Viel musste man schon über den Mercedes-Maybach GLS 600 lesen, das GLS Modell, welches von Mercedes mit einen Maybach-Logo versehen wurde. Zeit, dass wir uns das 558 PS Luxus-Schiff selbst ansehen. Eines vorab: gegenüber der Konkurrenz ist das Modell zum Grundpreis von 162.494,50 Euro sogar nahezu ein Schnäppchen – zumindest auf den ersten Blick.
Viel Chrom an der Front polarisiert
Die Maybach Variante des GLS polarisiert bereits vorab aufgrund seines Exterieurs mit viel Chrom an der Front. Vom Frontdesign abgesehen, was ganz klar speziell die Zielgruppen in Asien anspricht, bietet das Modell auf GLS Basis jedoch eine ganz eigene Welt.
Unter dem Grill setzt Mercedes-Benz einen 4 Liter großen V8 Bi-Turbo mit elektrischem Startergenerator (mit 48 Volt Bordnetz) ein. So sorgen 410 kW / 558 PS (bei 6.-6.500 u/min) sowie 730 Nm Drehmoment (bei 2.500 – 5.000 u/min), dass das 2,75 Tonnen schwere Modell mühelos in Schwung gebracht wird. Die Beschleunigungs-werte beweisen dies. So ist die 100 km/h Marke bereits in nur 4,9 Sekunden erreicht, wobei der Vortrieb bei 250 km/h elektronisch begrenzt wird. Doch zum Rasen ist das Modell nicht gedacht, … aber gut zu wissen, dass man es könnte.
Bei unserem Testfahrzeug hat Mercedes-Benz den Mercedes-Maybach GLS 600 erwartungsgemäß nahezu voll ausgestattet und dabei auf keinerlei Highlight verzichtet. Mit Blick auf die Aufpreisliste wurde hier weder die besondere Zweifarbenlackierung – bei uns in cavansitblau / iridiumsilber – zum Preis von 20.825 Euro vergessen, wie auch nicht sämtliche designo Pakete sowie eine Leder Nappa Polsterung im exklusiven kristallweiß / silbergrau pearl (!) für stattliche 16.065 Euro. Aufpreise, wofür was sich so manche einen Kleinwagen kaufen, aber das GLS Maybach Modell richtig exklusiv wirken lassen.
Nur voll ausgestattet alle Vorzüge
Während die Serienausstattung des Maybach Modells noch auf einen exklusiven First-Class Fond verzichten muss, sorgt unser Fahrzeug mit allen Ausstattungsoptionen für einen Fahrzeuggesamtlistenpreis von beachtlichen 257.744,69 Euro – inkl. 19 % MwSt. Natürlich inklusive zweier Champagnerkelche (in sterlingsilber) für jeweils 787,99 Euro, wobei der entsprechende Halter für 952 Euro auch nicht vergessen wurde. Wer sich einen Maybach zulegt, kauft schließlich auch kein Grundmodell und erwartet hier ein Höchstmaß an Luxus und Komfort. Zurecht. Maybach liefert und greift damit die Konkurrenz von Rolls Royce mit dessen Cullinan und Bentleys Bentayga an.
Für die luxuriöse Kundschaft in den USA, China oder in den Golfstaaten bietet man mit dem nahezu teuersten Modell der Modellpalette von Mercedes-Benz aber auch ein Modell der Superlative. Dessen Highlight liegt nicht direkt hinter dem Lenkrad, sondern ganz klar im Fond des Fahrzeuges. Hier gibt es in der größten Ausbaustufe keine zweite- oder dritte Sitzbank, sondern zwei Business-Sitze, die auf Knopfdruck in die Horizontale fahren können.
Bereits beim Einstieg in die Maybach-Variante des GLS fällt vor allem das automatisch ausfahrbare Trittbrett (auf der Seite des Fahrzeuges) auf, welches den Zugang zum Innenraum erleichtern soll. Die Boards erstrecken sich dabei nahezu über die ganze Fahrzeuglänge von Vorder- bis Hintertür. Sie halten mühelos ein Gewicht von bis zu vier Personen aus. Spätestens wenn sich das Fahrzeug in Bewegung setzt und kein Gewicht mehr auf den Boards lastet, fahren diese automatisch ein und verstauen sich im Unterboden.
Beim ersten Blick auf den Innenraum fällt zuerst die komplette Belederung im Interieur auf, was das Fahrzeug hier schon von der normalen GLS Variante deutlich abgrenzt. Selbst die kleinsten Ecken hat man dazu nicht vergessen, was auch weit in die Türen reicht. Das weiße Leder wirkt hier besonders edel und macht das Fahrzeug schon so zu einem Highlight.
Der Maybach GLS 600 4MATIC verfügt über 8-Zylinder und 557 PS sowie 16 kW / 22 PS (250 Nm) Startergenerator und zeigt diese Leistung auch entsprechend beim Vortrieb. Dabei haben die Ingenieure jedoch vor allem auf eines geachtet: Stille – und das möglichst auf Niveau der S-Klasse. Dazu kommt viel Dämmung zum Einsatz. Sie reicht bis zur Kofferraumabdeckung, welche recht eindrucksvoll und effektiv verstärkt wurde.
