Bereits lange mit H-Kennzeichen unterwegs: die Baureihe 124

Für jeden Geschmack die richtige Karosserie: Mercedes-Benz bot die Baureihe 124 (1984 bis 1996) als Limousine, Coupé und T-Modell an, später kam noch das Cabriolet dazu. The right body for every taste: Mercedes-Benz offered the 124 series (1984 to 1996) as saloon, coupé and estate; the cabriolet was added later.

Bereits seit mehreren Jahren ist die Baureihe 124 von Mercedes-Benz im erlesenen Kreis der begehrten H-Kennzeichen unterwegs.  Dabei ist das Modell schon lange nicht vom Verkehrsgeschehen in Deutschland verschwunden. Kein Wunder, wurden zwischen 1984 und 1997 gar mehr als 2.7 Millionen Fahrzeuge produziert.

Im Jahre 1984 wurde die „neue Limousine der oberen Mitteklasse“ mit Spannung erwartet und wurde im November 1984 erstmals vorgestellt. An den Start gingen mit der neuen Baureihe 124 die Typen 200 D, 250 D, 300 D, 200, 230 E, 260 E sowie 300 E. Speziell für Italien wurde zusätzlich der Typ 200 E gebaut. Beim Debüt im Jahr 1984 folgt Mercedes-Benz in Sachen Typenbezeichnung noch dem klassischen Muster, 1993 erhält die mittlere Baureihe dann den Namen E-Klasse. Das T-Modell der Baureihe 124 zeigte sich im September 1985 auf der IAA in Frankfurt.

Ästhetisch und technisch ist die „mittlere Baureihe“ von Mercedes-Benz besonders durch ihre sachlich-sportliche Linienführung und die Karosserie aus hochfesten Stahlblechen an den kompakten W 201 angelehnt, setzte aber neue Maßstäbe in den Bereichen Technik, Komfort und Design. Für die Formgebung zeichneten Joseph Gallitzendörfer sowie Peter Pfeiffer im Team von Designchef Bruno Sacco verantwortlich.

