Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Mercedes-Benz SLC (C 107). (Fotosignatur der Mercedes-Benz Classic Archive: C2544) Mercedes-Benz SLC (C 107). (Photo signature in the Mercedes-Benz Classic archives: C2544)

Es ist eine glanzvolle Premiere: Auf dem Autosalon Paris stellt Mercedes-Benz im Oktober 1971 das SLC-Coupé vor. Das viersitzige Fahrzeug kombiniert hohe Fahrleistungen mit bestem Fahrkomfort und ist beispielsweise auf der Langstrecke ein idealer Begleiter.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Als erstes Modell steht der 350 SLC auf der Messe in der französischen Hauptstadt. Später folgen weitere Typen, und mit den Evolutionsstufen 450 SLC 5.0 und 500 SLC ist die Marke sogar im Motorsport erfolgreich: Mercedes-Benz setzt sie werksseitig bei Langstreckenrallyes ein und erzielt in Südamerika und Afrika Gesamtsiege. Längst sind gut gepflegte Exemplare dieser SLC-Baureihe zu begehrten Klassikern mit Wertsteigerungspotenzial geworden.

Entscheidung für den kurzen Weg

Am 18. Juni 1968 beschließt der Vorstand die Serienfertigung des neuen SL (R 107) als Nachfolger der „Pagoden“-Baureihe W 113. Zu diesem Zeitpunkt wird noch darüber diskutiert, ob auch das Coupé der Baureihe W 111 einen Nachfolger erhalten soll. Eine Möglichkeit wäre, auf die neue S-Klasse der Baureihe 116 als technische Basis zu warten, die gerade entsteht und schließlich im September 1972 vorgestellt werden wird. Doch die Entwicklungskapazitäten würden die Fertigstellung des neuen Coupés erst Mitte der 1970er-Jahre erlauben. Damit es früher auf den Markt kommt, fällt die Entscheidung, das Coupé am SL zu orientieren. Was dem Karosseriebau in Sindelfingen zu verdanken ist: Das Team unter der Leitung von Karl Wilfert entwickelt zunächst eher inoffiziell eine Coupévariante des R 107 und präsentiert sie dem Vorstand als „Rohling“. Der ergreift die Chance: So stellt die Marke das Luxuscoupé C 107 im Oktober 1971 und damit nur sechs Monate nach der Weltpremiere des neuen SL vor. Die Serienfertigung beginnt im April 1972 und läuft bis 1981, insgesamt entstehen 62.888 Fahrzeuge. Die beliebteste Variante ist der 450 SLC mit 31.739 Exemplaren. Nachfolger sind die wieder an der S-Klasse orientierten großen Coupés der Baureihe C 126. Der SL der Baureihe R 107 bleibt deutlich länger im Programm als die SLC-Coupés: Er wird bis 1989 produziert.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Identischer Vorderwagen zum SL

Von der Front bis zur Windschutzscheibe unterscheiden sich SL und SLC nicht. Dahinter wächst das Coupé in Höhe wie Länge. In der Seitenansicht sticht der längere Radstand des Viersitzers ins Auge, er fällt mit 2.820 Millimetern um beachtliche 360 Millimeter größer aus. Das flache Dach über dem Fahrgastabteil geht in eine in zwei Richtungen gewölbte, recht schräg gestellte Heckscheibe über. Im Gegensatz zum SL ist der Kofferraumdeckel ebenfalls leicht in zwei Richtungen gewölbt. Wie bei den großen Coupés der Marke üblich, sind die Seitenscheiben ohne störende B-Säule voll versenkbar, was dem SLC eine besonders elegante Note verleiht. Wegen des knappen Abstands zwischen den lang gezogenen Türen und den hinteren Radläufen bleibt allerdings nur wenig Raum für das vollständige Versenken der hinteren Seitenscheiben. Daher sind sie zweigeteilt, und das feststehende kleinere Segment erhält Lamellen.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Schon beim Roadster sind aufgrund der vor allem in den USA verschärften Sicherheitsvorschriften die A-Säulen mit zusätzlicher Stabilität ausgelegt. So erhält der SL die amerikanische Zulassung auch ohne „Targa“-Bügel. Von dieser Konstruktion profitiert der SLC. Auch seine Sicherheitskarosserie besteht aus einer Rahmenbodenanlage mit Blechen unterschiedlicher Stärke für ein vorausberechnetes Knautschverhalten. Der Tank befindet sich kollisionsgeschützt vor der Hinterachse. Das neue Vierspeichenlenkrad mit Pralltopf ist mit Polyurethan umschäumt. Das Coupé wiegt rund 50 Kilogramm mehr als der entsprechende Roadster. Weil der cW-Wert des SLC mit 0,423 (1973) jedoch niedriger ist als beim SL mit Hardtop (cW = 0,489), sind die Fahrleistungen beider Varianten bei gleicher Motorisierung nahezu gleich.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

