Vor 35 Jahren begründet der W 201 die Geschichte der C-Klasse

Vor 35 Jahren am 8. Dezember 1982 präsentiert Mercedes-Benz die Baureihe W 201.  Mercedes-Benz bringt zum Start  die Typen 190 und 190 E . Damit beginnt ein völlig neues Kapitel in der jüngeren Geschichte der Stuttgarter Marke. Denn die damals als Kompaktklasse bezeichnete Baureihe W 201 erweitert das Produktprogramm um eine vierte Baureihenfamilie neben den Luxuslimousinen der S-Klasse, den Typen der oberen Mittelklasse (die spätere E-Klasse) und den SL-Sportwagen. Heute ist der von 1982 bis 1993 gebaute W 201 ein faszinierender Klassiker mit der Frische eines begehrten Youngtimers. Seine Gene trägt die aktuelle C-Klasse der Baureihe 205 so vielfältig wie noch nie in die Zukunft: als Limousine, T-Modell, Coupé und Cabriolet.

Das herausragende technische und ästhetische Niveau der W 201 Limousinen verdeutlicht, welchen hohen Stellenwert Mercedes-Benz der Neuentwicklung einräumt. Ihr Debüt feiert die umgangssprachlich auch „190er“ oder „Baby-Benz“ genannte Baureihe mit zwei Vierzylinder-Ottomotor-Typen: 190 heißt die zunächst 66 kW(90 PS) starke Vergaser-Variante. Der 190 E mit Benzineinspritzung leistet 90 kW (122 PS).

Mercedes-Benz baut die Modellpalette in der Folge konsequent aus, die Vielfalt innovativer Typen ist groß. Einige Beispiele: Als „Flüster-Diesel“ wird beispielsweise der 190 D (53 kW/72 PS, ab 1983) bekannt, der erste Serien-Personenwagen mit schalldämmender Triebwerkskapselung. Neue Leistung für den Selbstzünder bringt ab 1986 – bis Herbst 1987 allerdings ausschließlich für den amerikanischen Markt – die Fünfzylinder-Variante 190 D 2.5 Turbo mit (90 kW/122 PS). Für den starken Sechszylindertyp 190 E 2.6 (122 kW/166 PS, ebenfalls ab 1986) meistern die Ingenieure die technische Herausforderung, den Reihensechszylinder M 103 im Motorraum des W 201 zu installieren.

Mit wegweisender Vierventiltechnik erzielt der 190 E 2.3-16 (136 kW/185 PS) bereits vor seiner Präsentation im Herbst 1983 sportliche Erfolge: Drei Prototypen stellen auf dem Rundkurs im süditalienischen Nardò Langstreckenweltrekorde über 25.000 Kilometer, 25.000 Meilen und 50.000 Kilometer mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von nahezu 250 km/h auf.

Auch bei der Eröffnung des neuen Nürburgrings zeigt der 190 E 2.3-16 seine sportliche Leistungsfähigkeit: 20 Rennfahrer weihen am 12. Mai 1984 mit einem Rennen auf diesem Fahrzeug die neue Rundstrecke ein. Sieger ist der damals nur Insidern bekannte brasilianische Rennfahrer Ayrton Senna. Das Top-Modell der Baureihe ist schließlich die sportliche Hochleistungslimousine 190 E 2.5-16 Evolution II (173 kW/235 PS). Sie stellt auch die Basis der höchst erfolgreichen Rennsport-Tourenwagen dar, die von 1990 an in der DTM an den Start geht.

Die Triumphe der Stuttgarter Marke in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft der 1980er- und 1990er-Jahre sind eng mit dem W 201 verbunden: Von 1988 bis 1993 werden Rennsport-Tourenwagen auf der Basis dieser Baureihe erfolgreich in der DTM mit Werksunterstützung eingesetzt. In dieser Zeit holt Mercedes-Benz zwei Markenmeisterschaften (1991 und 1992), und Klaus Ludwig wird auf 190 E 2.5-16 Evolution II im Jahr 1992 DTM-Meister. Dazu kommen vier Vizetitel und drei dritte Platzierungen.