Die auf konsequenten Leichtbau entwickelte Karosserie der Baureihe 124 zeigte neue gestalterische Elemente mit sachlich-funktionalen Hintergründen. Zwei typische Designmerkmale sind dazu der trapezförmig weit heruntergezogene Kofferraumdeckel und die schrägen Innenkanten der Rückleuchten. Das ermöglichte eine besonders tief liegende Ladekante für den großen Kofferraum. Charakteristisch war auch das sich nach hinten verjüngende und an den seitlichen Oberkanten stark abgerundete Heck, das zu einem besonders geringen Luftwiderstand beiträgt. Bei Markteinführung beträgt der cW-Wert je nach Modell 0,29 bis 0,30 – sensationell für die damalige Zeit. Spätere Fahrzeuge erreichen sogar cW-Werte bis zu 0,26. Die aerodynamischen Optimierungen senken dazu den Kraftstoffverbrauch im Vergleich zum Vorgänger deutlich.
Ein zunächst wenig auffälliges, aber innovatives Konstruktionsdetail ist der hubgesteuerte Panorama-Scheibenwischer. Er deckt 86 Prozent der Windschutzscheibe ab – das bis dahin weltweit größte Wischerfeld bei einem Pkw. Durch eine der Drehbewegung überlagerte Hubbewegung sind die oberen Ecken der Windschutzscheibe effizienter freizuwischen als mit einem konventionellen Einarmwischer. Elektrisch beheizte Scheibenwaschdüsen gehören bei allen Modellen der Baureihe bereits zur Serienausstattung.
Die Geschichte der Baureihe 124 ist geprägt von einer bis dahin unerreichten Vielfalt an Modellen und Innovationen. Den Anfang der neuen Karosserieformen markiert die Präsentation des T-Modells auf der Frankfurter Internationalen Automobilausstellung (IAA) im September 1985. Diese zweite Generation des sportlichen Lifestyle-Kombis von Mercedes-Benz entspricht technisch und stilistisch weitgehend der Limousine – abgesehen von der abweichenden Heckgestaltung. Die Raumlenker-Hinterachse ist beim T-Modell allerdings bereits serienmäßig mit hydropneumatischer Niveauregulierung kombiniert. Weiter stellen die Stuttgarter mit dem T-Modell im Rahmen des „Mercedes-Benz Fahrdynamik-Konzepts“ den automatisch schaltenden Vierradantrieb 4MATIC vor. Das Allradsystem steht für die Sechszylindertypen der Baureihe 124 zur Verfügung.
Im Jahr 1987 erweitert Mercedes-Benz das Typenprogramm nochmals: Zunächst debütiert im März auf dem Genfer Automobil-Salon als dritte Karosserievariante das Coupé, welches im Vergleich zur Limousine einen um 8,5 Zentimeter kürzeren Radstand erhält. Das unterstreicht den sportlichen Charakters des Zweitürers und macht ihn zu einer konstruktiv und formal völlig eigenständigen Karosserievariante. Die Gemeinsamkeiten mit der Limousine beschränken sich auf den Vorbau und die Heckleuchten.
Im September 1989 zeigt Mercedes-Benz auf der IAA in Frankfurt am Main ein komplett überarbeitetes Modellprogramm. Im Vordergrund der Modellpflege stehen die stilistische Überarbeitung der Karosserie und die Neugestaltung des Innenraums. Auffälligstes Erkennungsmerkmal der modellgepflegten Typen sind die seitlichen Flankenschutz-Leisten mit integrierten Längsschweller-Verkleidungen, die bereits zweieinhalb Jahre zuvor bei den Coupé-Modelle Premiere hatten und von Enthusiasten liebevoll-despektierlich „Sacco-Bretter“ genannt werden.
Als vierte Karosserievariante fährt in Frankfurt eine Limousine mit verlängertem Radstand vor. Damit gibt es nach vierjähriger Unterbrechung wieder eine Langversion im Verkaufsprogramm. Entwickelt wird der lange Aufbau in enger Zusammenarbeit mit der Firma Binz in Lorch, die dann auch in der Serienfertigung die Rohbauarbeiten durchführt. Der Radstand wächst um 80 Zentimeter auf 3,60 Meter, auch die Gesamtlänge legt um das gleiche Maß zu. Im Gegensatz zu ihren Vorgängermodellen präsentieren sich die Typen 250 D lang und 260 E lang mit sechs Türen und einer vollwertigen mittleren Sitzbank, die hinsichtlich Sitztiefe und Lehnenhöhe der Fondsitzreihe nahezu gleichkommt.
Im Oktober 1990 steht als neues Topmodell der 500 E auf dem Pariser Auto-Salon im Rampenlicht. Als erstes Modell der mittleren Baureihe ist es mit einem V8-Motor ausgerüstet. Äußerlich ist die Hochleistungs-Limousine erst auf den zweiten Blick von seinen Schwestermodellen zu unterscheiden. Dafür sind die inneren Werte umso beeindruckender: Der 500 E hat einen 240 kW (326 PS) starken Fünfliter-V8-Vierventilmotor, der auf dem bewährten Triebwerk des 500 SL basiert und geradezu atemberaubende Fahrleistungen ermöglicht. So erledigt er den Sprint von null auf 100 km/h in 5,9 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird elektronisch auf 250 km/h begrenzt. Zu den charakteristischen Erkennungsmerkmalen des 500 E gehören dezent verbreiterte Kotflügel, in die Bugschürze integrierte Nebelscheinwerfer sowie 16-Zoll-Leichtmetallräder im Achtloch-Design. Die Karosserie ist gegenüber den restlichen Modellen der Baureihe um 23 Millimeter tiefer gelegt; die Hinterachse verfügt serienmäßig über eine hydropneumatische Niveauregulierung.
