Rekord auf Rekord: Der Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 in Nardò im Jahr 1983

Der Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 ist ein Star des Jahres 1983 – und stellt vom 11. bis 21. August auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Nardò gleich mehrere Weltrekorde auf.

In nur 201 Stunden, 39 Minuten und 43 Sekunden legt er eine Distanz von 50.000 Kilometern zurück. Neben dieser Leistung werden noch zwei weitere Weltrekorde über 25.000 Kilometer und neun Klassenrekorde erreicht. Für das Fahrzeug und vor allem für den damals neuen Vierventil-Motor ist das der eindrucksvolle Zuverlässigkeitsbeweis über eine extreme Langstrecke.

Insgesamt kommen in Nardò drei identische Fahrzeuge der sportlichen Variante des Mercedes-Benz 190 (W 201) zum Einsatz, die vier Wochen später auf der Internationalen Automobil-Ausstellung 1983 dann erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird. Die technischen und optischen Spezifikationen der Nardò-Version entsprechen weitgehend der geplanten Serienausführung, die somit einen eindrucksvollen Beweis von der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des damaligen Spitzenmodells der Kompaktklasse geliefert hat.

Die drei absoluten Rekorde über 25.000 Kilometer, 25.000 Meilen und 50.000 Kilometer sowie die neun weiteren internationalen Klassenrekorde in der Kategorie A (Automobile) Gruppe I (Otto-Motoren) in der Klasse 2000 bis 3000 Kubikzentimeter werden auf der 12,6 Kilometer langen, kreisrunden Erprobungsbahn in Nardò, Italien, aufgestellt, wo Temperaturen von tagsüber 40 Grad Celsius außen und mehr als 50 Grad Celsius im Fahrzeuginnenraum eine zusätzliche Belastung für Fahrer und Fahrzeug bedeuten.

Dennoch läuft der neue 2,3-Liter-Vierzylindermotor während der fast neun Tage dauernden Vollastfahrt wie das sprichwörtliche Uhrwerk. Die serienmäßigen 185 PS (136 kW) genügen zusammen mit den aerodynamisch optimierten Karosserieänderungen für Spitzengeschwindigkeiten von rund 250 km/h. Der Treibstoffverbrauch liegt in Hinblick auf die nahezu permanent gefahrene Höchstgeschwindigkeit bei Motorendrehzahlen um 6000/min mit wenig mehr als 22 Liter auf 100 Kilometer ausgesprochen günstig.

Für Fahrerteam und Boxenmannschaft des Mercedes-Benz Versuchsbereichs ist die Stiefelspitze Italiens damals schon kein unbekanntes Terrain: Sämtliche neuen Modelle müssen auf dem Weg zur Serienreife ähnlich harte und ausgiebige Testfahrten durchstehen, die auch dort durchgeführt werden. In den Jahren 1976, 1978 und 1979 hat man außerdem in Nardò mit den verschiedenen C 111-Diesel- und Benzin-Versionen zehn Distanz- und zwei Zeit-Weltrekorde aufgestellt.

Um unabhängig von der offiziellen Zeitnahme jederzeit über die Zahl der gefahrenen Runden, die zurückgelegte Strecke oder die Durchschnittsgeschwindigkeit informiert zu sein, sind die drei Fahrzeuge mit Kennungssendern unterschiedlicher Frequenz und zusätzlich mit Kennleuchten unterschiedlicher Farbgebung ausgerüstet, die bei Tag und bei Nacht eine eindeutige Identifikation der verschiedenen Fahrzeuge und eine zuverlässige Auswertung der durch eine Doppel-Lichtschranke ermittelten Durchfahrtzeiten sicherstellten.

Rekordfahrzeuge mit geringfügigen Modifikationen
Der 2,3-Liter-Vierzylindermotor M 102 mit zwei obenliegenden Nockenwellen und 16 Ventilen hat zwar die auch für die Serie vorgesehene Leistung von 185 PS (136 kW), jedoch sind Einspritzanlage und Zündung den besonderen Betriebsbedingungen – dem Fahren bei konstant hoher Last und Drehzahl – angepasst. Auch der Kühler entspricht der Serienausführung, doch hat man auf den Lüfter verzichtet, da bei den hohen Fahrgeschwindigkeiten der normale Fahrtwind für die Durchströmung des Kühlers ausreicht. Damit bei den niedrigeren Nachttemperaturen die Betriebstemperatur des Motors nicht absinkt, ist eine Kühlerjalousie montiert, mit der vom Fahrersitz aus der Kühler bis zu zwei Drittel abgedeckt werden kann, wodurch sich zudem noch der Luftwiderstand verringert. Die Kühlermaske ist mit einem schnell austauschbaren Insektengitter abgedeckt, um ein Verstopfen der Luftkanäle zu vermeiden. Abnehmbare Kunststoff-Kappen schützen tagsüber die Scheinwerfer vor Verunreinigungen durch Insekten oder Beschädigungen.

