WLTP statt NEFZ: die wichtigsten Unterschiede

Um Verbrauchs- und Abgaswerte neu – und realistischer – messen zu können, wird da standardisierte Messverfahren WLTP eingeführt. Doch wo stecken die Unterschiede zwischen NEFZ und WLTP – und wo sind die Schwachpunkte des bisherigen NEFZ Messverfahrens? Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengestellt.

Wo hoch ist der CO2-Ausstoß – und wie wurden die Werte gemessen ? Was verbraucht das Fahrzeug – und wurden diese korrekt gemessen ? Fragen, die man sich oft beim Kauf des Fahrzeuges stellt – ob Neuwagen, oder Gebrauchte. Dabei muss man zwischen Emissionen und Verbrauch – unter Testbedingungen oder im realen Fahrbetrieb unterschieden. Der 1992 eingeführte „Neue Europäische Fahrzyklus“ – kurz NEFZ – gilt seitdem für alle in der EU zugelassenen Fahrzeuge. Seitdem wurden die Schadstoff-Grenzwerte zwar gesenkt, das Messeverfahren aber nicht modifiziert. Hierzu mussten alle Fahrzeuge vor ihrer Markteinführung genau definierte Fahrzyklen auf normierten und kalibrierten Prüfständen absolvieren. Der Vorteil dazumal: alle Hersteller sind dazu verpflichtet, unter gleichen Anforderungen zu testen. Details des Tests sind genau vorgegeben, wobei die Fahrzeugmodelle dadurch vergleichbar waren.

NEFZ Verfahren seit 1992
Beim NEFZ-Verfahren fahren die Fahrzeuge nicht in real, sondern auf einem Rollen-Prüfstand, bei dem der Roll- und Luftwiderstand vor dem Test fix durch das Einstellen der Laufrollen eingestellt werden. Aus dem kalten Motorstart wird das Fahrzeug dann über eine Stecke von 11 km insgesamt 20 Minuten geprüft – wobei der Fahrer auf dem Prüfstand exakt einem Fahrprofil folgen muss, das auf einem Bildschirm angezeigt wird. Beschleunigungen oder auch die Zeitpunkte, wann der Fahrer bei einem Handschalter Gänge wechseln muss, sind genau definiert. Der Stadtverkehrs-Zyklus erfolgt hierbei viermal hintereinander, – inkl. Standzeiten. Danach folgt eine kurze Autobahnfahrt mit einer maximalen Geschwindigkeit von 120 km/h. Anhang der Emissionen am Auspuff, die genau analysiert werden – aus der Menge an kohlenstoffhaltigen Abgasen – wird danach der Verbrauch errechnet.

Die Schwachpunkte des NEFZ-Verfahren sind dabei u.a. das niedrige Durchschnittstempo von 34 km/h, sowie die Beschleunigungsangaben sowie die maximale Geschwindigkeit von 120 km/h. Betrachtet man die Zykluszusammensetzung, entspricht diese schon lange nicht mehr der aktuellen Verteilung der unterschiedlichen Streckenanteile. Parallel wird nicht nur das Gewicht noch der Energieverbrauch von Zusatzausstattungen und Komfortfunktionen (Klima, Radio, Sitzheizung etc.) mit eingerechnet. Das Start-Stopp-System hat parallel dazu einen hohen Einfluss, da der NEFZ einen hohen Anteil an Standzeiten hat. Die Aerodynamik des Fahrzeuges wird zusätzlich gar nicht berücksichtigt.

Ab September 2017: WLTP und RDE
Mit dem WLTP (World Harmonised Light Vehicles Test Procedure) wird ab 1. September 2017 ebenso ein Labortest eingeführt, der dabei aber dynamisch ausgelegt ist – und sich näher am tatsächlichen Fahrgeschehen orientiert, als der veraltete NEFZ-Test. Der Test gilt für alle neuen Typen ab 1. September 2017, für alle Modelle ab 01.09.2018 und wird in allen EU-Ländern eingeführt. Am neuen weltweit verbindlichen Standard werden dann u.a. auch Australien, Indien, Japan, Norwegen, sowie Süd-Korea, die Türkei sowie Südafrika teilnehmen – wobei für diese Länder noch kein Starttermin festgelegt ist.

Entwickelt wurde das WLTP-Testverfahren übrigens von der UN, wobei der Test auf den weltweiten Fahrdaten basiert und einmal für alle Mitgliedsstaaten des 98er Abkommens der UN / ECE – also alle europäischen Staaten, mit USA, Japan, China, Russland und Indien – gelten soll.

