G-Klasse reloaded – erste Fahrt im G 500

Die G-Klasse ist eine Ikone, für viele gar ein Leitbild, ein Statussymbol und Mythos. Seit 1979 gibt es den „G“ und seit 1993 heißt er offiziell G-Klasse. Mit den Jahren hat sich das Fahrzeug zum Geländewagen schlecht hin entwickelt. Immer wieder wurde der „kantige Kasten“ angepasst und trotzte so jeglichem Alter und Wandel. Nun war es Zeit, das wohl umfangreichste „Facelift“ seit der Produktion im Jahre 1979 probe zu fahren.

Der Geländewagen von Mercedes-Benz

Nach fast 40 Jahren ist die Zeit gekommen, für eine kleine Revolution. Doch wie erfindet man ein Kult-Auto neu – ohne ihm etwas von seinem ursprünglichen Charakter und Charme zu nehmen? Wir haben uns die „neue“ G-Klasse in Südfrankreich genauer angesehen und sind bei einer Testfahrt im G 500 auf die Suche gegangen, wie viel der Ur-Gene noch in der Ikone steckt.

Weiterhin als klare G-Klasse erkennbar

Die erste Überraschung der „neuen“ G-Klasse ist, dass sie optisch gar nicht mal so extrem neu aussieht. Hier von einer Modellpflege zu sprechen, scheint eher auf der Hand zu liegen, als von einer kompletten Neuentwicklung. Doch der erste Eindruck trügt: lediglich eine sehr geringe Anzahl an bestehenden Teilen wurde überhaupt übernommen, was für eine fast komplette Neuentwicklung spricht. Die kantige Silhouette der G-Klasse sowie bekannte Elemente, wie die prägenden Türgriffe, das Ersatzrad an der Hecktür oder die auffälligen Blinker, sind jedoch auch in der neuesten Generation geblieben – was den G auch weiterhin als G klar erkennbar macht.

Vergrößerte und Länge und Breite

Erst auf den zweiten Blick fallen Details des Geländewagens auf, wie die vergrößerten Dimensionen. Ganze sechs Zentimeter ist das Fahrzeug in die Länge gewachsen, zusätzlich aber auch satte 12 Zentimeter breiter geworden.  Damit wirkt der Geländewagen ein bisschen imposanter, als es bislang schon immer der Fall war. Neben einem neuen Drei-Lamellen-Kühlergrill inklusive leicht geändertem Stoßfänger ist die Front hingegen nur in kleinen Punkten verändert worden. So blieben die runden Scheinwerfer, die nun auch als optionale MULTIBEAM LED Scheinwerfer und kreisrunden Tagfahrlicht erhältlich sind – Neuheiten am Heck beschränken sich in erster Linie auf neue LED-Rückleuchten samt neuer Lichtgrafik und einen etwas angepassten Stoßfänger.

Ein G soll weiterhin ein „echter G“ bleiben

Die größte Entwicklungsarbeit für die neue G-Klasse erfolgte vor allen unter dem Blech auf der technologischen Seite, mit dem Ziel den Geländewagen fit für die Zukunft zu machen – denn ein G sollte auch weiterhin ein „echter G“ bleiben – aber parallel vom technologischen Fortschritt profitieren.  Diese Weiterentwicklung zeigt sich ganz besonders im Fahrgefühl des Modells. Jeder der schon mal eine G-Klasse gefahren ist, kennt das nicht sonderlich direkte Lenkgefühl. Aufgrund der Kugelumlauflenkung zeigte sich meist eine verzögerte Rückmeldung auf Lenkbewegungen bis der G die Fahrtrichtung zu ändern begann, höhere Geschwindigkeiten verstärkten diesen Eindruck noch zusätzlich. Insgesamt hatte man hier eher das Gefühl, ein besonders schwereres und wenig dynamisches Fahrzeug zu bewegen. Hier setzten die Ingenieure von Mercedes-Benz jetzt einen der Schwerpunkte in der Entwicklung.

Elektromechanische Zahnstangenlenkung

In der „neuen“ G-Klasse ist das nun komplett anders, durch den Einsatz einer elektromechanischen Zahnstangenlenkung, zeigt sich diese mit einem fühlbar direkten Lenkeindruck bei der Testfahrt. Die neue Lenkung vermittelt eine gute Lenkunterstützung und gibt zudem auch eine solide und gute Rückmeldung von der Straße – und was noch viel wichtiger ist: das auch auf unbefestigtem Untergrund. Je nach eingestelltem Fahrprogramm – Comfort, Sport oder Offroad – mittels DYNAMIC SELECT verändert sich das Gefühl der Lenkungsauslegung durch drei Kennlinien: Leichtgängig in Comfort, straffer in Sport und indirekter in Offroad.

