ (Programme for European Traffic with Highest Efficiency and Unprecedented Safety“).

Als Grundlage für das Projekt sorgten konkrete Fragen, was z.B. zu tun ist, damit das Auto auch in Zukunft höchste Mobilität ermöglicht. Wie die Sicherheit trotz einer zunehmenden Anzahl von Fahrzeugen erhöhen und damit die Unfallzahlen senken? Wie die Wirtschaftlichkeit steigern? Wie den Verkehrsfluss harmonisieren, ohne neue Straßen zu bauen? Und wie all diese Ziele bei größtmöglicher Schonung der Umwelt erreichen? Genau diese Fragen sollte das aufgelegte Forschungsprogramm über eine Dauer von 8 Jahren nachgehen.

Projekt PROMETHEUS von 1986 als Vorreiter des autonomen Fahrens

VITA-Fahrzeug konnte bereits autonome Überholvorgänge durchführen

Das höchste Niveau eines intelligenten Autos realisiert Mercedes-Benz bei PROMETHEUS mit dem VITA-Fahrzeug. Hinter der Front- und Heckscheibe sind dazu kleine Videokameras untergebracht, die eine Fahrzeugführung durch automatische Bildverarbeitung ermöglichen. Mit diesen elektronischen Augen behält der Bordcomputer stets den Überblick über das Geschehen rund um das Fahrzeug. VITA – die Abkürzung steht für „Vision Information Technology Application“ – ist dabei bereits ein echter Autopilot, der bremsen, beschleunigen und lenken kann. Der Computer erkennt dazu den Straßenverlauf, zugleich registriert er, ob sich das Fahrzeug auf Kollisionskurs mit anderen Objekten befindet. Das primäre Ziel ist die automatische Kollisionsverhinderung: man will nachweisen, dass sich mit „Rechnersehen“, wie die Methode seinerzeit genannt wird, Unfälle vermeiden lassen.

Doch letztendlich klingt schon das autonome Fahren an. Denn im Oktober 1994 legt das Forschungsfahrzeug auf einer dreispurigen Autobahn im normalen Verkehr mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 km/h mehr als 1.000 Kilometer zurück und demonstriert dabei Spurwechsel in beiden Richtungen sowie – nach Freigabe des Sicherheitsfahrers – sogar das autonome Überholen.

Eine Vorgängerversion des VITA-Fahrzeugs entsteht zunächst auf Basis eines Mercedes-Benz Transporters, dessen geräumiger Laderaum gefüllt ist mit Computertechnik. Die S-Klasse – als eine spätere Evolutionsstufe – stellt so schon einen wichtigen Schritt in Richtung Miniaturisierung und damit Serienreife dar.

Projekt PROMETHEUS von 1986 als Vorreiter des autonomen Fahrens

DISTRONIC, PRE-SAFE® Bremse, Navigationssystem und Car-2-X

Ein VITA-Teilprojekt ist auch der intelligente Tempomat, der immer den notwendigen Sicherheitsabstand einhält. Sobald der Infrarotsensor ein langsameres Objekt voraus entdeckt, wird das Fahrzeug automatisch bis zu einem sicheren Abstand verzögert. Die Regelung kann vom Fahrer jederzeit überspielt werden. Unter dem Namen Traffonic setzt Daimler-Benz das Projekt fort und nutzt dabei Radarsensoren. Ein solches System ist mit der Bezeichnung DISTRONIC beziehungsweise DISTRONIC PLUS schon lange Serienstand bei Mercedes-Benz. Auch die automatische PRE-SAFE® Bremse ist längst Serienstand.

Kommunikation wird in weiteren PROMETHEUS-Teilprojekten großgeschrieben. Die Forscher arbeiten hier an der „dualen Zielführung“, um den Fahrer zu entlasten. Es ist die Vorstufe des Navigationssystems. Damals muss es noch ohne Satellitenhilfe auskommen, denn diese Technik ist noch nicht für zivile Anwendungen freigegeben. Zum Teilprojekt gehört auch die Kommunikation der Fahrzeuge untereinander, um beispielsweise einen Zusammenstoß zu vermeiden oder sich gegenseitig vor einer Glatteiskurve zu warnen – heute bekannt unter „Car-to-X“-Technologie.

Flottenmanagement ist heute Standard

Grenzüberschreitende Kommunikation ist das Schlüsselwort eines weiteren PROMETHEUS-Teilprojekts der Daimler-Benz Forscher: das Fracht- und Flottenmanagement. Mit ihm sollen Spediteure die verfügbaren Transportkapazitäten effizient ausnutzen und zudem flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren können. Erprobt wird eine mobile Online-Verbindung zwischen einer Spedition und ihren Fahrzeugen. Der Disponent erkennt die Position seiner Fahrzeuge mit Hilfe terrestrischer und satellitengestützter Funksysteme. Er kann einem seiner Wagen über einen Zentralrechner eine Mitteilung schicken, die dem Fahrer angezeigt wird. Unter dem Namen FleetBoard® ist ein erweitertes System heute Alltag im Straßengüterverkehr.

In einem weiteren Teilprojekt namens STORM (Stuttgart Transport Operation by Regional Management) wird ein regionales Verkehrsmanagement unter Verwendung einer Reihe von Ideen und Ergebnissen aus PROMETHEUS erprobt. Dabei wird die im Raum Stuttgart vorhandene Verkehrsinfrastruktur durch die Vernetzung und den Ausbau bestehender Verkehrsleiteinrichtungen besser genutzt: mit dem Ziel, die Umweltbelastungen zu verringern und die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Verkehrs in der Region zu erhöhen. Im Vordergrund steht der Anspruch, dem Verkehrsteilnehmer zur richtigen Zeit und am richtigen Ort alle Informationen und Hilfestellungen zu geben, die er für eine verantwortungsbewusste Verkehrsmittelwahl benötigt.

Weitere Innovationen, ob Spurwechsel-Assistent oder Einparkhilfe, gehen ebenfalls zurück auf das Forschungsprogramm PROMETHEUS. „Es war der Zeit weit voraus“, beurteilt Werner Breitschwerdt rückblickend, von 1977 bis 1983 als Vorstandsmitglied der Daimler-Benz AG zuständig für die Entwicklung und Forschung und schließlich von 1983 bis 1987 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. In aktuellen Fahrzeugen und in künftigen voll automatisierten Automobilen lebt PROMETHEUS fort.

Quelle/Bilder: Mercedes-Benz Group AG

5 Kommentare
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Luca
1 Jahr zuvor

Unglaublich, welch lange und aufwendige Arbeit hinter Systemen steckt, die heute jeder als selbstverständlich ansieht.
Ich bin erst nach der Einführung von Pre-Safe geboren – hätte gerne mitgewirkt! xD

Hightechsilber
Reply to  Luca
1 Jahr zuvor

Und höchster Respekt davor dass man immer irgendwie an den Themen dran geblieben ist bis der Drive Pilot entstanden ist (bzw. den auch so mega durchgezogen hat, mit allen Vor- und Nachteilen)…

Man stelle sich vor was sein könnte wenn man an den Themen batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzelle seit Jahrzehnten auch so ununterbrochen konsequent weitergeforscht und entwickelt hätte (und da würden mir noch viele andere Konzernthemen einfallen)… 😉

Zuletzt editiert am 1 Jahr zuvor von Hightechsilber
Pano
1 Jahr zuvor

Sehr interessanter Rückblick auf die Anfänge der Entwicklung fortschrittlicher Assistenzsysteme. Es ist fast schon ein bißchen schade, daß Begriffe wie „Rechnersehen“, „Traffonic“ und „duale Zielführung“ nicht in den Sprachgebrauch übernommen wurden. Die klingen so ein bißchen old school-ingenieus.
Grüße
Pano

Thomas
1 Jahr zuvor

„Ein solches System ist mit der Bezeichnung DISTRONIC beziehungsweise DISTRONIC PLUS schon lange Serienstand bei Mercedes-Benz.“

Diese Formulierung ist mindestens missverständlich, wenn nicht sogar falsch.

G Fahra
1 Jahr zuvor

So ein selbstfahrendes Wohnmobil ist doch praktisch. Man fährt abends los, gibt dem Autopiloten das Ziel, legt sich schlafen, und wacht morgens an der Amalfiküste auf…