Zunächst erhält der 190 E 2.3-16 im Jahr 1985 die Homologation für die Rennen der Gruppen A und N. Mit diesem Typ starten 1986 Privatteams in der DTM, und Volker Weidler holt auf Anhieb den Vizetitel. Die Saison 1988 markiert dann endgültig den offiziellen Wiedereinstieg von Mercedes-Benz in den Rennsport. In diesem Jahr wird Roland Asch DTM-Vizemeister. Ab 1989 startet in der DTM der 190 E 2.5-16 Evolution Rennsport-Tourenwagen. Vom Jahr 1990 an folgt ihm der 190 E 2.5-16 Evolution II. Und in der Saison 1993 schließlich wird der AMG-Mercedes 190 E Klasse 1 eingesetzt – alle auf Basis des W 201. Die weiteren DTM-Fahrzeuge von Mercedes-Benz setzen diese Erfolgsgeschichte spektakulär fort.

Sicherheit zählt
Die Kompaktklasse von 1982 ist ein Revolutionär der Fahrzeugsicherheit. Denn ihre Entwickler setzen sowohl die aktive wie die passive Sicherheit konsequent auf dem hohen Niveau von Mercedes-Benz um – das ist in dem für die Stuttgarter Marke vergleichsweise kleinen und leichten Fahrzeug eine besondere Herausforderung. Ein Höhepunkt ist dabei die von Dr. Kurt Enke, Alf Müller und Manfred von der Ohe entworfene Raumlenker-Hinterachse mit fünf zierlichen Lenkern an jeder Seite. Sie ist bis heute weltweit eine Standardkonstruktion im Automobilbau.

Für die passive Sicherheit ist die Verbindung von Leichtbau mit hoher Crashsicherheit entscheidend. Die Dachkonstruktion des W 201 mit nach außen gelegten Dachlängsträgern wird wegen ihres geringen Gewichts bei überragender Stabilität zum Vorbild weiterer Mercedes-Benz Baureihen. Erstmals kommt in der Kompaktklasse auch eine Gabelträgerstruktur mit definierter Verformbarkeit der konischen Gabelträger aus hochfesten Blechen zum Einsatz – für exzellentes Crashverhalten insbesondere bei einem versetzten Frontalaufprall.

Das Design des W 201, für welches Bruno Sacco verantwortlich zeichnet, setzt ebenfalls Maßstäbe. Diese Baureihe, die ein ganz neues Segment im Programm der Marke begründet, setzt mit ihren modernen Linien ein Signal. Zugleich wird die Limousine aerodynamisch optimal ausgelegt. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von cW=0,34 hat sie bei ihrer Premiere 1982 die beste Aerodynamik aller Mercedes-Benz Limousinen.

Youngtimer mit Geschichte
Die direkte Vorgeschichte des W 201 beginnt 1973, als Mercedes-Benz ältere Ideen für ein Fahrzeug unterhalb der beiden etablierten Klassen aufgreift. Impulse dazu kommen auch aus Nordamerika. Dort werden die Anforderungen an einen sparsamen Flottenverbrauch verschärft. Außerdem ist das Interesse für einen kompakten Zweitwagen mit dem Komfort- und Sicherheitsstandard eines Mercedes-Benz Personenwagens groß.

Im Januar 1974 sagt Chefingenieur Prof. Dr. Hans Scherenberg über das neue Fahrzeug: „Klar ist […], dass es sich um einen typischen Mercedes-Benz handeln muss.“ Scherenberg führt hier unter anderem Fahrkultur und Sicherheit als prägende Mercedes-Benz Eigenschaften auf. Und im ersten Lastenheft, das wenig später erstellt wird, heißt es, der W 201 solle sich von anderen Fahrzeugen der Mittelklasse „aufgrund der unter dem Markensymbol vom Kunden erwarteten Eigenschaften bezüglich Qualität, Sicherheit und Fahrkultur bewusst absetzen“. Den Serienanlauf erlebt der W 201 in Sindelfingen, bevor die Produktion auch im Mercedes-Benz Werk Bremen anläuft. Die Produktionsanlagen dort werden für die neue Baureihe erheblich erweitert. Bis heute ist das Werk Bremen das Hauptwerk für die C-Klasse, die mit der 1993 eingeführten Baureihe 202 zur Nachfolgerin des W 201 wird.

