Allein das schlechte Wetter brachte uns bei unseren Roadtrip Richtung Lissabon von der grob geplanten Route ab. So ging es am zweiten Fahrtag vom Norden Spaniens an das Mittelmeer – von San Sebastián über Saragossa in das knapp 750 km entfernte Alicante. Unser zuverlässiger Begleiter: die Business-Limousine EQE von Mercedes-Benz.
Von Donostia-San Sebastián nach Alicante
Frühmorgens machten wir uns von unserer ersten Übernachtung in Spanien im eindrucksvollen Donostia-San Sebastián Richtung Mittelmeer auf. Die Routenführung übernahm erneut das MBUX System mit der intelligenten Routenführung. Die Eckdaten blieben dabei gleich: 20 % Ladestand am jeweiligen Ladepunkt und Zielort. So setzte uns das System die Route über die A15 grob an Pamplona vorbei, um bei Saragossa auf die A23 zu wechseln. Die Route sollte dabei u.a. an Teruel vorbei gehen und unweit von Valencia auf der AP-7 entlang der Küste bis nach Alicante führen.
MBUX meldete früh um 9:30 Uhr eine Zielankunft um 18:14 Uhr. Viel Navigationsleistung war vom System jedoch nicht verlangt, dabei sah es wohl nach viel Arbeit für das DISTRONIC System aus – mit langen Strecken ohne viel Kurven durch viel spanisches Flachland. Die alternative Strecke über den Großraum von Madrid lehnten wir hingegen ab. Die Änderung bei der Route hatte dabei vor allen einen Vorteil: da das Ladenetzwerk im Norden Spaniens hinsichtlich Schnelladestationen noch etwas dürftig war, sah es auf der geplanten Route nun deutlich besser aus.
Quer durch Spanien
Wenige Kilometer nach Donostia-San Sebastián wurde unsere Wegstrecke noch kurzzeitig bergig, bevor es langsam ins spanische „Flachland“ ging. Erst hier aktivierten wir die DISTRONIC PLUS Funktion der Business-Limousine und ließen uns bequem auf der Autobahn Richtung Ziel führen. Ganz ohne Hindernisse lief dies jedoch nicht ab: zwar funktionierte das System sowie der Lenkassistent grundsätzlich problemlos, Schwierigkeiten gab es jedoch mit der Verkehrszeichenerkennung. Trotz nicht vorhandener Verkehrszeichen wurde die Geschwindigkeit mehrfach grundlos auf 70 km/h gedrosselt. Hier lag der Fehler vermutlich aber nicht am verbauten Kamerasystem, sondern an falsch hinterlegten Daten der Kartendaten und sollte mit einen späteren Online-Update wieder bereinigt werden.
IONITY Schnelladesäule mit nur wenig Ladeleistung
Die IONITY Schnellladestation unweit von Pamplona in Imarcoain machte uns später jedoch zusätzlich unerwartet Kopfschmerzen. Konnte man sich sonst auf die Ladesäulen des Anbieters als „rettender Anker auf der Langstrecke“ ziemlich gut verlassen, waren die dort zur Verfügung stehenden Lader eher schwach auf der Brust. Die Ladegeschwindigkeit wollte nicht oberhalb von 30 kW ansteigen, was für uns einen unnötigen zeitlichen Halt bedeutet hätte. Da half weder ein Säulenwechsel noch ein mehrfach versuchter Neustart des Ladevorgangs. Vermutlich lag hier ein technisches Problem beim Anbieter vor, in dessen Fall IONITY den Strom in der Regel kostenfrei abgibt. Davon hatten wir aber nichts, zumal wir die Ladestopps so kurz wie möglich halten wollten.
