1970: Premiere für den C 111-II auf dem Genfer Automobilsalon

Faszinierende Sportwagenikone und Medienliebling, rollendes Labor für die Entwicklung des Wankelmotors sowie zur Erprobung neuer Technologien und nicht zuletzt legendärer Rekordwagen: Dies und noch viel mehr ist der Mercedes-Benz C 111. Seine zweite Entwicklungsstufe C 111-II mit der 257 kW (350 PS) starken Vierscheiben-Ausführung des Rotationskolbenmotors M 950 F (viermal 602 Kubikzentimeter Kammervolumen) feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag.

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

Premiere

Vorgestellt wird der Supersportwagen vor 50 Jahren auf dem 40. Genfer Automobilsalon vom 12. bis 22. März 1970. Der 1.120 Millimeter flache neue Flügeltürer mit 2.620 Millimeter Radstand hat eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), die mit der Rahmenbodenanlage aus Stahlblech verschraubt ist. Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt bis zu 300 km/h. Ein Publikumsmagnet ist er bis heute: Ein Mercedes-Benz C 111-II in der charakteristischen Lackierung „Weißherbst“ ist im Mercedes-Benz Museum im Ausstellungsbereich „Faszination Technik“ zu erleben.

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

Weiterentwicklung des C 111

Der C 111-II entsteht auf Basis des im Herbst 1969 präsentierten C 111. Technisch zeichnet er sich insbesondere durch den Vierscheiben-Wankelmotor aus, einen echten Sportmotor. Die Designentwicklung unter der Leitung von Bruno Sacco und Josef Gallitzendörfer beginnt im Sommer 1969. Unter anderem verbessert sich gegenüber dem Vorgänger die Sicht des Fahrers durch Veränderungen an Kotflügeln, Dach und Heckdeckel. Auch die Aerodynamik ist optimiert: Windkanalmessungen ergeben einen gegenüber dem C 111 um acht Prozent verminderten Luftwiderstand. Das Interieur des C 111-II überzeugt durch seine moderne Ästhetik. Seine Alltagstauglichkeit unterstreicht der Traumwagen zum Beispiel dadurch, dass er Platz für einen großen und zwei kleine Koffer des Mercedes-Benz Koffersatzes bietet.

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

Dream-Car der 70er Jahre

Der C 111 ist von Beginn an ein Highlight. Damit geht der Plan des Vorstands der damaligen Daimler-Benz AG auf: Dieser beschließt am 20. Mai 1969, dass der C 111 als „Traumwagen“ vom 11. bis 21. September 1969 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main vorgestellt werden soll. Nach dem sensationellen Debüt gastiert der C 111 auf zahlreichen weiteren Messen und Ausstellungen: dem Automobil-Salon in Paris, der London Motor Show (Oktober 1969), dem Turiner Salon (Oktober / November 1969), der Jochen Rindt Show in Wien (November 1969) und Essen (Dezember 1969), dem Automobil-Salon in Brüssel (Januar 1970) und der Chicago Auto Show (Februar 1970). In Genf hat dann im März 1970 die weiterentwickelte Version C 111-II Premiere.

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

Blankoschecks bis zu einer halben Million DM

Zahlungskräftige Sportwagenfans sind bereit, hohe Summen für einen C 111 zu zahlen. Bereits in London 1969 bietet ein Automobilliebhaber bis zu einer halben Million DM. In den folgenden Monaten treffen sogar Blankoschecks in Stuttgart ein. Doch die Marke betont, dass das Experimentalfahrzeug unverkäuflich ist. Ganz am Anfang seiner Karriere ist der spätere C 111 (den Mercedes-Benz unter der internen Bezeichnung C 101 führt) jedoch für eine ganz andere Zielgruppe bestimmt: Bereits 1963 denkt man über einen Wankelmotor in einem „kleinen, preiswerten Sportwagen“ nach, der unterhalb des „Pagoden“-SL (W 113) platziert werden soll. Ende 1968 wird diese Ausrichtung konkretisiert zum „kleinen sportlichen Fahrzeug“ ohne ausgeprägten Komfort, das sich auch für den Rallyesport eignet und „jüngere Leute“ ansprechen soll.

1970: Premiere für den C 111-II von Mercedes-Benz auf dem Genfer Automobilsalon

Fahrerlebnis in Genf

In Genf ist der C 111-II vor 50 Jahren nicht nur als Ausstellungs-Highlight zu erleben, sondern auch in Fahrt. Denn von der zweiten Serie bringt Mercedes-Benz zwei der insgesamt fünf geplanten Experimentalfahrzeuge mit zum Automobilsalon. Der Versuchswagen mit der internen Nummer 31 ist der erste C 111-II und  im Rahmen der Pressevorführung am 10. und 11. März 1970 auf dem Circuit de Monthoux bei Genf bei Demonstrationsfahrten zu erleben.

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Bereits digitale Entwicklung am Computer

Der C 111 weist nicht nur mit seiner Form in die Zukunft. Er ist auch das weltweit erste Automobil, das von Grund auf am Computer konstruiert wird. Die Ingenieure verwenden dazu das Verfahren ESEM (Elastostatik-Element-Methode), eine bei Mercedes-Benz entwickelte Variante der Finite-Elemente-Methode (FEM). Die Digitaltechnik ermöglicht sogar das Berechnen dynamischer Belastungen. Bei Mercedes-Benz geht man davon aus, dass so rund vier Monate Entwicklungszeit eingespart werden. Der hauseigene Dokumentationsfilm „Das Auto, das aus dem Computer kam“ stellt die Innovation vor.

