Mercedes-Benz: Stellenabbau mit Druck ?

Mercedes-Benz steht erneut vor einem tiefgreifenden Personalumbau. Der Konzern plant, bis zu 20.000 Stellen abzubauen – offiziell auf freiwilliger Basis und mit zum Teil sehr hohen Abfindungsangeboten. Doch hinter den Kulissen zeigt sich nach Medienberichten wohl ein anderes Bild: Von echter Freiwilligkeit kann demnach kaum die Rede sein.

Strategiewechsel mit Konsequenzen

Die Herausforderungen für den traditionsreichen Autobauer sind vielschichtig: Eine verhaltende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, ein zunehmender Kostendruck und das wachsende Unbehagen gegenüber der Luxusstrategie des Konzerns. Vor diesem Hintergrund setzt Mercedes-Benz erneut auf ein bewährtes Mittel: Stellenabbau durch attraktive Abfindungen. Bereits 2021 ging das Unternehmen diesen Weg. Damals verließen Tausende freiwillig das Unternehmen, angelockt von finanziellen Anreizen. Nun soll das Programm deutlich ausgeweitet werden.

Abfindungen von bis zu 500.000 Euro – aber um welchen Preis?

Ab dem 28. April sollen rund 40.000 Mitarbeitende im indirekten Bereich – also ohne direkten Produktionsbezug – E-Mails mit individuellen Abfindungsangeboten erhalten. In manchen Fällen winken Summen von bis zu einer halben Million Euro. Das klingt großzügig – und das ist es auch. Doch hinter den hohen Beträgen steht nicht nur ein Sparziel, sondern offenbar auch ein zunehmender Druck, der intern für Unruhe sorgt. Zwar sind die Angebote formal freiwillig, doch zumindest laut Recherchen der Frankfurter Rundschau berichten Mitarbeitende von gezielten Einzelgesprächen, subtilen Hinweisen auf mangelnde Zukunftsperspektiven und der impliziten Botschaft: Wer das Angebot nicht annimmt, könnte später schlechter dastehen. In manchen Abteilungen seien Führungskräfte angehalten worden, bestimmte „Abgänge“ aktiv zu fördern. Offizielle Stellungsnahmen dazu gibt es jedoch nicht.

„Freiwilligkeit“ unter Vorbehalt – Kritik aus der Belegschaft

Der Konzern vermeidet zwar offene Drohungen oder betriebsbedingte Kündigungen, aber genau das könnte Teil der Strategie sein. Der Druck ist psychologischer Natur. Beschäftigte berichten von einer Stimmung der Unsicherheit, in der das vermeintlich freiwillige Angebot zum unausweichlichen Ausweg wird. Besonders betroffen sind langjährige Mitarbeitende mit hohen Gehältern – ein klares Zeichen, dass es nicht nur um Kapazitätsabbau, sondern auch um strukturelle Kostensenkung geht.

Der Betriebsrat hatte die Pläne in ihrer ursprünglichen Form als „Horror-Liste“ bezeichnet. Zwar wurde im März eine Vereinbarung erzielt, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2035 ausschließt – doch dieser Schutz gilt nur für jene, die dem steigenden Druck standhalten. Im Gegenzug verzichten die Beschäftigten auf eine geplante Tariferhöhung und müssen sich mit einer reduzierten Gewinnbeteiligung zufriedengeben.

Zwischen Effizienz und Ethik

Mercedes-Benz steht damit exemplarisch für einen wachsenden Trend in der deutschen Industrie: Kosten sollen gesenkt, Belegschaften verschlankt werden – ohne die Imageschäden durch Entlassungen. Stattdessen setzt man auf Druck durch Angebote, die man kaum ablehnen kann. Ob das langfristig zum gewünschten Ergebnis führt, bleibt abzuwarten.

Symbolbilder: Mercedes-Benz Group AG