Fast jedes dritte Baufahrzeug in Deutschland trägt den Stern im Grill. Und das Baugeschäft hat große Tradition bei der Marke mit dem Stern: Mercedes Benz blickt inzwischen auf rund 125 Jahre Erfahrung in der Baubranche zurück.
Erste Lkw tragen bereits Bau-Gene in sich
Gottlieb Daimler stellt Ende des 19. Jahrhunderts den ersten Lastkraftwagen der Welt vor. Die neuartigen Lkw kommen nicht nur im Stückguttransport zum Einsatz, sondern werden schnell von Handwerkern und Baumeistern für den Transport von Werkzeug und Baumaterial entdeckt. Schon 1897, also gerade mal ein Jahr nach der Erfindung des Lkw durch Gottlieb Daimler, kann die Daimler-Motorengesellschaft ein Fahrzeug für fünf Tonnen Nutzlast präsentieren. Die erste Anwendung findet der neue 5-Tonnen-Lkw im Baustofftransport, denn die Versuchsfahrten führt Daimler höchstpersönlich in einer Dachziegelfabrik durch.
Als ab 1904 sogenannte Windenkipper aufkommen, bahnt dies zudem den Weg für schwere Schüttguttransporte: Mittels Kurbel und Zahnstange lässt sich die Ladebrücke einseitig anheben. Zwei Personen sind ausreichend, um fünf Tonnen Ladung bei entsprechender Übersetzung der Kurbel mit nur zwei Winden pro Lkw Herr zu werden. Dieses Verfahren bleibt Stand der Technik bis in die 1920er Jahre, in denen die hydraulische Kipperpresse die Handarbeit an der Kippbrücke sukzessive ablöst. Das ist die Geburtsstunde des Dreiseitenkippers: Denn der Hydraulikstempel als treibende Kraft machte es möglich, dass Schüttgut nun prinzipiell in drei statt bisher nur zwei Richtungen abrutschen zu lassen.
Weit vorausschauende Technik im ersten Lkw
Bemerkenswert ist, dass der erste Lkw die heute noch vor allem in Baufahrzeugen üblichen Außenplanetenachsen schon 125 Jahre vorwegnimmt: Denn das Riemengetriebe schickt die Kraft des Motors auf eine quer zur Längsachse des Wagens montierte Welle, deren beide Enden mit einem Ritzel versehen sind. Jedes dieser Ritzel greift nun seinerseits in die Innenverzahnung eines Zahnkranzes, der mit dem anzutreibenden Rad fest verbunden ist. In modernen Außenplanetenachsen endet diese Welle in den Radnaben in einem Sonnenrad, das mit 3 bis 5 Planetenrädern verbunden ist. Diese rollen auf einem feststehenden Hohlrad ab und treiben so die Räder an. So funktionieren im Prinzip seither die Außenplanetenachsen der schweren Mercedes-Benz Lkw bis heute zur aktuellen Arocs-Baureihe.
Bis auf zehn Tonnen, wie sie zum Beispiel der Dreiachser LK 10000 von 1937 trägt, kann Mercedes Benz die Nutzlast des Kippers in der Vorkriegszeit steigern. Dieser ist einer der ersten wirklichen Schwerlastwagen auf den Straßen. Das wuchtige Fahrzeug hat eine Leistung von 150 PS und verfügt über eine doppelt angetriebene Hinterachse (Achsformel 6×4).
Kantige Zweiachs-Kipper beginnen ab 1949 mit dem Wiederaufbau
Schnell kommt die Nachkriegsproduktion wieder auf die Beine. Im stark zerstörten Gaggenauer Werk erblicken notdürftig improvisierte L 4500 mit eckigem Fahrerhaus aus Holz das Licht der Welt.