Pluspunkt auf der Straße

Auf der Straße liegt die neue G-Klasse nun viel stabiler und punktet zudem mit einem guten Geradeauslauf. Insgesamt macht das Fahrzeug einen noch komfortableren aber zugleich auch wirklich agilieren und handlicheren Eindruck. Auch wenn sich der hohe Aufbau nicht verheimlichen lässt, kann der Offroader trotzdem auch ziemlich „zackig“ durch die Kurven.  Das die G-Klasse auch rund 170 Kilogramm leichter geworden ist, ist hier zusätzlich dienlich.  Aufbaubewegungen, wie zum Beispiel Wanken halten sich im überschaubaren Rahmen und erst wenn es sehr knackig zur Sache geht, fängt auch die G-Klasse ein bisschen an, über die Vorderräder zu schieben.

Doppelquerlenker-Vorderachse

Maßgeblich verantwortlich für die deutlich gesteigerten Fahreigenschaften ist vor allem das neue Fahrwerk, hier ganz besonders die neue Doppelquerlenker-Vorderachse. Direkt am Leiterrahmen befestigt bietet die neue Einzelradaufhängung eine gute Basis für die gesamte Fahrbarkeit des Modells – was man auch auf jedem Meter mit dem Geländewagen bemerkt.

Die Hinterachse wurde ebenfalls überarbeitet, hier bleibt es jedoch weiterhin bei einer Starrachse, welche nun aber mit vier Längslenkern auf jeder Seite und einem Panhardstab geführt wird. Zweifel an den Geländeeigenschaften sind an dieser Stelle absolut unbegründet – auch die neue G-Klasse packt das Offroad Abenteuer in der gewohnten Art und Weise an: nämlich einfach mühelos und vielleicht sogar noch ein bisschen besser als bisher.  Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht verwunderlich, das die Ingenieure hier irgendwelche Abstriche machen würden, denn das ist schließlich die Paradedisziplinen des Modells.

24 Zentimeter Bodenfreiheit

Sowohl die neue Vorder- als auch die überarbeitete Hinterachse wurden ein wenig höher gelegt und bieten nun in der Summe 24 Zentimetern Bodenfreiheit, damit ist die G-Klasse bestens für unbefestigtes Terrain gerüstet. Weiterhin vorhanden sind die drei 100-prozentigen Differenzialsperren sowie die Geländeuntersetzung LOW RANGE. Neu ist der „G-Mode“, welcher für maximale Geländegängigkeit die optionale Verstelldämpfung des Fahrwerks, die Lenkung sowie die Kennlinie von Motor und Getriebe anpasst – ein weiteres Werkzeug, um „den G“ dort zu bewegen, wo es keine feste Wege und Straßen gibt. Steigungen von bis zu 100 Prozent oder Wasserdurchfahrten von bis zu 70 Zentimeter stellen das Modell auch weiterhin vor keine Probleme.

3 Differenzialsperren

Wie viel Potenzial im neuen Fahrwerk steckt, konnten wir auf einer intensiveren Offroad-Runde selbst „erfahren“. Leichtfüßig – und auch ein bisschen spielerisch – ging es mit dem G 500 über Stock und Stein die steilsten Rampen hinauf. Je nach Untergrund – und mit einer oder allen eingeschalteten Sperren – ist immer Traktion an einem der vier Räder vorhanden  und sorgt für Vortrieb. Starke Bodenunebenheiten schluckt das Modell und sein neues Fahrzeug dabei sehr gut – so als wäre im Grunde nichts störendes vorhanden.

Rundumblick verbessert

Damit der Fahrer des G-Modells insbesondere im Offroad-Betrieb zusätzlich unterstützt wird, sorgt zusätzlich eine nun optional erhältliche 360°-Kamera für den notwendigen Rundumblick aus der Vogelperspektive.

Hindernisse, die sich unterhalb der Fensterlinie oder vor dem Fahrzeug befinden, wie zum Beispiel eine Kuppe oder größere Steine, bleiben von nun an nicht mehr verborgen. Außerdem zeigen dynamische Hilfslinien den Fahrweg sowie die Breite der Fahrzeuges  an und erlauben so Fahraktionen auch auf engstem Raum. Der speziell entwickelte Offroad-Bildschirm informiert mit zusätzlichen Informationen, wie Höhe, Steigung, Schräglage, Kompassdaten, Lenkeinschlag sowie über eventuell bereits aktivierte Differenzialsperren.