In der Summe rollt der Maybach so leise und eher unauffällig vor sich hin, erst ein ordentlicher Druck auf das Gaspedal ändert den Charakter des großen Luxus-SUV. Dann drückt der 2,8 Tonner gewaltig nach vorne, bleibt dabei aber trotzdem akustisch zurückhaltend.
In 4,9 Sekunden auf die 100 km/h Marke
Die zur Verfügung stehenden 730 Newtonmeter Drehmoment schieben den großen GLS dabei innerhalb von nur 4,9 Sekunden auf die 100 km/h-Marke. Kann man machen – muss man aber nicht. Der Maybach kann sich zwar sehr flott bewegen, ist aber klar nicht für die Kurvenjagd oder die Rennstrecke gebaut. Hier ist die „Sport“-Taste im Fahrprogramm wohl eher eine Hommage an vergangene Zeiten.
Trotz der Opulenz des Fahrzeuges dauert die Fahrzeugeingewöhnung überraschend kurz an, auch wenn das Gefährt über stattliche Außenmaße verfügt. Große Außenspiegel sowie viele Glasflächen helfen dabei ebenso zum besseren Überblick, wie auch die elektronischen Assistenzsysteme und die 360 Grad Kamera beim Parkvorgang.
Wer vom Fahrzeug nichts mitbekommen möchte, tut es dann meist auch nicht. Regelrecht unbemerkt bleibt da , dass zwischen 800 und 4.250 Umdrehungen nur vier von acht Zylinder arbeiten. Auch der Übergang erfolgt komplett unbemerkt. Zum Umweltschützer wird man deswegen aber noch lange nicht.
Erfüllt hohe Ansprüche
Der Maybach-GLS ist ein Luxusgefährt für hohe Ansprüche. Speziell für mehr Komfort beim Fahren hat man sich dazu auch den „Maybach Fahrmodus“ einfallen lassen, der nicht nur grundsätzlich im zweiten Gang anfährt, sondern u.a. das Luftfahrwerk so reguliert, dass möglichst wenig Stöße und somit der höchste Komfort ankommt. Die Fahrwerksabstimmung ist dabei gezielt auf den Fond ausgelegt worden – also genau da, wo auch die wichtigste Person sitzt: hinten rechts. Im Maybach-Modus fährt sich der GLS dazu sehr sanft und unaufgeregt. Es soll eher ein Eindruck des „Schweben“ als des Fahrens entstehen. Die ausgezeichnete Luftfeder bügelt nahezu alles weg, was sich so an Unebenheiten auf der Fahrbahn befindet. Wank- und Nickbewegungen werden auch nur dezent weitergegeben.
Die „Curve“-Funktion lässt sich dazu optional ein- oder ausschalten, während man auf die Start-Stopp-Funktion aus Komfortgründen im eigenen Fahrmodi verzichtet.
Highlight ist definitiv der Fondbereich
Bei unserem Fahrtest zeigte sich aber auch schnell, wo das ultimative Highlight des Fahrzeuges sitzt. Hierzu muss man das Fahrzeug nicht selbst steuern, sondern einfach nur genau da Platz nehmen, wofür das Modell gedacht ist: für´s chauffiert werden. Demnach sitzt die Führungskraft hinten rechts im Fond. Erst hier zeigen sich die wahren Highlights des Modells auf dem Weg zu den roten Teppichen der Welt.
Im Fond Platz genommen, hat man die Qual der Wahl, wie man sitzen möchte oder ob man sich doch zuerst eine bequeme Massage gönnt. Getränke kommen gewohnt aus dem mittigen Kühlschrank, zur Arbeit stehen die üblichen Klapptische bereit. Wer sich ausgestreckt auf den Liegesitzen (nahezu wie in der First-Class Kabine einiger Airlines) zuerst einen Film anschauen möchte, kann dies ebenso tun, während die Welt da draußen an einem fast unbemerkt vorbeizieht. Noch kurz einen Champagner gefällig ? – die eigens dafür gestalteten Kelche stehen jederzeit bereit.
Warum Mercedes hier von einer „Wohlfühloase, die nur ein großes SUV bieten kann“ spricht, wird, sobald man im Fond Platz genommen hat, schnell klar. Ein Maybach-Modell selbst fahren? Bitte, wer dies möchte und auf das Highlight im Fond gezielt verzichtet, soll dies tun. Nur sich richtig Sinn ergibt das nicht unbedingt. Eine mögliche Ausnahme ist vielleicht, wer schnell zum Polo mit eigenem Pferd anreisen will. Da macht das Selbstfahren schon Sinn, zumal stolze 3.500 kg Anhängelast beim GLS Maybach zur Verfügung stehen.