Eine längere Standzeit wollten wir auch nicht in Kauf nehmen und gingen schnell auf Alternativsuche, die wir wenige Kilometer entfernt in Form von zwei Schnellladesäulen beim örtlichen Porsche-Center in Pamplona fanden. Die dortigen Mitarbeiter waren mehr als freundlich und hilfsbereit, zumal man „unser“ Stuttgarter Kennzeichen von dessen eigenen Werksfahrzeugen kannte. Zeit also für ein kurzes Gespräch und kostenlosen Café mit Keksen, selbstverständlich auch mit Blick auf das elektrische Angebot des „anderen“ Stuttgarter Herstellers. So wurde der EQE (in unserer Variante als als Edition 1) hinter der Werkstatt wieder für die nächste Langstreckenetappe vorbereitet, während wir vorne im Verkaufsraum uns weiterbildeten.
Der zweite Ladepunkt des Fahrtages erfolgte dann erst gegen 13:00 Uhr bei der IONITY Station in Saragossa mit 41 % Ladestand, der dritte Halt gegen 17:00 Uhr dann bei der Iberdrola Charging Station in der kleinen Ortschaft Geldo (Castellón) mit knapp nur 650 Einwohnern und 23 % Restladung. Geladen wurde jeweils nur zwischen 30 und 40 Minuten bis auf einen Ladestand von knapp 90 % SoC.
Nie unter 20 % SoC an der Ladesäule
An unseren Ladepunkten war grundsätzlich eine maximal mögliche Ladegeschwindigkeit von 350 kW verfügbar – selbst in der spanischen Provinz. Jedoch waren hier jeweils immer nur zwei Ladesäulen vorhanden, selbst an den angefahrenen IONITY „Ladeparks“. Alternative Ladepunkte unweit der geplanten Ladestopps waren vorhanden, meist aber nur mit 50 kW ausgestattet. Unsere Strategie, die Ladepunkte niemals unter 20 Prozent anzufahren, hielten wir weiterhin aufrecht. Jedoch versuchten wir, die Ladung jeweils auf knapp 90 % SoC „zu strecken“, um mindestens 70 % des Akkus zu nutzen. Die Bequemlichkeit der Sicherheit, am Ziel anzukommen, war uns wichtiger als ein schnelleres Vorankommen von A nach B und der Ausreizung der kompletten Batteriekapazität des EQE. Die Routenplanung von Mercedes-Benz war dazu ein sicherer Anker, eine Alternative via Handy-App war vollkommen unnötig und im Endeffekt zu ungenau für eine genauere Routenplanung.
10 Minuten Ladezeit für knapp 160 km Reichweite
Beim Nachladen zeigte sich der EQE in der Summe jedoch grundsätzlich als gutes Reisemittel und unproblematisch an den Ladesäulen verschiedener Hersteller. So konnten wir in der Regel innerhalb von 20 Minuten knapp über 300 Kilometer Reichweite „nachladen“, in 10 Minuten bestenfalls sogar über 160 km. Die Ladekurve zeigte sich real bis 50 Prozent grundsätzlich oberhalb von 150 kW und fiel erst dann kontinuierlich ab. So lag die Ladeleistung bei 60 % SoC bei knapp 130 kW und fiel bei 70 % auf rund 110 kW ab. Beim üblichen „Ladeziel“ von 80 Prozent lag die Geschwindigkeit nur noch knapp über 70 kW.
In der Ortschaft Geldo – noch in der Provinz Castellon gelegen- machten wir uns spontan auf, die Örtlichkeit zu erkunden und beim Bäcker ein wenig Verpflegung zu kaufen. Unsere wenigen „Brocken“ spanisch konnten wir mit Händen und Füßen ergänzen, das führte dann zu lustigen Momenten und viel Gelächter in der Bäckerei. Abseits der üblichen Touristenorte war es eindrucksvoll, ein typisches spanisches Dorf zu besichtigen. In Saragossa mussten wir zusätzlich einen Mittagshalt einlegen, wobei wir in der direkten Nähe der Ladestation dazu keine Möglichkeit hatten. Hier war nach dem Ladevorgang zusätzlich ein kurzer Abstecher in die Ortschaft selbst notwendig.