G 500 mit 422 PS und 610 Nm Drehmoment

Im von uns gefahrenen G 500 sorgte der mit 422 PS und 610 Newtonmetern Drehmoment sehr leistungsstarke 4,0-Liter V8-Biturbo-Motor für mehr als kraftvollen Vortrieb. Alles wirkt dabei unaufgeregt und souverän – egal ob auf der Straße oder abseits davon. Leistung liegt immer und in allen Drehzahlbereichen an und wird von einem tollen und kernigen Motorsound umrahmt. Das Gesamtpaket des „zivilen“ Achtzylinders passt dabei sehr gut, für mehr Leistung – und noch präsentieren Motorsound ist der Mercedes-AMG G 63 (dazu mehr in einem extra Fahrbericht in Kürze) zur Verfügung.  Für Diesel-Fans folgt im Dezember 2018 der Reihen-Sechszylinder (OM 656) als G 350 d.

9G TRONIC Automatikgetriebe

Die Kraftübertragung der G-Klasse erfolgt über das speziell auf die Offroad-Anforderungen abgestimmt 9G-TRONIC Wandler-Automatikgetriebe. Die Schaltvorgänge erfolgen dabei nahezu unmerklich und mit wenig hektischem hoch- oder runterschalten, was vor allen im Gelände ein Vorteil ist und der Gang dort, trotz lupfen des Fahrpedals, gehalten wird. Alternativ besteht hier auch die Möglichkeit, auf den manuellen Schaltmodus zu wechseln, um dort zum Beispiel nur im ersten Gang mit viel Motorbremsleistung eine Gefällstrecke zu bewältigen.

Direkt an das 9G-TRONIC angeflanscht ist übrigens das neue Verteilergetriebe, welches so abgestimmt ist, das das Antriebsmoment zu 40 Prozent auf die Vorderachse sowie 60 Prozent auf die Hinterachse gelangt.

Interieur überarbeitet

Aber auch die inneren Werte der „neuen“ G-Klasse wurden überarbeitet – und auch hier hat sich in der neuen Generation des Geländewagens eine ganze Menge getan. Vor allem die Änderungen am Innenraum, sind neben dem neuen Fahrwerk, genau die Merkmale, die der Fahrer am stärksten fühlen und feststellen kann.

Zuwachs im Innenraum

Der Zuwachs an Breite und Länge der G-Klasse spiegelt sich insbesondere an gestiegenen Platzverhältnissen bei Fahrer und Beifahrer sowie den Fondpassagieren wieder. Der bislang beengte Raum gehört nun der Vergangenheit an. Deutlich wird dies unter anderem  am sogenannten Ellenbogenmaß, welches vorne um fast 7 Zentimeter zugelegt hat. Eine Änderung, die man sofort bemerkt, sobald ein Beifahrer zugestiegen ist.

Noch stärker werden die Zuwächse bei der Beinfreiheit im Fond sichtbar, der jetzt mit einem Plus von 15 Zentimetern einen deutlichen Raumgewinn bietet. Eine Sitzprobe auf der Rücksitzbank bestätigte hier die Papierwerte sehr schnell und deutlich.  Zusammen mit den neuen – sehr komfortabel geformten – Sitzen (wahlweise auch mit Memory-Funktion, Sitzheizung oder als Aktiv-Multikontursitz mit Massagefunktion) sind das für uns die markantesten Punkte auf der Testfahrt, die wir in der neuen G Klasse feststellen konnten.  Man fühlt sich richtig wohl – egal ob in der ersten oder der zweiten Sitzreihe – und eine längere Fahrtdauer wird nun (endlich) als wirklich angenehm in der G-Klasse empfunden.

Mehr Technik für eine Ikone

Steigt man in den „G“-eländewagen ein, fällt der Blick zuerst auf die neu gestaltete Instrumententafel. Wie in der neuen E- und S-Klasse kommt auf Wunsch das sogenannte Widescreen-Cockpit aus zwei 12,3 Zoll-Displays zum Einsatz. Vor allem in dieser Ausstattungskonfiguration wirkt der neu gestaltete Innenraum der G-Klasse sehr modern – ja fast schon ein bisschen zu sehr für eine Ikone.  Aber das ist und bleibt natürlich Geschmackssache – zumal analoge Instrumente weiterhin (in der Serie) erhältlich bleiben. Klassische Merkmale, wie der Haltegriff vor dem Beifahrer oder die drei großen Schalter für die Differenzialsperren in der Mittelkonsole bleiben an der gewohnten Stelle.

Fazit

Nach der Testfahrt steht unser Urteil fest: Die neue G-Klasse präsentiert sich auch im Jahr 2018 in Bestform. Egal, ob man mit dem Geländewagen off- oder onroad unterwegs ist, der Geländewagen überzeugt bei allen Einsatzbedingungen mit sehr guten Fahreigenschaften und beweist größere Leistungsfähigkeit als jemals zuvor. Im Gelände kommt – überspitzt gesagt – im G nahezu S-Klasse Feeling auf.  Ein guter Job also für die Grazer Produktion bei Magna Steyr. Kritik gibt es hingegen nur beim Preis – welcher erst ab 107.040,50 Euro startet.