1991: Das Cabriolet kommt
Im September 1991 kommt als weitere Karosserievariante der Baureihe 124 das 300 CE-24 Cabriolet. Nach genau 20-jähriger Unterbrechung ist damit nun wieder ein viersitziges Cabriolet in der mittleren Klasse verfügbar. Für die Entwicklung des Cabriolets wird das Coupé als Grundlage genommen. Mit hohem konstruktivem Aufwand wird der Zweitürer für die Rolle als offenes Fahrzeug vorbereitet – allein zur weiteren Versteifung der Karosserie müssen rund 1.000 Teile neu konstruiert werden. Insgesamt braucht jedes Cabrio mehr als 130 Kilogramm zusätzliches Blech, um die fehlenden 28 Kilogramm des Coupé-Dachs statisch zu kompensieren. Eigens für das Cabriolet wird ein hinter den Fondsitzen angeordneter Linearbügel entwickelt, der bei einem drohenden Überschlag innerhalb von 0,3 Sekunden nahezu senkrecht nach oben fährt. Er kann jederzeit auf Knopfdruck ausgefahren werden, um den Fondpassagieren als Kopfstütze zu dienen.
Vierventiltechnik in der Großserie
Bereits seit 1989 werden die Dreiliter-Sechszylindermotoren für Limousine, Coupé und T-Modell mit Vierventiltechnik angeboten und auch das Cabriolet 300 CE-24 fährt mit diesem leistungsstarken Otto-Triebwerk vor. Im September 1992 wird die gesamte Benzinmotorenpalette gründlich überarbeitet, die Vierzylinder sind nun ebenfalls komplett mit Vierventiltechnik ausgestattet.
Als Weltneuheit hält 1993 die Vierventiltechnik auch bei den Dieseltypen mit fünf und sechs Zylindern Einzug. Die neue Technologie gewährleistet nicht nur ein höheres Drehmoment- und Leistungsangebot über einen deutlich erweiterten Drehzahlbereich, sondern senkt auch den Kraftstoffverbrauch unter Volllast um bis zu acht Prozent. Gleichzeitig wird die Partikelemission im Abgas durch den optimierten Verbrennungsablauf um rund 30 Prozent verringert.
Zweite Modellpflege: Von der mittleren Klasse zur E-Klasse
Mit dem Verkaufsbeginn der stilistisch überarbeiteten Modellpflege tritt im Juni 1993 für die Baureihe 124 eine neue Nomenklatur in Kraft. Analog zur S-Klasse und zur neuen C-Klasse heißt die mittlere Klasse jetzt E-Klasse. Auch die Typenbezeichnungen folgen damit nun einem modifizierten System, bei dem ein Buchstabenkürzel die Klassenzugehörigkeit dokumentiert. Darauf folgt eine dreistellige Zahl, die nach wie vor auf dem Hubraum basiert. Das früher übliche E als Zusatzkennzeichnung für Ottomotoren mit Einspritzung entfällt, da es keine Vergasermotoren mehr im Programm gibt. Auch auf eine Verschlüsselung der ohnehin ersichtlichen Karosserievarianten wie Coupé und T-Modell wird künftig verzichtet. Bei den dieselgetriebenen Modellen ersetzt ein nachgestelltes „ Diesel“ oder „Turbodiesel“ das bisher verwendete D.
Besondere Sportlichkeit versprüht das neue Spitzenmodell E 60 AMG, das der Affalterbacher Haustuner mit einer Sechsliter-Variante des V8-Motors M 119 anbietet. Die Leistung des Boliden beträgt 280 kW (381 PS) bei 5.600/min. Auch Coupé und Cabriolet werden von AMG in der Leistung gesteigert: Die Typen E 36 AMG mit 200 kW (272 PS) bei 5.750/min kommen ebenfalls 1993 auf den Markt. Sie haben einen 3,6-Liter-Motor, der auf dem 3,2-Liter-Aggregat M 104 basiert. Bei den AMG-Modellen wird 1993 die Klassenzugehörigkeit mit einer auf dem Hubraum basierenden zweistelligen Zahl bezeichnet.
Produktionsende nach über 2,7 Millionen produzierten Modellen
Die Produktion der Limousinen der Baureihe 124 endet im August 1995. Das T-Modell wird noch bis 1996 gebaut und auch von den Limousinen-Modellen E 250 Diesel und E 220 produziert Mercedes-Benz bis 1996 CKD-Teilesätze (completely knocked down, vollständig zerlegt) für die Auslandsmontage. Das Cabriolet läuft sogar bis 1997 vom Band.
Insgesamt entstehen in dem gut elfjährigen Produktionszeitraum 2.213.167 Limousinen, 340.503 T-Modelle, 141.498 Coupés, 33.952 Cabrios, 2.342 Limousinen mit langem Radstand und 6.398 Fahrgestelle mit Teilkarosserie für Sonderaufbauten: Das sind zusammen 2.737.860 Fahrzeuge – gut 40.000 mehr als vom bisherigen Rekordhalter, der Vorgängerbaureihe 123. Liebevoll gepflegte Exemplare der Baureihe 124 gehören heute zu den beliebtesten Youngtimern der Marke Mercedes-Benz.
Quelle: Daimler AG