Ebenso „touristisch interessant“ war gegen 15:00 Uhr ein kurzer Zwischenstopp in der Tiefebene von Teruel, dessen Aerodrom kurzzeitige Heimat von vielen Langstreckenmaschinen verschiedener Airlines geworden war. So waren hier ebenso noch zahlreiche A 380 Maschinen der Lufthansa geparkt, wie viele anderen Maschinen anderer Airlines. Den Abstecher von der Route nutzten wir parallel für die übliche spontane Hotelbuchung.
Erster Blick auf das Mittelmeer
Einen ersten Blick auf das Mittelmeer konnte wir erst kurz vor 18 Uhr auf Höhe Sagunt erblicken, nachdem wir die die lange Strecke zwischen dem Norden und Süden von Spanien durchquert hatten. Dabei wurde es gefühlt jeden Kilometer wettermäßig immer angenehmer, gleichzeitig stiegen die Temperaturen schnell an. So waren die Temperaturen an der Nordküste noch unter 10 Grad und verdoppelten sich bis zum Ziel. Die Entscheidung, die Wegstrecke auf die Südküste von Spanien umzuplanen, bestätigte sich schnell positiv. Kräftezerrend war es jedoch trotzdem, auch wenn unser Fahrzeug uns bequem und zuverlässig durch Spanien transportierte.
Die Ankunft am Tagesziel erfolgte gegen 20:30 Uhr mit einen Ladestand von 36 Prozent SoC. Am Übernachtungspunkt in Alicante konnten wir das Fahrzeug dann am Hotel nicht nur kostenlos parken, sondern auch ohne Gebühr laden. Vom Grundsatz zweckmäßig, wobei sich bei einer maximalen Ladegeschwindigkeit von 3,7 kW schnell Ernüchterung breitmachte. Kostenfreier Strom war nett, aufgrund der Akkugröße war aber bereits am Abend klar: voll wird der Fahrakku des EQE bis zu unserer Abfahrt nicht.
Den Rest des Abends nutzten wir für eine Besichtigung der Stadt, der Burg Castillo des Santa Barbara und des Hafens, diesmal aber weitestgehend zu Fuß. In der Tiefgarage am Hafen trafen wir dann noch auf einen EQE 43, interessanterweise in der gleichen Farbe wir unser Modell. Ein seltener Zufall, zumal es die erste Sichtung eines anderen EQ-Modells auf unserer Tour war. Rückblickend waren die Ladesäulen bislang auf unserer Route vollständig frei – andere Elektrofahrzeuge konnten wir bislang nicht entdecken.
Alles in allem ein gelungener weiterer Fahrtag mit einigen Überraschungen und interessanten landschaftlichen Eindrücken. Für die Langstrecke waren wir mit dem EQE 350+ jedoch bestens beraten – bequem und für den Zweck ideale Abmessung und Motorisierung. Optik hin oder her, rein technisch liefert das Fahrzeug genau das ab, was man erwartet. Die Bedienung, der Komfort passt ebenso, wie die Routenplanung.
Den Verbrauch regelt sich langsam nach unten, jedoch bekommen wir diesen wohl nicht auf die WLTP-Angaben des Herstellers – schon alleine aufgrund der optionalen Ausstattung und Bereifung des Modells. Unter 20 kwh pro 100 km kommen wir so aber wohl nicht. In Alicante ist der Roadtrip aber noch lange nicht beendet. Für die weitere Routenplanung einigten wir uns für eine Fahrt grob entlang der Mittelmeerküste Richtung Malaga weiter bis Gibraltar.
Übrigens: der Kollege Björn Habegger von AUTOHUB.de hat sich den EQE 350+ die Tage selbst angesehen – seinen Testbericht findet man dazu hier.
Bilder: MBpassion.de