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V8 statt Wankel

Im Dezember 1970 wird in einen C 111-II statt des Wankelmotors ein Mercedes-Benz 3,5-Liter-V8-Hubkolbenmotor eingebaut. Dieses Fahrzeug von Mercedes-Benz Classic macht den C 111 heute auch dynamisch erlebbar und sorgt bei Veranstaltungen der automobilen Klassik immer wieder für Begeisterung. Ein anderes Einzelstück der unternehmenseigenen Fahrzeugsammlung ist ein C 111-II aus dem Jahr 1975: Seine Bodengruppe besteht aus einem Sandwich aus zwei nur wenige Millimeter dicken, glasfaserverstärkten Kunstharzschalen, die mit einer Polyurethan-Ausschäumung zu einem Kernverbund verschweißt sind.

Butter und Ski

Der C 111-II zeigt gegenüber seinem Vorgänger einige komfortable Details. Dafür setzt sich insbesondere Rudolf Uhlenhaut ein, Leiter der Mercedes-Benz Personenwagen-Entwicklung. Zusätzlich zum regulären Kofferraum werden beispielsweise die Unterbringung eines Gepäckstücks auf dem Heckdeckel mit Spanngurten sowie der Skitransport vorgesehen. Uhlenhaut lässt den C 111-II auch einer praxisnahen „Butterprobe“ unterziehen: Dabei wird während einer sportlichen Fahrt getestet, ob ein Päckchen Butter im Kofferraum – trotz dessen Isolierung gegen die Wärme des Verbrennungsantriebs – schmilzt.

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Farbe bekennen: „Weißherbst“ Lackierung

Heute ist der C 111-II wie auch sein Vorgänger im öffentlichen Bewusstsein ganz klar mit dem Orangemetallic-Farbton „Weißherbst“ verbunden. Zunächst werden jedoch Ende der 1960er-Jahre auch eine Lackierung in „Zinnoberrot“ und ein Dekor mit Rallyestreifen angedacht. 1969 erscheint der C 111 zunächst in einem weißen Effektlack und in Leuchtorange. Bis zur Premiere des C 111-II in Genf vor 50 Jahren setzt sich aber die Lackierung „Weißherbst“ als typische Farbe durch.

Rekordwagen

Die Entwicklung des Wankelmotor-Supersportwagens wird nach dem C 111-II und seinem Pendant mit Kunststoff-Bodengruppe bei Mercedes-Benz nicht weiter fortgesetzt. Dennoch strahlt der Stern der Experimentalfahrzeuge weiter hell. Denn auf ihrer Basis entstehen die höchst erfolgreichen Rekordfahrzeuge C 111-II D (1976), C 111-III (1977) und C 111-IV (1979).

1970: Premiere für den C 111-II auf dem Genfer Automobilsalon

Druckfrisch: „Mercedes-Benz C 111“ Buch

Neue Einblicke in die Entwicklung des Traumsportwagens und Rekordjägers bietet das Buch „Mercedes-Benz C 111“, das in Kürze im Motorbuch Verlag Stuttgart erscheinen wird. Der aufwendig recherchierte Band mit umfassenden Detailinformationen und Fotos aus den Archiven der Daimler AG, darunter zahlreiche bisher unveröffentlichte Motive, dokumentiert erstmals die komplette Entwicklungsgeschichte dieses faszinierenden Fahrzeugs.

1970: Premiere für den C 111-II auf dem Genfer Automobilsalon

Quelle: Daimler AG

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Wolfi
4 Jahre zuvor

“…Der hauseigene Dokumentationsfilm „Das Auto, das aus dem Computer kam“ stellt die Innovation vor.“

Gibt es eine Möglichkeit diesen sehen zu können ?

Achim
4 Jahre zuvor

Ein absolut zeitloser Traum. Etwas modernere Lichttechnik und ein moderner Innenraum und man könnte die Form selbst heute zweifelsohne verkaufen! Schade das es ihn nie in Serie gab, gilt auch für den C112!

martin
4 Jahre zuvor

Absolut geiles (Entschuldigung für die Wortwahl) Auto. Von dem Typ bekomme ich heute noch feuchte Träume 🙂

Schade der der nie in Serie als Supersportwagen gebaut wurde. Dann gäbe es Porsche heute wirklich nicht mehr.

By the way: die C111-II Karosse war scheinbar auch der Ideengeber für den von Buchmann in Frankfurt gebauten Isderea CW311, dem man mal schnell ohne eine Genehmigung einen Stern draufgepappt hatte, was von Daimler aber schliesslich wegen der grossen Publicity genehmigt wurde.

Phil
Reply to  martin
4 Jahre zuvor

Der CW311 von Buchmann entlehnte seinen Namen seinem Cw-Wert von 0,311. Der einzige Prototyp gilt als verschollen. Eberhard Schulz, einer der Väter des CW311, gründete in Warmbronn im Kreis Leonberg bei Stuttgart die Fa. Isdera und baute u.a. den Isdera Imperator, der dem CW311 optisch sehr ähnelt, so viel ich weiß etwa 30 Stück. Wenn man vom Solitudering die Kreisstraßen Richtung Renningen fährt, kommt man in Warmbronn direkt an den alten Hallen vorbei. Früher waren dort ab und an recht interessante Fahrzeuge zu sehen.

Torx
4 Jahre zuvor

Das sollte der Film sein: https://youtu.be/IcYuuW13ZZ4