Der 1949 vorgestellte Bestseller L 3250 war einer jener zupackenden Pragmatiker, mit denen die im gleichen Jahr gegründete Bundesrepublik Deutschland Kurs auf das Wirtschaftswunder nahm. Ein etwas gewichtigerer Bruder, der im Jahr 1953 auf den Plan tritt, hilft ihm dabei: In Form des L 4500, zu dieser Zeit dann L 312 genannt, steht er dem 3,5-Tonner als nahezu gleiches Fahrzeug – mit eben einer Tonne mehr an Nutzlast – ebenfalls äußerst erfolgreich zur Seite. Diese neuen Typen avancieren beide sofort zum Marktführer in ihrer Klasse und können diese Spitzenposition bis zur Ablösung im Jahr 1961 souverän behaupten.
Der L 6600 kommt als braves Arbeitstier für schwere Fälle
Um Anfang der 50er-Jahre auch nur 145 PS zu generieren, bedarf es allerdings immer noch eines größeren Quantums an Hubraum als 4,6 Liter, die beim Diesel OM 312 von 1949 vorhanden sind.
Als weiterer Meilenstein kommt als erste Neuentwicklung im Jahr 1950 bei Daimler-Benz der L 6600 mit der höheren Nutzlast von 6600 Kilogramm. Der L 6600 mit seinem 145 PS starken und 8,3 Liter großen Vorkammerdiesel OM 315 stammt aus dem Werk Gaggenau, das sich nun ganz auf die schwere Klasse konzentriert. Gegen Mitte der 1950er Jahre ergänzen dann auch wieder schwere zweiachsige Kipper, wie der LK 6600 das Programm. Doch wird es noch bis in die 1960er Jahre dauern, bevor Daimler-Benz auch wieder Dreiachser für den Bau fertigt.
Kurzhauber und leistungsstärkere Langhauber der 1960er Jahre
Als Kompromiss auf Rädern erblicken die im März 1959 erstmals vorgestellten neuen Kurzhauber von Daimler-Benz das Licht der Welt. Neue und besonders rigide Vorschriften bei den Maßen und Gewichten des Verkehrsministers Seebohm bringen das Aus für die traditionellen Langhauber, die sich mit ihren stattlichen Nasen auf einmal den Vorwurf der Platzverschwendung zu Lasten der Ladefläche gefallen lassen müssen.
Diese Hauben ein wenig zu schrumpfen ist nun das Gebot der Stunde. Denn die Konstrukteure sind gezwungen, bei begrenzten Außenabmessungen möglichst viel Platz für die Ladefläche zu schaffen und obendrein so leicht wie möglich zu bauen, um ein Maximum an Nutzlast bei ebenfalls rigide limitiertem Gesamtgewicht sicherzustellen. Gleich ganz auf die im Ausland bereits in Mode gekommene Frontlenkerbauweise umzuschwenken erscheint den Konstrukteuren wohl als zu gewagt. Es ist nicht eindeutig abzusehen, ob sich das Frontlenkerprinzip auf Dauer durchsetzen wird und ob die Kunden solch einen radikalen Schritt gutheißen würden.
Ein zentraler Vorteil des Kurzhaubers gegenüber den Frontlenkern: Der Motor ragt bei den Kurzhaubern nur moderat ins Fahrerhaus hinein, bietet also noch eine Art Durchstieg. So bleibt genügend Platz für einen dritten Sitz zwischen Fahrer und Beifahrer und weniger Wärme und auch weniger Geräusch dringen in die Kabine. Besser zugänglich ist der Motor beim Kurzhauber sowieso. Und bis zur Produktion der ersten kippbaren Frontlenkerkabinen soll es ohnehin noch Jahre dauern.
In dreierlei Gewichtsklassen tritt der neue Kurzhauber an: Als typischer mittelschwerer Lkw, hauptsächlich für den Nahverkehr und für nicht allzu schwere Aufgaben in der Bauwirtschaft gedacht, kommt der auf 10,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht ausgelegte L 322. Mit 12,0 Tonnen Gesamtgewicht stellt das Werk ihm ebenfalls im Frühjahr 1959 den schwereren L 327 zur Seite, der mit dieser Tonnage das maximal zulässige Gesamtgewicht entsprechend den Seebohmschen Vorschriften ausschöpft. Der L 323 (später L 710) schließlich übernimmt den Stab des L 311 (vormals L 3500) und versucht sich beim Gesamtgewicht als früher Vertreter der 7,5-Tonnen-Klasse (zGG).