Trotz der umfangreichen Überarbeitungen hat das Modell aber nichts vom eigentlichen Charakter verloren und bleibt auch klar als als das erkennbar, was es seit jeher ist. Eine Ikone, nur noch deutlich besser als bisher.

Testwagen im Überblick:

  • G 500 107.040,50 €
  • AMG Line 3.653,30 €
  • Night-Paket 2.261,00 €
  • Brillantblau 0,00 €
  • Exklusiv Interieur 6.420,05 €
  • Polster designo Leder Nappa zweifarbig platinweiß/schwarz 0,00 €
  • Zierelemente Metallstruktur 535,50 €
  • Fahrwerk mit adaptiver Verstelldämpfung 1.547,00 €
  • MULTIBEAM LED 1.368,50 €
  • Fahrassistenz-Paket 1.606,50 €
  • Park-Paket mit 360°-Kamera 2.368,10 €
  • TV-Tuner 1.190,00 €
  • Burmester Surround-Soundsystem 1.547,00 €
  • Konnektivitäts-Paket Komfort 297,50 €
  • Widescreen Cockpit 1.011,50 €
  • Aktiv-Multikontursitz-Paket 3.623,55 €
  • Schiebedach 1.796,90 €
  • Frontscheibe, beheizt 535,50 €
  • Wärmedämmend dunkel getöntes Glas 470,05 €
  • Ambientebeleuchtung 476,00 €
  • Multifunktionslenkrad beheizt 321,30 €
  • Gummimatte für Laderaum 130,90 €
  • EASY-PACK Laderaumabdeckung 166,60 €
  • Trennnetz 178,50 €
  • Sidebags im Fond 452,20 €
  • Anhängevorrichtung, Kugelkopf 714,00 €
  • Warnwesten für Fahrer und Passagiere 29,75 €
  • Kraftstoffbehälter mit größerem Volumen (100l) 119,00 €
  • Gesamtfahrzeugpreis 139.860,70 €

Bilder: ©Philipp Deppe / MBpassion.de

14 Kommentare
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Torx
5 Jahre zuvor

Kleine Anmerkung: Anstatt „[…] dem Geländewagen schlecht hin entwickelt.“ ist wohl eher „[…] zum Geländewagen schlechthin entwickelt.“ gemeint. 🙂

Reply to  Torx
5 Jahre zuvor

Geändert. Danke.

Julian
5 Jahre zuvor

Danke für den tollen Bericht!

Konntet ihr in Erfahrung bringen, warum es keine Stereokamera gibt und die Assistenzsysteme somit v.a. hinter den Limousinen-Mercedessen (A,C,E,S&Co.) zurückbleiben?

Julian
Reply to  Philipp Deppe
5 Jahre zuvor

Danke Philipp! Spannende Info 🙂

Rene
5 Jahre zuvor

Ich finde das neue G-Modell sehr gut gelungen einzig die Außenspiegel passen nicht zum G

Rene
Reply to  Philipp Deppe
5 Jahre zuvor

Ja viel zu Rund beim Alten waren sie noch Kantiger obwohl sie schon moderner waren.

W211
5 Jahre zuvor

Danke für den Bericht!!

Könnt Ihr mir sagen ob sich die Geräuschdämmung im Vergleich zum Vorgänger verbessert hat?

Danke im Voraus

Tiroler G Fahrer
5 Jahre zuvor

Kommt irgendwann mal MBUX und Hybrid?

driv3r
Reply to  Tiroler G Fahrer
5 Jahre zuvor

MBUX wird man vorerst nicht einführen. Es gab ja für das Fahrzeug jetzt gerade erst ein umfassendes Update. Und ähnlich zu den Assistenzsystemen: Für die typischen G-Klasse Kunden steht das nicht zu sehr im Mittelpunkt. Das man die Offroad-Fähigkeiten erhält ist die oberste Maßgabe.
Das Thema Plug-In-Hybrid wird – zu einem gegebenen Zeitpunkt – zu diskutieren sein. Dabei darf aber nicht der zuvor genannte Punkt komprimiert werden. Eine EQ-Boost-Funktion ist wesentlich leichter zu integrieren. Trotzdem ist beim G allgemein das Thema Bauraum (einfach aufgrund des Alters der Grundkonzeption) eher problematisch.

Jürgen
5 Jahre zuvor

beheizbare Frontscheibe: Am Vorgänger haben mich die sichtbaren Fäden in der Frontscheibe sehr gestört. Euer getestetes Modell hat laut euren Angaben auch eine beheizbare Frontscheibe. Sind die Heizfäden immer noch so störend, oder wurde dies verbessert ? Vielen Dank im Voraus