Der Mercedes-Benz 130 – der erste Heckmotorwagen der Daimler-Benz AG der Baureihe W 23

Der Mercedes-Benz 130 der Baureihe W23 wurde von Mercedes-Benz im Jahr 1934 bis 1936 produziert – mit Heckmotor leistet das Fahrzeug 19 kW bei 3400/min mit einer Höchstgeschwindigkeit von 92 km/h.

Der Mercedes-Benz 130 (W 23) wird im März 1934 auf der IAMA in Berlin vorgestellt. Er ist zum Zeitpunkt der Präsentation nicht nur der kleinste Serien-Pkw, der erste Heckmotorwagen und das erste Vierzylindermodell der Daimler-Benz AG, sondern auch der erste in Großserie hergestellte deutsche Heckmotorwagen, sieht man einmal von diversen Kleinstwagen ab. Offiziell trägt er nie das „H“ in der Typenbezeichnung, wenngleich es in werksinternen Dokumenten vielfach verwendet wird.

Der 1,3-Liter-Vierzylindermotor ist eine Neukonstruktion mit stehenden Ventilen und Steigstromvergaser, leistet 19 kW bei 3400/min und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 92 km/h. Damit ist das Fahrzeug sogar geringfügig schneller als der Typ 170. Zupass kommt ihm dabei seine für die damalige Zeit günstige Form. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von cW=0,516 liegt er auf dem Niveau eines Mercedes-Benz 230 SL von 1963 mit Hardtop, der auf einen Wert von cW=0,515 kommt, und deutlich unter dem in der Vorkriegszeit weit verbreiteten Mercedes-Benz Typ Stuttgart mit cW=0,662. Selbst ein VW Käfer von 1966, der noch den Vorteil der eingelassenen Scheinwerfer hat, liegt mit cW=0,498 nicht so viel besser, wie es die Differenz von 32 Jahren vermuten lässt.

Der Kraftstofftank mit 30 Liter Volumen befindet sich rechts neben dem Motor. Das zur besseren Achslastverteilung vor der Hinterachse platzierte Dreigang-Getriebe hat als vierte Fahrstufe einen Schnellgang, der dem Trend der damaligen Zeit entsprechend eine Overdrive-Funktion erfüllt. Dieser Schnellgang wird ohne das Treten des Kupplungspedals vorgewählt und durch das Loslassen des Gaspedals geschaltet. Beim anschließenden erneuten Gasgeben rastet der Gang automatisch ein. Hydraulische Vierradbremsen, auch noch nicht Standard dieser Fahrzugklasse in jenen Jahren, sorgen für eine sichere Verzögerung.

Der Typ 130 ist als zweitürige Limousine und als zweitürige Cabrio-Limousine lieferbar. Für Behörden-Sonderzwecke werden auch Versionen als offener Tourenwagen und Kübelwagen angeboten. Zudem hat es Pläne gegeben, auch das blanke Fahrgestell für Sonderkarosserien anzubieten, doch für die Umsetzung fehlen Nachweise.

Die Bezeichnung Cabrio-Limousine charakterisiert die zweite Fahrzeugvariante sehr exakt: Das Stoff-Faltverdeck öffnet auf Wunsch Dach und hintere Partie, während die Fahrzeug-Seitenwände feststehend sind. Das Äußere des neuen Automobils erfordert ein völliges Umdenken bei der eher konservativ geprägten Mercedes-Benz Kundschaft. Denn der Heckmotorwagen benötigt keinen klassischen, vorn angesiedelten Kühler, und bei Daimler-Benz ist man der Versuchung auch nicht erlegen, dem Fahrzeug durch einen Pseudokühler das Aussehen eines traditionell geprägten Frontmotorfahrzeugs zu verleihen.

Zwar gibt es entsprechende Versuche und Vorschläge aus dem Hause, doch man entscheidet sich konsequent für eine klare Gestaltung als Heckmotorfahrzeug. Dazu gehört auch ein Mercedes-Stern mit Umrandung, der auf der Fronthaube in die über die Haube laufende Wulst eingebettet ist.

Ein markanter Teil der neuen Fahrzeugoptik sind zudem Einlassgitter In den Seitenflächen unter den hinteren Seitenfenstern für die Luftzufuhr des über der Hinterachse platzierten Wasserkühlers. Die geschwungene Motorhaube prägen drei längs über die Haube verlaufende Entlüftungsschlitze, die aufgrund der darüber angebrachten Abdeckbleche dem Fahrzeug eine markante und unverwechselbare Heckansicht verleihen.

Der Typ 130 ist, wie man den Produktionsstatistiken des Hauses entnehmen kann, im Gegensatz zu später oft geäußerten Meinungen durchaus erfolgreich. Verzeichnet die Statistik im Jahr der Serienvorbereitung 1933 noch exakt ein Exemplar der zweitürigen Limousine vom Typ 130, entstehen 1934 bereits 2205 Stück, die zu einem Preis von jeweils 3425 RM angeboten werden. 1935 werden 1781 Stück (3680 RM) gefertigt, im Jahr 1936 noch 311 Stück (3200 RM).

Bilder: Daimler AG