Vor allem erweisen sich die schweren Ausführungen der Kurzhauber längst als regelrechte Exportschlager. Während die Produktion der leichten und mittelschweren Kurzhauber – je nach Typ – zwischen 1976 und 1984 ausläuft, halten sich die schweren Zweiachser L 1924, L 1928 sowie die Dreiachser L 2624 und L 2628 noch lange Jahre im Export. Erst Mitte der 90er-Jahre rollt solch ein kurzhaubiger L 1924 als letzter seiner Art in Wörth vom Band.
Zwei Dinge allerdings sollen das Programm noch ergänzen: zum einen ein Frontlenker mit Allradantrieb, zum anderen eine ganz kurze Kabine bei den Frontlenkern. So war beispielsweise der schwere LP nur mit mittellangem oder langem Fahrerhaus lieferbar. Um den kurz vor der Ablösung stehenden LP doch noch auf Allrad zu trimmen, greift man zu einer ungewöhnlichen Zwischenlösung: Der Frontlenker der Marke Hanomag-Henschel, die seit kurzem zum Unternehmen gehört, wird kurzfristig mit Mercedes-Benz eigenen V-Motoren sowie Verteilergetriebe und Außenplanetenachsen kombiniert.
Baukastensystem für die Neue Generation NG, NG 80, NG 85/ Schwere Klasse SK
So sind die Achsformeln 4×4 und 6×6 nun auch bei den Frontlenkern vertreten, bis die „Neue Generation“ 1973 ein völlig neues und klar strukturiertes Modellprogramm in das bisher etwas unstrukturierte Schwer-Lkw-Programm bringt. Anfang der 70er Jahre wird die NG (Neue Generation) und später der SK/MK (Schwere/ Mittelschwere Klasse) vorgestellt. Bemerkenswert: Die Pressevorstellung fand zuerst mit den Baufahrzeugen statt, die Fernverkehrsausführungen kamen erst später.
NG 80: Ab 1980 werden die Fahrzeuge der Neuen Generation mit überarbeiteten Baukastenmotoren in V-Bauweise als NG 80 mit wahlweise sechs, acht oder zehn Zylindern angeboten, die Reihensechszylinder bleiben weiter im Angebot.
NG 85: Eine dritte und letzte Überarbeitung findet im Jahr 1985 statt. Der in der NG 85 eingebaute Motor OM 442 war weltweit der erste Dieselmotor für einen Lastkraftwagen, der ein elektronisches Motorsteuergerät (bei Daimler-Benz Elektronische Dieselregelung (EDR) genannt) hatte. Ab 1987 war der NG 85 auch als Vierachser mit der Achsformel 8×8 lieferbar. Daimler-Benz baute zwei vierachsige Modelle, den 3528 AK mit freisaugendem V8-Motor OM 422 und den 3535 AK mit turboaufgeladenem V8-Motor OM 442 A ohne Ladeluftkühler. Beide Fahrzeuge waren für eine zulässige Gesamtmasse von 35 000 kg ausgelegt. Zunächst wurden die Vierachser bei der im schweizerischen Arbon ansässigen und zum Konzern gehörige Spezialschmiede NAW gebaut, später übernimmt Wörth die Fertigung.
Ab 1988 wird aus der Neuen Generation die Mercedes-Benz Schwere Klasse SK. Jetzt werden auch die Baufahrzeuge optional mit der Kabinen-Komfortfederung aus den Fernverkehrsfahrzeugen angeboten. Die neue schwere Nutzfahrzeugreihe SK präsentiert sich mit neuen Dieselmotoren, geänderten Fahrerhäusern, neuen Getrieben und Fahrgestellen ab 17 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Die Fahrzeuge der Schweren Klasse werden bis 1998 produziert und dann vom Actros abgelöst, der bereits ab 1996 parallel angeboten wird.
Vor 25 Jahren: Mit dem Mercedes-Benz Actros Bau steigen die Finessen
Eigens für den Fernverkehr und die Baustelle ging Mercedes-Benz vor 25 Jahren mit dem Actros an den Start. Dessen erste Generation, 1996 zum 100. Geburtstag des 1896 von Gottlieb Daimler erfundenen Lkw auf den Markt gebracht, markiert den Start einer Baureihe, die bis heute zur Spitze in ihrem Segment zählt.
