Blick zurück: Das Forschungsfahrzeug F 500 Mind

Im Jahr 2003 stellte Mercedes-Benz auf der damaligen Tokyo Motor Show sein neues „rollendes Forschungslabor“ vor – den F 500 Mind, wo erneut neue Technologien für Antrieb, Betrieb und Komfort des Autos von übermorgen untersucht wurden. Als Zielsetzung dazumal: Erprobung des Hybridantriebs sowie ein neues Türen- und Innenraumkonzept sowie ein neues elektronisches Fahrer-Informationssystem. Heutzutage ist das Modell ein nahezu vergessenes Forschungsfahrzeug.

Blick zurück: Das Forschungsfahrzeug F 500 Mind

Weltpremiere im Jahre 2003 – Diesel-Hybridantrieb

„Die Zukunft hört nicht auf, spannend zu sein“. – Dafür steht auch der F 500 Mind, der im Jahr 2003 präsentiert wurde. Der Viertürer diente als rollendes Forschungslabor und zeigte mehr als ein Dutzend technische Ideen für Sicherheit, Antrieb und Komfort künftiger Mercedes-Benz Pkw. Das begann beim Hybridantrieb, damals dem ersten im oberen Fahrzeugsegment. Er vereinte auch die Möglichkeit, verschiedene Antriebsenergien zu nutzen. Ist viel Kraft gefordert, treibt dazu ein V 8- Dieselmotor mit 184 kW [250 PS] den F 500 Mind an und lädt gleichzeitig die Batterien auf. Denn ein Elektroantrieb mit 50 kW steht zusätzlich zur Verfügung, der allein oder gemeinsam mit dem Verbrennungsmotor zu Werke geht. Für das perfekte Zusammenspiel beider Motoren sorgt eine elektronische Steuerung je nach Verkehrslage und Fahrweise. So übernimmt der Elektromotor beispielsweise im Stop-and-go Verkehr den Antrieb, wenn der Verbrennungsmotor prinzipbedingt nicht seinen optimalen Wirkungsgrad erreicht.

Blick zurück: Das Forschungsfahrzeug F 500 Mind

V 8 Dieselmotor mit 250 PS

Ruft der Fahrer eine höhere Motorleistung ab, schaltet sich der V8-Motor zu und sorgt für zusätzliche Beschleunigung. Die 300-Volt-Batterie des Elektroantriebs wird beim Bremsen nachgeladen. Das Ergebnis dieser aufwendigen Technik: ein bis zu 20 Prozent geringerer Treibstoffverbrauch, vor allem im Stadtverkehr, und erheblich geringere Emissionswerte im Vergleich zu einem herkömmlichen Antrieb. Mit diesem Konzept greift der F 500 Mind im Jahr 2003 zukünftigen Abgasbestimmungen vor.

Das damals neue einzigartige variable Türkonzept und der Verzicht auf durchgehende B-Säulen stellten die Forschungsingenieure bei der Konstruktion des Karosserierohbaus vor eine besondere Herausforderung. Ihre Aufgabe ist es, eine Alternative für die B-Säulen zu finden, die normalerweise einen wichtigen Beitrag zur Struktursteifigkeit und Crashsicherheit einer Karosserie leisten. Computerberechnungen auf Basis der Finite Elemente Methode bringen die Ingenieure auf die Idee einer zentralen Dachsäule im mittleren Bereich der Karosserie. Sie dient als stabiles Bindeglied zwischen dem Mitteltunnel und der Y-förmigen Dachstruktur. Im Zusammenspiel mit einem zusätzlichen Querverbund im Bodenblech und massiven Schwellerprofilen, die beim Seitenaufprall wirksam werden, sorgt die Zentralsäule für eine hohe Biege- und Torsionssteifigkeit.

Sein spezielles Design verdankt das neuartige Strukturelement einer eigens durchgeführten Untersuchung über die Sichtverhältnisse des Fahrers. Ergebnis: Durch die leicht geschwungene Form der Zentralsäule ist gewährleistet, dass sein Blick zur Seite oder nach hinten nicht zusätzlich beeinträchtigt wird.

Blick zurück: Das Forschungsfahrzeug F 500 Mind

Technische Highlights
  • Hybridantrieb (Kombination aus Diesel- und Elektromotor)
  • Variables Türkonzept mit zwei verschiedenen Öffnungsmöglichkeiten
  • Elektronische Pedale für Gas und Bremse
  • Elektronisch gesteuerte Lenkung
  • Nachtsichtsystem mit Infrarot-Laser-Scheinwerfern, Serieneinführung als Nachtsicht-Assistent NightView in der Mercedes-Benz S-Klasse ( im 2005 der Baureihe W 221).
  • Neuartiges Bedien- und Anzeigekonzept
  • Multivision-Display
  • Fahrer-Informationssystem auf Ultraschall-Basis
  • Klappbarer Labortisch mit Computer zum Überwachen der Fahrzeugsysteme

Mehr Beinfreiheit

Bei einer Karosserielänge von 5,09 Metern und einem Radstand von 2,97 Metern bietet das Fahrzeug im Fond deutlich mehr Beinfreiheit als andere Limousinen dieser Fahrzeugklasse. Der Fortschritt beruht auf dem Einsatz neuartiger elektronischer Pedale für Gas und Bremse. Sie bestehen aus kraftsensitiven Flächen,
deren Sensoren die Befehle des Fahrers als elektrische Impulse an Motor und SBC™-Bremssystem übertragen.