Die Höchstgeschwindigkeit im WLTP-Test wird nun auf 131 km/h angehoben, die Durchschnittsgeschwindigkeit steigt auf 47 km/h. Bei der Fahrzeit verlängert man den Test um 10 Minuten, wobei die Standzeiten verkürzt werden und die Anteile der Autobahnfahrten erhöht wird. Während man die Fahrstrecke auf 23 km verdoppelt, sind die Schaltpunkte nicht mehr fest vorgeschrieben, sondern werden Fahrzeug- sowie antriebsstrangspezifisch vorab berechnet.

Sonderausstattungen, die einen Einschluss auf die Aerodynamik des Fahrzeuges, den Rollwiderstand oder die Fahrzeugmasse haben, werden nun in die Berechnung mit eingerechnet. Zusätzlich kommen größere Felgen, Radio, und die Fahrzeugassistenten ebenso in die Bewertung mit hinein. Der Stromverbrauch dieser Funktionen im Labor erhöht hierbei den Aufschlag bei den CO2-Werten. Ausgenommen sind dabei jedoch nicht – zumindest in der ersten Stufe des WLTP – die Klimaanlage (aufgrund von individuellen Bedienung und klimatischen Bedingungen).

RDE – Real Driving Emissions als zusätzlicher Test
Zusätzlich wird zukünftig zum Prüfstand-Tests ein RDE (Real Driving Emissions) Test zusätzlich zum Prüfstandstest vorgenommen. Ab September 2017 müssen dazu  die Euro 6-Schadstoffgrenzwerte für Stickoxide und die Partikelanzahl auch real in Straßentests eingehalten werden. Dafür werden PEMS-Geräte (Portable Emission Measurement System) am Testfahrzeug befestigt und so direkt der Schadstoffanteil in den Abgasen während der Fahrt ermittelt. Weichen die Umgebungsbedingungen oder das Streckenprofil von vorher festgelegten Bandbreiten ab, werden die Ergebnisse korrigiert. Dies gilt im ersten Schritt für neu zu zertifizierende Typen ab 1. September 2017 und spätestens ab 1. September 2019 für alle Typen.

Alle Fahrzeuge, die ab 1. September 2017 eine neue Genehmigung erhalten möchten, müssen nach WLTP getestet sein – wobei bis 1. September 2018 alle neu angebotenen Fahrzeuge auf WLTP umgestellt sein müssen.

Symbolbilder: Daimler AG / Tabelle: MBpassion.de

14 Kommentare
Älteste
Neueste Meist bewertet
Inline Feedbacks
Betrachte alle Kommentare:
Werner G.
6 Jahre zuvor

Sowohl Euro 6c als auch Euro 6d-TEMP gelten ab dem 1.9.2017 für neue Fahrzeugtypen. Euro 6c beinhaltet jedoch nicht RDE, Euro 6d-TEMP hingegen schon. Können sich die Hersteller aussuchen, nach welcher Norm sie zertifizieren?

Reply to  Werner G.
6 Jahre zuvor

@Werner G.
Für komplett neu zu zertifizierende Fahrzeuge gilt ab 1. September 2017 Euro 6d-Temp und alle anderen Fahrzeugtypen können bis voraussichtlich 1. September 2019 noch mit Euro 6c geprüft werden.

Johannes
6 Jahre zuvor

Werden dann die Mehr-/Minderverbräuche von einzelnen Ausstattungen angegeben oder wie ist die Einbeziehung der Ausstattung zu verstehen?

Reply to  Johannes
6 Jahre zuvor

@Johannes
Sonderausstattungen die einen Einfluss auf die Fahrzeugaerodynamik, den Rollwiderstand oder die Fahrzeugmasse haben erhalten einen Aufschlag im CO2-Wert

Thomas
Reply to  Philipp Deppe
6 Jahre zuvor

Das, was heute bei Reifen schon üblich ist, wird dann für einige Austattungen mehr angewendet. Sieht im Prospekt nur blöd aus, wenn da steht: 110-150 g CO2 je km, austattungsabhängig.

Christian Weiss
6 Jahre zuvor

Ich freue mich schon, nachdem in Österreich ja der Co2 Ausstoß für die Preisgestaltung ausschlaggebend ist, werden hier die Fahrzeuge dann wohl schlagartig wieder einmal um einige Prozentpunkte teurer 🙁

Hoho
Reply to  Christian Weiss
6 Jahre zuvor

Wird zum Glück noch bis 2019 nach NEFZ-Zyklus besteuert. Bis 2019 sollten wir nichts davon merken.