Auch die Auszeichnung jeder Actros-Generation zum „International Truck of the Year“ durch Nutzfahrzeugjournalisten aus ganz Europa belegen den außerordentlichen Erfolg dieses Modells. Nach den Jury-Regeln wird der Titel jährlich an den Lkw vergeben, der den größten Beitrag zu Innovationen für den Straßentransport hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Emissionen, Sicherheit, Fahrbarkeit und Komfort geliefert hat.
Das zuverlässige, robuste Wesen sowie die Außenplanetenachsen bleiben dem ersten Actros Bau aus dem Jahr 1996 erhalten, die Zahl der Finessen aber steigt: Parabel- statt Trapezfedern rundum, hydraulisch-pneumatische Schaltung, ein neuer Vorderachs-Achslastausgleich für die Vierachser und nicht zuletzt ein optionales Gelände-EPS lauten die Highlights, mit denen der neue Bau Lkw von Mercedes Benz antritt.
2003 wird das automatisierte Getriebe serienmäßig verbaut, als die zweite Actros-Generation bei den Baufahrzeugen eingeführt wird. Die Fahrer freut das neue, ergonomische Interieur mit seiner hochwertigen Anmutung und Verarbeitung. Die Betreiber lernen die doppelt so langen Wartungsintervalle zu schätzen.
Die dritte Actros-Generation wurde im Jahr 2008 vorgestellt. Der Actros in Offroad Version bietet nun Schutzplatten für Motor und Kühler sowie Tank und wappnen ihn noch besser gegen die Risiken des harten Gelände-Einsatzes.
Der Neue Actros für den Fernverkehr, auch Actros 4 genannt, wird 2011 vorgestellt. Auf der IAA 2018 folgt dann die fünfte Actros-Generation.
Der Mercedes-Benz Arocs: Spezielle Lkw-Klasse fürs Baugewerbe
Auf der bauma 2013 wird die Actros-Variante für den Bau, der Arocs, vorgestellt. Zur Arocs-Baureihe gehören sämtliche Lastwagen und Sattelzugmaschinen für On- und Off-Road-Betrieb rund um den Bausektor. Speziell für die Baubranche hat Mercedes-Benz die Baureihe Arocs entwickelt, damit hat sich der schwere Bau-Lkw als Vollprofi im Markt etabliert und deckt die komplette Welt am Bau ab. Ob als schwerer Kipper, Betonmischer, Baustofftransporter, Sattelzugmaschine oder Schwerlastzugmaschine – der Arocs ist mit seiner stabilen Rahmenkonstruktion, seinem robusten Fahrwerk und den kräftigen Motoren überall auf der Baustelle wie im Bauzulieferverkehr zu Hause.
Der aktuelle Arocs für die Baustelle – auf der bauma 2019 vorgestellt – schreibt die stetige Entwicklung der Nutzfahrzeugtechnik durch zahlreiche technologische Neuerungen fort.
Der Arocs hat ebenso wie der Actros als erster Lkw eine MirrorCam statt klassischer Außenspiegel. Ein weiteres Highlight im neuen Arocs ist auch das Multimedia-Cockpit mit zwei großen, freistehenden Displays, das dem Fahrer einen hervorragenden Bedien- und Anzeigenkomfort bietet. Für den Arocs ist der Notbremsassistent Active Brake Assist 5 verfügbar. Dank Fußgängererkennung kann er im Bedarfsfall automatisch eine Vollbremsung bis zum Stillstand einleiten. So verfügt auch jeder Arocs – bis auf den Betonmischer – serienmäßig über den vorausschauenden Tempomaten Predictive Powertrain Control (PPC) in verbesserter Form. Das PPC kann seine Stärken insbesondere im Bauverkehr mit vielen, oft nur kurzen, Überlandfahrten ausspielen. Hier entlastet das System den Fahrer und hilft ihm, dauerhaft Treibstoff zu sparen.
Quelle: Daimler Truck AG