Geländegängige Sonderbaureihen von Daimler-Benz (1929–1944)

Zwischen 1926 und 1945 entstehen bei Daimler-Benz neben konventionellen Lastkraftwagen und Omnibussen auch zahlreiche Sonderbaureihen mit Geländegängigkeit und Allradantrieb. Diese Fahrzeuge werden überwiegend für die Reichswehr und später die Wehrmacht entwickelt – einige Modelle finden aber auch ihren Weg in den zivilen Spezialverkehr. Sie dokumentieren eine Ära technologischer Innovation unter militärischem Einfluss.

Pionierarbeit: G 3 und G 3 a

1928 stellt Daimler-Benz mit dem G 3 seinen ersten geländegängigen Leichtlastwagen vor. Der Dreiachser basiert auf den zivilen Typen L 1 und L 45, ist aber deutlich robuster konstruiert. Ein Sechszylindermotor (Typ M 09) mit 60 PS treibt die beiden hinteren Achsen an. Die Fahrzeuge verfügen über Halbelliptikfedern, Sperrdifferentiale und eine hydraulische Sechsradbremse.

Bereits 1929 folgt der verbesserte G 3 a mit 68 PS. Bis 1935 entstehen über 2.000 Exemplare, hauptsächlich für die Reichswehr (Kfz. 61–64), aber auch für Reichspost und Reichsbahn. Der G 3 a gilt als Urvater der militärischen Geländefahrzeuge von Daimler-Benz.

LG 63: Der zuverlässige Dreiachser

Ab 1934 wird mit dem LG 3000 der nächste Meilenstein gesetzt. Der Dreiachser mit OM 67-Dieselmotor und Sechsradöldruckbremse deckt den mittleren Nutzlastbereich (bis 3,5 Tonnen) ab. Wahlweise stehen auch Fünfganggetriebe mit Vorgelege zur Verfügung.

Die Fertigung beginnt in Gaggenau, wandert 1935 nach Marienfelde und ab 1936 zusätzlich nach Untertürkheim. Bis 1938 werden rund 7.500 Fahrzeuge gebaut – der LG 3000 wird damit zum häufigsten Diesellastwagen der Wehrmacht. Sonderversionen wie der LGS 3000 (Feuerwehrchassis mit Benzinmotor) oder Omnibusvarianten für die Reichspost zeigen die Flexibilität der Baureihe.

LG 68: Exportversion für vier Tonnen

1937 erscheint der LG 4000, ein Derivat des LG 3000 mit verlängertem Radstand und bis zu vier Tonnen Nutzlast. Nur 76 Einheiten werden gefertigt – alle für den Export nach Griechenland, China und Argentinien. Technisch bleibt der LG 4000 eng mit dem LG 3000 verwandt.

LG 65-Reihe: Allradtechnik auf höchstem Niveau

Die Baureihe LG 65 vereint fortschrittliche Allradtechnik mit vielseitigen Geländeeigenschaften. Drei Modelle sind hervorzuheben:

  • LG 65/2 – LG 2000 (1934): Zweitonner mit OM 65/3-Dieselmotor und Schraubenfederung. Zwei Prototypen beweisen ihre Geländetauglichkeit, werden aber nicht serienmäßig gefertigt. Sie gelangen als Busausführung zur Reichspost.
  • LG 65/3 – LG 2500: Dreiachser mit zehn Vorwärtsgängen und wahlweise Diesel- oder Benzinmotor. 150 Fahrzeuge werden 1938–39 an Griechenland geliefert, fünf weitere mit Omnibusaufbau an die Reichspost.
  • LG 65/4 – LG 3000: Ein seltener Achtradwagen mit zwei gelenkten Vorderachsen. Technisch mit dem LG 2500 verwandt, wird auch dieser Typ nie in Serie gebaut.

LR 75: Halbkettenbus für Hochgebirgsstrecken

1936 präsentiert Daimler-Benz das Halbkettenfahrzeug LR 75 – eine Weiterentwicklung des G 3 a, bei dem die Hinterachsen durch ein Kettenlaufwerk ersetzt sind. 35 Fahrzeuge entstehen bis 1939, größtenteils mit Omnibusaufbauten für die Reichspost im Alpenraum. Obwohl kommerziell wenig erfolgreich, liefert der LR 75 wichtige Impulse für spätere Halbkettenfahrzeuge wie den 4500 R.

MTW 1: Früher Panzerspähwagen-Prototyp

Bereits 1927 beauftragt das Reichswehrministerium Daimler-Benz mit der Entwicklung eines gepanzerten Vielradwagens. Das Ergebnis ist der MTW 1, ein achtradgetriebenes Fahrzeug mit zwei Fahrerplätzen und 13,5 mm starker Panzerung. Zwei Prototypen werden gebaut und getestet – einer davon in der Kampfwagenschule in Kasan (UdSSR). Trotz guter Testergebnisse verhindert die Weltwirtschaftskrise eine Serienproduktion.