Gino
6 Jahre zuvor

Aber die Menschen möchten doch ehrliche Werte haben, also können sie auch ehrlich in die Tasche greifen 😉

(Ich freue mich jetzt schon auf das Gejammer, wenn die KFZ Steuer wieder um ein paar Euronen teurer wird)

D. Straub
6 Jahre zuvor

47kW(63PS) maximal , das ist ja lachhaft! Die Lücke zwischen angegebenem und realem Verbrauch wird zwar kleiner, aber wird trotzdem noch viel zu groß sein. Statt einer absoluten Angabe der Maximalleistung, sollte ein relativer Wert angegeben werden (zB 50%). Fahrt mal mit einem Auto (irgendeinem, muss kein AMG sein) und ruft nur 63PS ab. Ihr werdet euch kaputt lachen!
Die Berücksichtigung der Ausstattung begrüße ich sehr. Das wird den Wahn zu noch größeren Fake-Lufteinlässen und überdimensionierten Felgen etwas eindämmen und einen Trend zu energieeffizienteren SAs erzeugen.

Benzfahrer
Reply to  D. Straub
6 Jahre zuvor

Falls Du ein neues Fahrzeug mit Comand hast, schalte mal die Motordaten-Anzeige ein.
Du wirst Dich wundern, mit wie wenig Leistung man schon 100km/h schnell sein kann. 😉

D. Straub
Reply to  Benzfahrer
6 Jahre zuvor

Es geht mir nicht um die Leistung um eine bestimmte Geschwindigkeit konstant zu halten, welche für Geschwindigkeiten bis ~130km/h durchaus moderat ist, sondern um Beschleunigungsphasen. Die sind mit 47kW vor allem bei höheren Geschwindigkeiten schon sehr träge.

Benzfahrer
Reply to  D. Straub
6 Jahre zuvor

Da hast Du allerdings Recht 😉

WE
6 Jahre zuvor

im Laufe der Jahre hatte ich meist Mercedes gefahren, die Verbrauchsangaben stimmten eigentlich immer mit kleinem Fehler. Die größte Abweichung (prozentual) gabs wohl bei beim Smart Bj. 1998. Mein aktueller 211er E350T soll in der Stadt 14,35l verbrauchen und ich war zunächst geschockt von bis 18l im Hochsommer im Stau. Ich hatte aber auch mal 12l geschafft in der Stadt bei vielen Grünphasen und extrem zurückhaltender Fahrweise. Und der Wagen hat 245/265er Reifen.
An der Ampel bin ich meist der Erste beim Beschleunigen aber auch der Erste bei Gaswegnehmen, ich fahre zügig aber nicht Rallye, die Klimaanlage ist an im Hochsommer oder bei Feuchtigkeit. Ich übertreffe den Normverbrauch um knapp 1l in der Stadt, auf der Autobahn mehr. M.E. verursacht die Klimaanlage 2l Mehrverbrauch (nicht nur 1l wie der ADAC meint).
Jeder weiss, dass im Test ohne Klimaanlage etc. mit wenig Gas gefahren wird, so wie es günstig ist für die Hersteller. Das Problem ist nicht der Test sondern der reale Fahrer, der die Bedienungsanleitung nicht lesen kann oder will, sich über die Interessen der Hersteller nicht im Klaren ist, den Kombi- oder Überlandverbrauch im Stadtverkehr erwartet. Und der Fahrer, der nicht schalten und nicht vorausschauend fahren kann oder will. Auch der neue Test wird daran nichts ändern.

WE
6 Jahre zuvor

Im Laufe der Jahre fuhr ich einige Mercedes, von denen hatten alle die angegebenen Verbräuche in etwa eingehalten, den höchsten prozentualen Mehrverbrauch hatte wohl ein Smart Bj. 1998. Mein aktueller 211er E350T soll 14,35l in der Stadt verbrauchen, gemessen habe ich 12 bis 18l.
An der Ampel bin ich meist der erste beim Beschleunigen aber auch der erste beim Gaswegnehmen, fahre zügig aber nicht Rallye, die Klimaanlage ist an im Sommer oder bei Feuchtigkeit. Ich übertreffe den Normverbrauch um knapp 1l in der Stadt, auf der Autobahn mehr. M.E. verursacht die Klimaanlage 2l Mehrverbrauch (nicht nur 1l wie der ADAC meint), deshalb ist sie bei kaltem Wetter aus.
Das Problem ist nicht der Testzyklus sondern der reale Fahrer, der nicht hochschaltet und vorausschauend fährt, nicht die Bedienungsanleitung lesen kann oder will, den Durchschnitts- oder Überlandverbrauch in der Stadt erwartet oder erwartet, dass ein höherer als der minimale Verbrauch angegeben würde.