Je stärker der Fuß eine Druckplatte berührt, desto schneller wird dazu beschleunigt bzw. desto stärker gebremst. Die Pedale erfordern weniger Platz im Vergleich zu einer normalen Pedalerie und ragen kaum in den Innenraum hinein, was den vorderen Fußraum um ganze 12 Zentimeter vergrößert. Dementsprechend können die Sitze von Fahrer und Beifahrer vorverlagert werden und geben den Fondpassagieren mehr Raum. Gleichzeitig erhöht sich die passive Sicherheit, denn die Pedale werden bei einem Aufprall nicht in den Innenraum hineingedrückt. Auch die Lenkung ist elektronisch gesteuert.

Blick zurück: Das Forschungsfahrzeug F 500 Mind

„Multivisionsdisplay“ im F 500 Mind

Das Multivisionsdisplay im Cockpit des F 500 Mind bildet den Mittelpunkt eines neuartigen Bedien- und Anzeigekonzepts, das dem Fahrer mehr Informationsmöglichkeiten bietet und ihn gleichzeitig entlastet. Die Anzeigeinstrumente auf dem Display sind frei programmierbar, ihre Bildinformationen lassen sich mithilfe eines halbdurchlässigen Spiegels optisch überlagern oder miteinander kombinieren. So kann der Fahrer mittels Tastendrucks am Lenkrad zahlreiche Informationen abrufen, die stets gut im Blickfeld liegen und somit nicht ablenken. Ein weiteres Display oberhalb der Mittelkonsole ist mit einem berührungsempfindlichen Touchpad gekoppelt, dessen Bedienfläche ebenso gegliedert ist wie die Displayanzeige.

Hier werden Navigation, Autoradio, Klimaanlage, Telefon und andere Systeme durch leichtes Antippen gesteuert. Weitere Schalter und Tasten sind mit Sensoren ausgestattet, die bereits auf einige Zentimeter Entfernung erkennen, wenn sich die Hand des Autofahrers nähert. In diesem Fall schaltet das Zentraldisplay sofort auf die entsprechende Funktion um und erleichtert somit die Bedienung. Eine weiterentwickelte Sprachbedienung und ein auf Ultraschalltechnik basierendes Fahrer-Informationssystem bieten zusätzlichen Bedienkomfort. Die Ultraschalltechnik ermöglicht es, dass nur der Fahrer akustische Informationen hört – die anderen Insassen werden nicht gestört.

 

Nachtsichtassistent „NightView“

Bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen erscheint auf dem rechten Display des Kombiinstruments das Bild des neuartigen Nachtsichtassistenten NightView. Es besteht aus zwei Infrarot-Laser-Scheinwerfern, deren unsichtbares Licht die Fahrbahn bis zu 150 Meter weit ausleuchtet. Eine Kamera an der Frontscheibe nimmt das von anderen Verkehrsteilnehmern reflektierte Licht dieser Scheinwerfer auf und wandelt es in eine deutliche Schwarz-Weiß-Darstellung um, die im Multivisionsdisplay erscheint. Der Fahrer erkennt so Gefahrenstellen weitaus früher als mit normalem Abblendlicht, das rund 40 Meter weit leuchtet.

Das Fahrzeug selbst ist seit Jahren im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart im Bereich der Cafeteria zu besichtigen, wobei man hierzu keinerlei Eintrittskarte benötigt. Der F 500 Mind steht dazu frei zugängig auf der Eingangsebene des Museums.

Bilder: Mercedes-Benz Group AG

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Pano
4 Monate zuvor

Am coolsten sind die elektronischen Pedale für Gas und Bremse. Vermutlich kommt sowas erst in Serie wenn Level 4-Autos Serienstandard sind.
Grüße
Pano

Sven Lederer
Reply to  Pano
4 Monate zuvor

Also elektrische Lenkung hat jetzt, als erstes Serienauto der Welt, der Cybertruck.
Elektrisches Gas natürlich auch..

Mölders
Reply to  Sven Lederer
4 Monate zuvor

Der Infiniti Q50 hatte schon 2013 als erstes Serienauto Steer-by-wire.

Thomas
Reply to  Sven Lederer
4 Monate zuvor

“Elektrisches Gas“ (was ein Ausdruck) hat doch inzwischen jedes Fahrzeug. Und eine elektrische Lenkung hatte bereits Infinity seit 2013 im Einsatz. Mit mechanischer Rückfallebene. Tesla traut sich ohne. Das ist die Innovation.

Ralf
Reply to  Thomas
4 Monate zuvor

Innovation oder Risiko… Lässt sich im Fall der Fälle aber sicher alles per OTA beheben.

PupNacke
Reply to  Thomas
4 Monate zuvor

Ich würde das weglassen von Sicherheitselementen (Backups) nicht als Innovation ansehen, aber gut…

Ralf
Reply to  Sven Lederer
4 Monate zuvor

Elektrische Lenkung gab es bereits vor 10 Jahren bei Infiniti.

G-Fahrer
4 Monate zuvor

Diesel-Hybrid. Der beste ;ökologische Antrieb, zumindest bis Wasserstoff massentauglich ist.

Pano
Reply to  G-Fahrer
4 Monate zuvor

Das dauert noch ne Weile…

Herr Holle
Reply to  Pano
4 Monate zuvor

Wasserstoff wird sich im PKW-Bereich nicht durchsetzen, spätestens die übernächste Batteriegeneration wird Ende der 2020er der Goldstandard. Da wird es dann auch der Diesel(-hybrid) schwer haben.

Thomas
Reply to  G-Fahrer
4 Monate zuvor

die Kombination aus Turbo, AGR, Steuerkette, Hochdruckinjektoren, Kat, DPF, einem mechanischen 9 Ganggetriebe, einer Highendbatterie, einem E Motor und der zughörigen Elektronik ist ökologisch? Ok, für jemanden, der Wasserstoff als ernsthafte Alternative ansieht, mag das der Fall sein.
Ansonsten sind Hybride technisch das Anspruchsvollste, was der Fahrzeugbau derzeit hergibt.