Sd. Kfz. 8: Der schwere Halbketten-Zugkraftwagen

Mit dem Sd. Kfz. 8 entsteht bei Daimler-Benz ab 1934 eine der bekanntesten Halbkettenzugmaschinen der Wehrmacht:

  • DB s 7 (1934): 12-Tonnen-Zugmaschine mit 150-PS-Maybach-Motor.
  • DB s 8 (1936): Technisch verbessert, Fertigung bis 1938.
  • DB 9 (1938): 14-Tonnen-Zugleistung, Maybach HL 85, ATE-Lenkbremse.
  • DB 10 (ab 1939): Drehstabgefedert, mit Stahlblechrädern.

Bis 1944 werden rund 4.070 Einheiten gebaut – teils auch in Lizenz bei Škoda, Krupp und Krauss-Maffei.

Fazit: Militärtechnische Pionierarbeit auf Rädern

Die Sonderbaureihen von Daimler-Benz dokumentieren eine eindrucksvolle Entwicklungsleistung im Bereich militärischer und geländegängiger Nutzfahrzeuge. Von frühen Allradprototypen über exportierte Spezialversionen bis hin zu schweren Halbkettenfahrzeugen reicht das Spektrum. Sie sind nicht nur technologische Meilensteine, sondern zeigen auch, wie stark sich zivile und militärische Fahrzeugentwicklung in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg gegenseitig beeinflussten.

Bilder: Mercedes-Benz Group AG

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Herr Holle
5 Tage zuvor

Ein sehr technokratischer Bericht. Ein wenigstens kleiner Absatz oder eine kritisch reflektierte Nebenbemerkung zur Rolle von Mercedes-Benz bei den Eroberungsfeldzügen der Wehrmacht/SS/Nazis und zur Ermöglichung von „Blitzkrieg“ und zur zeitweisen Realisierung der wahnsinnigen Großmachtfantasien Hitlers wäre hier angemessen.

Und dass diese Gefährte – so faszinierend die Technologie jeweils auch sein mag – mit zunehmender Zeit hauptsächlich von Zwangsarbeitern zusammengelötet wurden dürfte auch in einem Nebensatz Erwähnung finden.

B B
Reply to  Herr Holle
5 Tage zuvor

Ich finde, das hat hier nix verloren. Es geht um Technik, nicht um Political Correctness.

„Technokratisch“ ist mal wieder so ein wertender, im aktuellen (woken) Zeitgeist inflationär verwendeter Begriff, meist verwendet zum Diskreditieren von Beiträgen, die in den Augen des Kritikers nicht genügend (linke) Haltung zeigen.

Warum ist der Begriff hier problematisch? Es ergibt sich aus der Definition / Verwendung. Laut Web (Zitat): „Der Begriff leitet sich von „Technokratie“ ab, was eine Herrschaftsform beschreibt, in der technische Experten die Regierungsgewalt innehaben“

Nochmal: Es geht hier nicht um Herrschaftsformen oder Politik im Allgemeinen, sondern um Technik.

Persönliche Meinung: Man muss nicht permanent bei jeder Gelegenheit den Schuldkult zelebrieren, auch wenn viele Linke, aufgrund ihrer häufiger Ablehnung von (nationaler) Identität, hier irgendwie scheinbar einen Selbstzweck gefunden haben.

Schalter Weel
Reply to  B B
5 Tage zuvor

Nicht wundern, das ist das völlig normale Verhalten eines Linken. Die haben den ganzen Tag nichts anderes im Kopf als H!tler. Ohne Linke gäbe es dieses ganze Gefasel auch gar nicht. Denen ist auch kaum zu helfen – die merken nicht einmal, das Sozialismus dort herkommt, wo der Daumen rechts ist.

Connys Gedanken
Reply to  Herr Holle
5 Tage zuvor

Das passt ja gut zum Adenauer SRP+ Sozialistische ReichsPartei Bus
N8DAP, SRP und dann kämpfen die nun gegen sich selbst oder wie muss man das verstehen…

Michael Kauf
Reply to  Herr Holle
5 Tage zuvor

Das wäre in einem Museum vielleicht richtig- je nachdem wie man politisch orientiert ist.
Dieser Blog sollte aber unpolitisch sein, genauso wie Bücher über technische Erfindungen.

Mittelgebirgler
Reply to  Herr Holle
4 Tage zuvor

Blablablabla

B B
5 Tage zuvor

Großartig. Damals zwar ganz normal, aber aus heutiger Sicht finde ich den Maybach-Motor im Cabriolet-Halbketten-LKW sehr sehr geil :D. Ob 150PS geil sind, ist da eine andere Frage… 😛

Ehe ich ein Maybach-Landaulet fahre (also eher gefahren werde), nehme ich doch lieber das Steuer eines „Standard Kraftfahrzeug Acht“ ein und fahre mal schnell in die Stadt zum einkaufen, haha.

Michael Kauf
5 Tage zuvor

Wenn ich mich nicht irre, war das letzte 8×8 Panzerfahrzeug von MB der
8 Rad Spähwagen aus den 1960ern.

0laf Müller
1 Tag zuvor

Bei den Halbketten-Fahrzeugen wäre ein Hinweis auf den Ideengeber und Erfinder Adolphe Kégresse angemessen gewesen…