Die Idee eines kompakten, anspruchsvollen Personenwagens geht jedoch noch weiter zurück in die Markengeschichte. So gehören schon das Benz Velo (1894 bis 1900, erstes in Großserienfertigung gebautes Automobil der Welt) und der Mercedes 8/11 PS (1901 bis 1903) zu den Wegbereitern der Kompaktklasse. Zu den wichtigen Vorläufern in diesem Marktsegment gehört auch der Mercedes-Benz 170 (W 15, gebaut von 1931 bis 1936). Auch seit den 1950er-Jahren entwickelt Mercedes-Benz immer wieder Konzepte für kompaktere Fahrzeuge.

Der W 201 führt die Traditionslinien all dieser Ideen und Konzepte in einem technisch wie ästhetisch attraktiven Fahrzeug zusammen. Er begründet die Erfolgsgeschichte der Mercedes-Benz C-Klasse und nimmt die Dynamik der Modelloffensive vorweg. Von der Baureihe W 201 werden bis August 1993 insgesamt 1.879.630 Fahrzeuge produziert.

Quelle: Mercedes-Benz Classic

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horsti
6 Jahre zuvor

Ich habe nie verstanden, warum die Aussenspiegel unterschiedliche Formen haben. Der rechte war übrigens Sonderausstattung…

avantgarde_azzurro
6 Jahre zuvor

Hallo,
der Grund für die unterschiedlichen Spiegel ist leicht zu erklären. Der breitere und dafür nicht so hohe linke Spiegel ermöglicht einen gutes und vor allem breites Sichtfeld nach hinten, welches beispielsweise auf der Autobahn wichtig ist. Der rechte Spiegel hingegen ist höher (und im Gegenzug etwas schmäler) und ermöglicht so zeitgleich eine gute Rücksicht und einen Blick auf die Bordsteinkante (Einparken bspws.). Letzteres wird mittlerweile durch das Absenken des Spiegelglases auf der rechten Seite beim Einlegen des Rückwärtsgangs erreicht.

In den Unterlagen für die Verkäufer zur Einführung der Baureihe 201 sind die unterschiedlichen Außenspiegel weiterhin mit der Erfüllung vorgeschriebener Sichtverhältnisse bei gleichzeitiger Flächenminimierung begründet. Im Rahmen der Modellpflege im September 1988 wurde der rechte, elektrisch einstellbare Außenspiegel dann Teil der Serienausstattung.

In meinen Augen ist der 190er im Originalzustand auch heute noch ein sehr schön anzuschauendes Automobil – sowohl in der klassischen Ausführung vor der Modellpflege als auch in der gemopften Ausführung. Allerdings tun sich seit einiger Zeit leider unangenehme Lücken in der Ersatzteilversorgung auf, beispielsweise ist das Heckblech seitens Mercedes nicht mehr lieferbar. Im Zubehör ist bei den einschlägigen Herstellern ebenfalls Fehlanzeige und aus Unfallfahrzeugen herausgetrennte Bleche sind leider oftmals sehr rostig. Ein bereits leichter Heckschaden kann also schon das Aus bedeuten, vor allem bei gepflegten Fahrzeugen ist das dann sehr schade.
Viele andere nicht mehr lieferbare Teile hingegen sind noch problemlos im Zubehör oder auch auf dem Gebrauchtmarkt zu finden oder man improvisiert ein wenig. Beim Heckblech ist letzteres aber eher schwierig…

MrUNIMOG
Reply to  avantgarde_azzurro
6 Jahre zuvor

Wobei ich es doch erstaunlich finde, wie viel aktueller die gemopften aussehen… Was das bisschen Beplankung ausmacht!

avantgarde_azzurro
Reply to  MrUNIMOG
6 Jahre zuvor

Die Kombination aus Beplankung und Schwellerverkleidung, dem Wegfall der unlackierten Front- und Heckschürze und die leichte Tieferlegung der Mopf-Modelle macht schon einiges aus, das ist wahr. Das etwas hochbeinige Erscheinungsbild der frühen Modelle ist damit verschwunden.
Bei den frühen 202 gab es dann wieder schwarz lackierte Schweller – und bei CLASSIC und ESPRIT auch schwarze Stoßleisten.