Doch zurück in den Fond. Nahezu jede wichtige Funktion kann von hier gesteuert werden. Abgesehen von einer nicht verfügbaren automatischen Schließfunktion der Türen oder gar von Fahrfunktionen. Auch die Navigation für den Fahrer kann aus dem Fond angepasst oder geändert werden. Für eine bequeme Bedienung steht dazu das tragbare MBUX Tablett zur Verfügung, über welches die meisten Einstellungen getätigt werden können.
Fazit:
Der Mercedes-Maybach 600 4MATIC ist für uns optisch nicht das hübscheste Fahrzeug in der Modellpalette von Mercedes-Benz. Vor allem der mächtige Kühlergrill mit viel Chrom an der Frontstoßstange machte das Fahrzeug nicht sofort zum Hingucker. Auch die GLS Basis für ein Maybach-Modell fanden wir fraglich. Dieses Bild hat sich nach unserem Test und einem intensiven Kontakt mit dem Luxus-SUV mit Blick auf das Gesamtbild gewandelt.
Was die Werkhallen im US-Werk in Tuscaloosa verlässt, hat uns hinsichtlich Luxus und Fahrkomfort mehr als überzeugt. Zwar verzichtet man beim Maybach-Modell auf den Einsatz eines 12 Zylinders und nutzt hier lediglich den 8-Zylinder mit 4 Liter Hubraum und IS, was im Gegensatz zur Konkurrenz, nahezu mickrig erscheint. Dafür punktet der Maybach-GLS aber bei Fahrkomfort und Ausstattung um so mehr und lässt schnell das übermäßige Chrom an der Front vergessen.
Für China ist die Motorisierung aber wohl irrelevant: hier bietet man sogar eine Sechszylinder-Variante an, was folgerichtig aufgrund von hohen Strafzahlungen aufgrund der Abgaswerte mehr als Sinn macht.
Dass sich das Modell am Markt bzw. bei der anvisierten Kundschaft durchsetzt, zeigt auch die aktuelle Lieferzeit: wer aktuell ein Modell bestellt, bekommt es frühestens im Jahr 2023 . Also: Alles richtig gemacht, was den Mercedes-Maybach betrifft.
Was uns aufgefallen ist:
o Erster SUV mit Stern auf der Haube
o Für den europäischen Geschmack zu viel Chromelemente an der Front
o Feste Trennung zwischen Innenraum und Kofferraum
o keine Abtrennungsmöglichkeit zum Fahrer vorhanden
+ Sehr hoher Komfort im Fond
+ großzügiges Platzangebot
+ sehr hohe Materialanmutung, makelloses Leder
+ Flottes und bequemes Fahrgefühl
+ sehr gute Dämmung mit sehr wenig Geräuschen von außen
+ angenehmer „Maybach Fahrmodus“
o ausfahrbares Board anfangs ungewohnt.
Ausstattungsliste GLS-Maybach:
Mercedes-Maybach GLS 600 4MATIC | 162.494,50 € |
MAYBACH-Zweifarbenlackierung cavansitblau/iridiumsilber | 20.825,00 € |
designo Leder-Paket | 14.875,00 € |
designo Leder-Paket Exklusiv | 7.140,00 € |
Polster Leder Nappa kristallweiß/silbergrau pearl | 16.065,00 € |
designo Klavierlack flowing lines schwarz glänzend | 684,25 € |
First-Class Fond | 4.462,50 € |
Fahrassistenz-Paket Plus | 595,00 € |
E-ACTIVE BODY CONTROL | 7.735,00 € |
MBUX Augmented Reality für Navigation | 464,10 € |
Multifunktions-Telefonie | 345,10 € |
Business-Telefonie im Fond | 1.130,50 € |
Burmester High-End 3D-Surround-Soundsystem | 4.819,50 € |
MBUX Fond-Entertainment | 2.796,50 € |
TV-Tuner | 1.178,10 € |
Frontscheibe, beheizt | 690,20 € |
MAGIC VISION CONTROL | 464,10 € |
Servoschließen | 654,50 € |
ENERGIZING Paket Plus | 868,70 € |
Fußmatten Hochflor | 309,40 € |
Wärme-Komfort-Paket | 868,70 € |
Standheizung | 1.451,80 € |
URBAN GUARD Fahrzeugschutz | 595,00 € |
Anhängevorrichtung mit ESP Anhängerstabilisierung | 1.142,40 € |
Anhängerrangier-Assistent | 416,50 € |
Kühlfach im Fond | 1.309,00 € |
Cupholder temperiert | 249,90 € |
Cupholder temperiert im Fond | 249,90 € |
Fernbedienung für Standheizung | 238,00 € |
Garagentoröffner | 267,75 € |
Halter für Champagnerkelche | 952,00 € |
Feuerlöscher | 142,80 € |
2 kabellose Kopfhörer | 476,00 € |
Champagnerkelch sterlingsilber | 787,99 € |
Gesamtfahrzeugpreis | 257.744,69 € |
Bilder: Philipp Deppe / MBpassion.de