V8 als Kraftquelle

Die Technik von Roadster und Coupé weist zahlreiche Parallelen auf. Der in beiden Baureihen von Beginn an angebotene 3,5-Liter-Motor (M 116) hat sich zuvor schon sowohl in den Limousinen der Baureihen W 108 und W 109 als auch in Coupé sowie Cabriolet der Baureihe W 111 bewährt. Er leistet 147 kW (200 PS) und ermöglicht dem 350 SLC einen Spurt von 0 auf 100 km/h in neun Sekunden sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h. 1972 folgt der 450 SLC mit dem M 117 und 165 kW (225 PS) sowie 1973 der 280 SLC mit Sechszylindermotor, 2,8 Litern Hubraum und 136 kW (185 PS). Im September 1977 führt Mercedes-Benz den 450 SLC 5.0 mit 177 kW (240 PS) ein. Das Topmodell erhält einen dezenten Bugspoiler und einen schwarzen Heckspoiler aus Kunststoff, Motorhaube, Heckdeckel und Stoßfängerverstärkung bestehen aus Aluminium. Schärfere Abgasvorschriften auch in Europa führen zu geänderten Einspritzsystemen mit der Folge leicht variierender Motorleistungen. Nur im letzten Baujahr werden 380 SLC und 500 SLC angeboten. Das Fahrwerk von Roadster und Coupé orientiert sich an den modernen Konstruktionen der „Strich-Acht“-Typen der oberen Mittelklasse. 1980 wird die Dreigang-Wandlerautomatik durch eine Viergangvariante ersetzt, und der 280 SLC erhält ein Fünfgangschaltgetriebe als Grundausstattung.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Der SLC im Motorsport

Zwischen der Nachkriegs-Silberpfeilära 1954/1955 und der Rückkehr auf die Rundstrecke mit dem offiziellen werksseitigen Einstieg in die Sportwagen-Weltmeisterschaft sowie in die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) im Jahr 1988 beteiligt sich Mercedes-Benz in den Jahren 1977 bis 1980 bei Rallyes werksseitig im Motorsport. Ausgangspunkt ist die Rallye von London nach Sydney. Ein Team um den Ingenieur Erich Waxenberger betreut sechs weitgehend serienmäßige Limousinen vom Typ 280 E der Baureihe 123. Der Motor (M 110) entspricht mit 136 kW (185 PS) dem des 280 SLC. Nach mehr als 30.000 Kilometern belegen im Ziel vier der Sternfahrer die Plätze eins, zwei, sechs und acht, mit dem Team von Andrew Cowan an der Spitze. Waxenberger weiß um ein noch siegträchtigeres Modell für Langstreckeneinsätze – den 450 SLC 5.0. Für die Mammutrallye Vuelta à la América del Sud vom 17. August bis 24. September meldet die Marke vier SLC-Coupés und zwei 280 E. Nach 30.000 Kilometern in 42 Tagen durch zehn Staaten Südamerikas liegt wieder Andrew Cowan vorn. Die anderen Mercedes-Benz folgen auf den Plätzen zwei bis vier sowie sechs und neun.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Bei der traditionsreichen East African Safari liegt der Hannu Mikkola mit dem 450 SLC 5.0 lange an der Spitze des Feldes und wird am Ende Zweiter. Am Ende des Jahres belegen bei der Rallye Elfenbeinküste vier SLC-Coupés die ersten vier Plätze mit Mikkola als Sieger. Bei der Safari-Rallye 1980 werfen Materialfehler an der Hinterachse die Teams zurück, Vic Preston jr. rettet jedoch noch Rang drei. Am Ende der Bandama-Rallye, der Neuauflage der Rallye Elfenbeinküste, beschert der 500 SLC Rallyewagen einen Doppeltriumph. Der Siegerwagen von Björn Waldegård/Hans Thorszelius steht heute im Mercedes-Benz Museum. Vor der Saison 1981 zieht sich Mercedes-Benz aus dem Rallyesport zurück. Der Privatfahrer Albert Pfuhl übernimmt das gesamte Material, bestehend aus sechs 500 SLC, Ersatzteilen und 600 Reifen. Mit zwei dieser Fahrzeuge belegen die Teams Albert Pfuhl/Hans Schuller sowie Jochen Mass/Stephen Perry bei der Rallye Paris–Dakar 1984 die Plätze 44 und 62. Schließlich Tourenwagensport: Clemens Schickentanz und Jörg Denzel gewinnen 1980 mit dem 276 kW (375 PS) starken Mercedes-Benz 450 SLC AMG den Großen Preis der Tourenwagen auf der Nordschleife des Nürburgrings. Das Aufsehen erregende Coupé mit infernalischem Sound hat damit nach zwei Jahren Entwicklungszeit seinen Auftrag erfüllt, nicht nur Technik-Know-how für Straßenfahrzeuge zu generieren, sondern auch zu siegen.

Das Coupé mit S-Klasse Anspruch: der SLC aus dem Jahr 1971

Quelle/Bilder: Daimler AG

7 Kommentare
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Phil
2 Jahre zuvor

1973 noch vier Jahre vom Führerschein entfernt interessierte ich mich mehr für Motoren als für Karosserieformen. Anstatt eines 280 SLC hätte man für gleiches Geld immerhin schon einen 450 SE erwerben können. Das so richtig schöne Coupé kam für mich ohnehin erst mit dem C126.

Ich erinnere mich übrigens noch gut daran, dass Leonid Breschnew bei seinem Staatsbesuch in Deutschland einen 450 SLC geschenkt erhielt und diesen auf der ersten Fahrt gleich an einen Pfosten setzte – so stand es damals in den Medien.

Zuletzt editiert am 2 Jahre zuvor von Phil
Dr.med. Alexander
Reply to  Phil
2 Jahre zuvor

Richtig, die Sache mit Breschnew passierte 1973 anläßlich eines Staatsbesuches auf dem Petersberg bei Bonn. Der 450 SLC war ein Gastgeschenk für den mercedes-affinen Breschnew. Dieser setzte sich sofort in den SLC (evtl. vorgeglüht mit Wodka) und fuhr diesen auf der hügeligen Abfahrt vom Petersberg gegen einen Pfosten. An mögliche SLC-Interessenten: Vor allem auf Rost achten! Und die beste Wertsteigerung ist wohl von einem Leichtbau-Coupe 450 SLC 5,0 zu erwarten

Robin
2 Jahre zuvor

Meine Großeltern fuhren einen frühen 1973er 350 SLC Automatik in der herrlichen Farbkombination ikonengold metallic (419) mit Velours mahagoni (963). Als Kind habe ich diese Auto geliebt, war er doch so viel mondäner als der damalige VW Santana Turbodiesel meines Vaters. Daher hatte ich mich immer darum bemüht, mich möglichst von meinem Großvater im SLC überall hinfahren zu lassen.

Snoubort
Reply to  Robin
2 Jahre zuvor

Beneidenswert, bei mir wars Opel Senator vs W123er 200D 😉

Robin
Reply to  Snoubort
2 Jahre zuvor

Wobei ich aber sagen muss, dass es sich bei dem Santana um ein Dienstfahrzeug der Deutschen Post handelte. Als mein Vater diesen wegen eines Jobwechsels abgeben musste (bzw. durfte), bekamen wir einen nautikblauen 190E als jungen Gebrauchten, von da an fuhr ich auch wieder öfter bei meinen Eltern mit 😉

Phil
Reply to  Snoubort
2 Jahre zuvor

Nichts gegen den 200D W123!

Marc W.
2 Jahre zuvor

Die Lamellen im hinteren Fenster sind nun beinahe ikonisch. Was ich mich beim Anblick dieser Schönheiten frage – wir, vermutlich der Jahrgänge 1950-80 können solchen Mobilen etwas richtig abgewinnen, sind wir doch mit ihnen aufgewachsen.
Der aktuellen Generation wird es kaum mal so gehen, unbedingt einen sagen wir C207 anzubeten oder zu sammeln – allein weil heute Fahrzeuge geringeren Stellenwert haben, mehr (gestelltes) Werkzeug sind (oder gar Last in Städten)…