Ein Auto – vier Fahrzeuge: mit dem Vario Research Car (VRC) stellte Mercedes-Benz im Jahr 1995 vor allen die Variabilität in den Vordergrund . Das VRC konnte sich innerhalb von wenigen Minuten in ein anderes Fahrzeug verwandeln: von der Limousine zum Kombi, Cabriolet oder gar Pick-Up mit Fahrradträger.
Die Vision: Ein Auto für jeden Zweck
Abhängig davon, welche Fahrt für das Vario Research Car anstehen sollte: Während man unter der Woche auf eine Limousine nützen möchte, und bei Fernreisen die Vorteile eines Kombis nutzen möchte – selbst für eine Cabriolet-Tour oder für große Ladeaufgaben als Pick-Up mit offener Ladefläche war das Konzept des VRC gedacht. Die Lösung war ein zweitüriger Kompaktwagen mit einteiligen Karosserieaufbau, bestehend jeweils aus Seitenwand, Dach und Heckpartie, welche sich innerhalb von 15 Minuten austauschen lässt.
Das Konzept des VRC war dabei so gedacht, dass der Fahrer die Aufbauten des Fahrzeuges nicht selbst besitzt, sondern diese bei einer Mietstation durch einen Servicetechniker tauschen lässt. Innerhalb von wenigen Minuten sollte die Fahrt dazu weitergehen – wie lange man die jeweilige Aufbauvariante nutzen sollte, bleibt dem Nutzer überlassen. Eine Zukunftsvision, die so am Ende nicht in die Realität umgesetzt wurde. Mercedes-Benz hat aus Feedback von Kunden mit dem Forschungsfahrzeug jedoch zahlreiche Anregungen für zukünftige Serienmodelle gewonnen.
Dachaufbau war in Servicestationen angedacht
Der Wechsel des Dachaufbaus im VRC war zwar durch Servicetechniker angedacht, welche den Aufbau auf die Chassis ansetzen sollten. Erst Elektromotoren sollten den Aufbau dann an die endgültige Position ziehen, wo Spezialverschlüsse ihn an acht Befestigungspunkten halten sollten. Zum Entriegeln genügte es, Hebel an den Türholmen und am oberen Rahmen der Frontscheibe zu betätigen – den Rest erfolgten dann wiederum die Servomotoren, die die Verschlüsse öffneten und den Aufbau geringfügig anheben. Für die elektrische Verbindungen am Heck gab es hingegen einen Zentralstecker mit automatischer Erkennung. War so z.B. der Kombi-Aufbau montiert, wurde der Heckscheibenwischer sowie die Waschanlage mit Strom versorgt – bei der Limousine benötigten hingegen die Kofferraumbeleuchtung oder die Heckscheibe eine elektrische Verbindung, während beim Cabriolet der elektrische Verdeckantrieb angesteuert werden musste.
Der Karosserieaufbau bestand aus CFK, der gegenüber von Aluminium nochmal 25 Prozent leichter ist und überdies noch eine hohe Festigkeit besitzt. Die Aufbauten selbst brachten nur jeweils 30 bis 50 Kilogramm auf die Waage.
Weitere Versuche
Neben den Aufbauvarianten diente das Vario Research Car aber auch für die weitere Erprobung des Frontantriebs in einem Mercedes-Benz, der mit einem stufenlosen Automatikgetriebe sowie eines aktiven Fahrwerks (Active Body Control – ABC) kombiniert wurde. Ein Farbdisplay im Cockpit informierte den Fahrer zusätzlich über weitere Funktionen, damals u.a. sogar schon über eine Verkehrszeichenauswertung oder den Sicherheitsabstand zum Vordermann. Dazu nutzte man u.a. schon ein Abstandsradar. Das Fahrzeug selbst war jedoch auch das erste Forschungsfahrzeug mit Drive-by-Wire Technik für Lenkung und Bremse.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG