Mercedes-Benz steht in China unter massivem Druck. Eine neu eingeführte Luxussteuer trifft die Premium-Modelle des Konzerns empfindlich – und verschärft damit die ohnehin schon schwierige Lage auf dem wichtigsten Automarkt der Welt.
Luxussteuer rückt Mercedes-Modelle ins Visier
Seit dem 20. Juli erhebt China eine neue Luxussteuer in Höhe von 10 Prozent auf Fahrzeuge mit einem Preis ab 900.000 Yuan – umgerechnet knapp 108.000 Euro. Das ist eine drastische Senkung gegenüber der bisherigen Grenze von rund 1,3 Millionen Yuan. Die Steuer betrifft dazu nun auch Elektro- und Wasserstofffahrzeuge – eine Entwicklung, die vor allem Mercedes-Benz trifft.
Modelle wie der Mercedes EQS, der vollelektrische EQS SUV, die AMG-Performance-Serien sowie gut ausgestattete Varianten der S-Klasse liegen über dieser Schwelle. Die Folge: empfindliche Preisaufschläge, die das Kaufinteresse chinesischer Kunden zusätzlich dämpfen.
Verkaufszahlen im Sinkflug
Die Belastung trifft auf einen ohnehin angeschlagenen Markt. Im ersten Halbjahr 2025 brach der Mercedes-Absatz in China um knapp 19 Prozent ein. Bereits im ersten Quartal waren die Verkäufe dort um 10 Prozent zurückgegangen. Auch der globale Trend zeigt nach unten: Der Gesamtabsatz des Konzerns fiel weltweit um 9 Prozent.
Besonders problematisch ist die Entwicklung bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Die Mercedes-EQ-Modelle verkauften sich in China deutlich schlechter als erwartet – die BEV-Auslieferungen sanken im zweiten Quartal um 24 Prozent.
Qualitätsprobleme und aggressive Rabatte
Zusätzlichen Imageschaden verursachen Rückrufaktionen: Allein im ersten Halbjahr 2025 musste Mercedes rund 49.000 Fahrzeuge in China zurückrufen – darunter sowohl lokal produzierte als auch importierte Modelle. Grund waren technische Mängel sowie Softwareprobleme.
Zugleich versuchte das Unternehmen mit massiven Preisnachlässen gegenzusteuern. In einzelnen Fällen wurden bis zu 50 Prozent Rabatt auf Elektro-Modelle wie den EQB oder EQE gewährt. In der Folge gab es sinkende Margen und ein wachsender Verlust an Markenwert im Premiumsegment.
Um gegenzusteuern, hat Mercedes umfassende Maßnahmen eingeleitet. Dazu gehören:
- Kooperationen mit chinesischen Technologieunternehmen, etwa bei Fahrassistenzsystemen (z. B. mit Momenta).
- Straffung der Vertriebs- und Finanzstruktur: In China sollen laut internen Berichten bis zu 15 Prozent der Stellen gestrichen oder umstrukturiert werden.
- Lokale Fertigung elektrischer Modelle, darunter eine Langversion des CLA auf der neuen MMA-Plattform, speziell für China.
Zudem passt das Unternehmen seine Erwartungen an: Die Gewinnprognose für 2025 wurde vom Stuttgarter Autobauer zurückgezogen, die operative Rendite in der Pkw-Sparte auf nur noch 6–8 Prozent gesenkt.
Wachsende Konkurrenz aus dem Inland
Gleichzeitig erobern chinesische Marken immer mehr Marktanteile. Hersteller wie BYD, Zeekr, Nio oder Xpeng punkten mit moderner Software, digitaler Vernetzung und wettbewerbsfähigen Preisen – meist unterhalb der neuen Steuergrenze.
Im Vergleich dazu wirkte Mercedes zuletzt träge. Der Marktanteil des Unternehmens schrumpfte laut Branchenanalysen im ersten Halbjahr 2025 deutlich – Mercedes rutschte in den Verkaufscharts auf Platz 15 ab.
Wendepunkt für Mercedes in China
Die neue Luxussteuer wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf eine bereits existierende Absatzkrise. Mercedes-Benz steht in China vor einem strukturellen Umbruch: Ein schwacher Elektroabsatz, Qualitätsschwächen und politische Rahmenbedingungen gefährden die Position des Traditionskonzerns.
Ohne radikale Anpassungen an lokale Marktgegebenheiten, Technologietrends und Preissensibilität könnte Mercedes-Benz den Anschluss verlieren – nicht nur im Volumen, sondern auch in seiner strategischen Relevanz auf dem wichtigsten Automarkt der Welt.
Symbolbilder: Mercedes-Benz Group AG