 

 

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DüdoVans
6 Jahre zuvor

Als Coupé und Cabriolet ein Traum, ebenso der erste (!) 500E. Von den ersten Modellen sollte man die Finger lassen, sehr rostanfällig. Aber wunderschöne, elegant Leo und zeitlose Linienführung. Danke Herr Sacco!

martin
6 Jahre zuvor

Ja der W 124, m.E. immer noch ein sehr schönes Fahrzeug , zeitlos modern und ungemein praktisch (was heute bei der E-Klasse leider immer mehr verloren geht).
schönes Detail am Rande: Der W 124 E 500 hat mit dazu beigetragen das es die Fa. Porsche heute noch gibt.
Das Modell wurde dort in Zuffenhausen als Lohnauftrag gefertigt , als Porsche Anfang der 90er schwer angeschlagen in den Seilen hing und vermutlich ohne solche Aufträge nicht überlebt hätte.

mehrzehdes
6 Jahre zuvor

irgendwie ist mit dem 124 auch der charme der oldies gegangen:
wenn man 2018 einen dreißig jahre alten 124 besitzt, ist es ein auto mit abs und optional airbag, das man heute als daily driver bewegen könnte. ein 124 fährt und pflegt sich wie ein aktuelles auto: es hat kunststoffstoßfänger, geklebte scheiben, ist aerodynamisch optimiert, hat gute aktive und passive sicherheit, ein aufwendiges fahrwerk, kaum chrom, viel plastik.
hätte man 1988 eine dreißig jahre alte e-klasse gekauft, wäre das ein w120 gewesen, der ponton. das war ein echter oldie, wo man beim service hunderte schrauben nachziehen musste, wo beim benziner vergaser und zündung einem echte probleme aufgaben, das ventilspiel manuell korrigiert werden musste, wo riemen und filter und betriebsflüssigkeiten ständig erneuert werden mussten – serviceintervall 5000 km, zwischendrin, alle 2500km, musste man zum schmierdienst. denn es galt etliche lager mechanisch mit fett zu versorgen. es war aber auch ein auto mit charme, chrom, ohne raumoptimierung, ohne crashstrukturen oder aerodynamische optimierung. die fahrleistungen waren extrem überschaubar, zum glück, denn straßenlage, brems- und lenkverhalten waren auch nach maßstäben von 1988 lebensgefährlich.

DerWinzer
6 Jahre zuvor

hatte selber drei Limousinen als E200 (BJ 93), 230E (BJ 92) und E220 (BJ 94). Meine Eltern ebenfalls zwei T-Modelle. Für mich DIE Baureihe von Mercedes-Benz. Auch 30 Jahre danach.

Phil
6 Jahre zuvor

Damals bei meinem 300 CE haben die Bremsscheiben vorne noch 160.000 km gehalten. Heute brauche ich bei meinem S 350d 4-MATIC bereits nach 70.000 km neue. Zwar wiegt der S 350d 4-MATIC ungleich mehr, aber für ein Fahrzeug, das nicht gerade Gas/Bremse bewegt, sondern vorwiegend auf Langstrecke vorausschauend mit gleichmäßiger Geschwindigkeit gefahren wird, halte ich dies für ein eher schwaches Bild.
Solche Kurzlebigkeit der Bremsen kannte ich bislang nur aus der Fachpresse betreffend Autotests von BMW-Fahrzeugen.