Kupplung und das manuelle Fünfgang-Getriebe entsprechen der geplanten Serienausführung, hingegen ist nur eine mechanische Lenkung installiert. Da auf der überhöhten Kreisbahn nahezu seitenkraftfrei – also praktisch immer „geradeaus“ – gefahren wird, ist die vorgesehene Servomotorunterstützung nicht erforderlich.

Neben der reinen Materialerprobung nutzt die Forschungsgruppe Berlin der damaligen Daimler-Benz AG diesen Langstreckentest zu verkehrspsychologischen Untersuchungen. So können zum ersten Mal Werte über Fahrerbeanspruchung unter genau definierten Bedingungen und damit aussagefähigen Ergebnissen ermittelt werden.

Mercedes-Benz 190 E 2.3-16, 1983 bis 1988
Motor: Vierzylinder-Ottomotor mit 4 Ventilen je Zylinder
Hubraum: 2.299 Kubikzentimeter
Leistung: 185 PS (136 kW)
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h (ECE-Version), ab September 1985: 225 km/h (mit Katalysator 220 km/h)
Beschleunigung 0-100 km/h: 7,5 Sekunden (ECE-Version), ab September 1985: 8,2 Sekunden (mit Katalysator 8,5 Sekunden)

Quelle: Mercedes-Benz Classic

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Akustiker
10 Jahre zuvor

Es wäre interesant wieviel Reifen verbraucht worden sind. Bremsebeläge waren bestimmt noch fast wie neu, wer bremst schon auf einer Hochgeschwindigkeitsbahn.

mehrzehdes
10 Jahre zuvor

geringfügige modifikationen, soso. wenn man den kühler mit insektengitter schützt und tagsüber kappen vor die scheinwerfer setzt – das ist eine geringfügige modifikation. wer scheibenwischer und spiegel abbaut und den wagen extra tiefer legt sowie die federung anpasst (was übrigens nicht erwähnt ist) baut schon massiv um für einen luftwiderstand, den mit dem der serien-190er nichts mehr zu tun hat.

die einspritzanlage und das kennfeld zu ändern, ist eine tiefgreifende motormodifikation, die leistung bringt. auch die nebenaggregate abzukoppeln ist kein kleiner eingriff und bringt deutlich leistung. insgesamt dürften die nardo-benzen eher 220 als 185 ps gehabt haben. mit 185 serien ps wäre es kaum möglich gewesen, selbst bei cw x a = 0,59 250 km/h zu erreichen.

später lernten übrigens käufer eines 300ers 24V schmerzhaft, daß die in nardo gezeigte zuverlässigkeit nur für mercedes-vierventiler mit zugekauften cosworth-zylinderköpfen galt.

iAMG
10 Jahre zuvor

Das mit den 250kmh halte ich bei einem Serienfahrzeug auch für ausgesprochen unwahrscheinlich. Da spricht doch einiges für die Darstellung von mehrzehdes.

Gottlieb
10 Jahre zuvor

Deshalb steht im Text ja auch ….Die technischen und optischen Spezifikationen der Nardò-Version entsprechen weitgehend der geplanten Serienausführung,…. WEITGEHEND und nicht VOLLSTÄNDIG……

mehrzehdes
10 Jahre zuvor

man muß sich durch die gehirnwäsche der daimler-medienprofis nicht für dumm verkaufen lassen. ich geb´dir recht: weitgehend ist ein dehnbarer begriff. ob er hier noch zutrifft, weiß ich nicht. ich bin nicht die umwelthilfe und werde es nicht vor gericht klären lassen. das müsste auch ein kläger nicht, denn in der titelzeile heißt es „rekordfahrzeuge mit geringfügigen modifikationen“. das ist sicher überschritten.

interessant übrigens, daß zu den „geringfügigen modifikationen“ auch die elektrische kühlerjalousie zählt, die 2009 mit dem 212 in die serie einzug hielt ohne zu erwähnen, daß hier ne 25 jahre alte schublade aufgezogen wurde.

Stefan
10 Jahre zuvor

Mercedes Fahrzeuge waren früher einfach besser wie heute. Mediengeschichten hin oder her. Heute schaffen sie nichts vergleichbares mehr – auch nicht mit Modifikationen

martin
10 Jahre zuvor

……..und die Bartwickelmaschine summt im Keller!

Was soll denn früher so toll gewesen sein.
Mercedes Rosten über alle Baureihen hinweg seit den 70er Jahren (Ausnahme war der 201er)also was war da besser.
Über Design kann man streiten, die Materialqualität war immer den Zeiten angepasst.

Also bitte , ich weiss wirklich nicht was da besser war.
Das ist wie mit allem im Leben. Rückblickend hat man immer nur die guten Sachen im Kopf weil das schlechte verdrängt wurde.

wido
10 Jahre zuvor

Martin schrieb:
„Mercedes Rosten über alle Baureihen hinweg seit den 70er Jahren (Ausnahme war der 201er)also was war da besser.“
Das ist so Quatsch.
Nach 2 W201 (190-iger), habe ich 12 Jahre lang einen W202 12 gefahren und mein jetziger W203 ist jetzt 9 Jahre alt!
KEINES dieser Fahrzeuge hat bzw. hatte Roststellen!