Autobauer Daimler klagt gegen Diesel-Rückrufe

Daimler AG Zentrale - Stuttgart Daimler AG Headquarter Stuttgart, Germany

Aufgrund vermeintlich unzulässiger Abgastechnik musste Mercedes-Benz auf Weisung des Kraftfahrbundesamtes bereits zahlreiche Diesel-Fahrzeuge zurückrufen. Jetzt klagt die Daimler AG vor dem Verwaltungsgericht Schleswig dagegen. Aktuell liegen drei Klagen der Mercedes-Benz AG vor.

Daimler zieht wegen Diesel-Rückrufe vor Gericht

Nach der Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamtes hat der Stuttgarter Autobauer bei hunderttausenden von Diesel-Modellen der Marke Mercedes-Benz eine unzulässige Abgastechnik eingesetzt. Gegen die erlassenen Rückruf-Aufforderungen des KBA kamen die Stuttgarter zwar nach, halten die Funktionen aber für zulässig. Das Unternehmen hatte bereits schon Widersprüche gegen die Bescheide eingelegt – jedoch ohne Erfolg: das KBA wies diese jeweils zurück. Bislang ist hier noch ein Vorgang offen, weil die Begründung des Unternehmens noch fehlt.

Erste mündliche Verhandlung nicht vor 2022

Die Daimler AG möchte die strittigen Fragen – wie vorab auch angekündigt – nun vor Gericht klären lassen.  Die erste mündliche Verhandlung des Gerichts in Schleswig ist jedoch erst Mitte 2022 zu erwarten, zumal die Arbeitauslastung der Behörde bzw. der dortigen zuständigen 3. Kammer entsprechend hoch ist.

21 Kommentare
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Cornelius
3 Jahre zuvor

Schön. Vor Gericht dürfte die politische Komponente, die das Handeln des KBA beeinflusst, nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Snoubort
3 Jahre zuvor

Man hat mal wieder gemeint klüger als die Kunden und der Staat sein zu wollen und dafür die Quittung kassiert – jetzt sollte an es dann auch mal gut sein lassen.
„Thermofenster“ weit über den durchschnittlichen Temperaturwerten in D – und weit über irgendwelchen tatsächlichen technischen Notwendigkeiten – anzusetzen ist für mich völlig unabhängig der juristischen Wertung sachlich eine Hintergehung.

harry
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

Die Meinung kann ich nicht nachvollziehen. Die Vorgaben kommen doch von der Politik und diese wurden halt bis ins kleinste Detail ausgereizt. Die betreffenden Fahrzeuge wurden ja auch vom KBA technisch so abgenommen. Daimler hat halt die schlaueren Ingenieure als das KBA.

Garry
Reply to  harry
3 Jahre zuvor

Sehe ich genauso. Im Motorsport würde man sagen, man hat das Reglement „richtig gelesen“! 🙂

Cornelius
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

Sehe ich nicht so. Die Gesetzgebung sah vor, dass der Hersteller die Abgasreinigung bei niedrigen Temparaturen, bei denen der Hersteller eine Beschädigung des Motors erwartete, abschalten durfte. Was als niedrige Temparatur und was als Beschädigung des Motors einzustufen war, wurde gesetzlich nicht näher definiert.

Wenn nun ein Hersteller sich dazu entschloss, auch bei 10° Celsius bereits die Abgasreinigung abzuschalten, weil er davon ausging, das würde die Lebenserwartung des Motors erhöhen, dann war dies durch das Gesetz gedeckt.

Ich kann daran auch nichts illegitimes erkennen. Die Hersteller handelten offensichtlich in der Absicht, den Kundennutzen zu maximieren, und der Kunde profitiert von einer hohen Lebensdauer des Motors.

Snoubort
Reply to  Cornelius
3 Jahre zuvor

Klar, die technische Notwendigkeit bei 17Grad…..

Tom
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

ja, vielleicht lag die technische Notwendigkeit bei 17 Grad.
Warum umgeht die Politik nicht einfach das Problem, in dem sie klare Vorgaben macht? Ich kann es Dir sagen. weil die Politik das nicht kann nicht will und weil die Kompetenz unterirdisch bis mangelhaft ist.
Da verklagt man hinterher lieber.

Matthias
Reply to  Tom
3 Jahre zuvor

Sehe ich anders: weil die Politik stark durch die Autolobby „umgarnt“ wird (um es mal freundlich auszudrücken) und bei vermeintlich zu strikten Werten oder Rahmenbedingungen sogar offen seitens der Industrie gedroht wird („Arbeitsplätze“, „Gewerbesteuern“, „Ansiedlungen“, „Wettbewerbsfähigkeit Standort Deutschland“) – ist aktuell Zwecks Beeinflussung der künftigen Euro7-Gesetzgebung par excellence mitzuerleben;-)

mete111
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

@Snoubort: Das kann man natürlich so sehen. Juristisch wird Daimler aber Recht bekommen, da es eben nicht illegal war. Ich denke Daimler geht es hier ums Prinzip. Die anderen Hersteller haben genau das gleiche gemacht und haben teilweise noch viel dreckigere Diesel ausgeliefert (Peugeot, Fiat, usw.). Daher verstehe ich auch den Hersteller, der beweisen will, dass man sich eben nur weit in die Grauzone herangetraut hat.

Snoubort
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

Ich wollte in keinsterweise das KBA in Schutz nehmen, aber eben auch nicht die 9 mal Klugen….

Tom
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

@Soubort:

Die Vorgaben kamen von der Politik und hat diese umgesetzt. Und zwar 1:1. Deswegen ist es vollkommen korrekt, dass Daimler klagt und hoffentlich bekommt das KBA richtig eines auf die Mütze für die Willkür.

Hr.Schmidt
3 Jahre zuvor

@Snoubort, 6, setzen. Wenn das KBA meint, über dem Gesetz zu stehen, dann muss man das juristisch bewerten lassen.

Snoubort
Reply to  Hr.Schmidt
3 Jahre zuvor

ich habe doch eindeutig geschrieben, dass ich das nicht juristisch meine. Aus meiner Sicht würde es aber einem gewissen Anstand entsprechen die Sache jetzt beruhen zu lassen.
Tatsächlich gehe ich aber auch davon aus dass die Sache juristisch nicht ganz eindeutig sein wird.

me
Reply to  Snoubort
3 Jahre zuvor

Ich glaube es nicht. Aus „Anstand“ auf berechtigte Kostenerstattungsansprüche in Millionenhöhe verzichten. Das schreibt hier ausgerechnet Snoubort, derjenige der hier im blog am vehementesten den niedrigen Aktienkurs von Daimler mit Unfähigkeit des Managements erklärt. Ich möchte mal wissen, wie ein Richter einem deswegen klagenden Aktionär nicht rechtgeben soll. Das ist Veruntreuung von Firmenvermögen. Ich muss schon sagen: Wieder mal ganz großes Laienkino von Snoubort was hier rausgehauen wird.
Das muss man sich mal vorstellen, als interessierter Aktienerwerber würde ich aber auf jeden Fall von einem Unternehmen die Finger lassen, welches aus Anstand auf berechtigte Erstattungsansprüche in Millionenhöhe verzichtet.
Da kann Daimler gleich das Wort karitativ in seine Unternehmensbezeichnung einfügen und darf demnächst steuerlich genehmigte Spendenbescheinigungen ( wegen Gemeinnützigkeit ) ausstellen.

Thomas
3 Jahre zuvor

Der BGH entschied nur über Vorsätzlichkeit oder Sittenwidrigkeit. Und verneinte Beides. Das wäre aber Voraussetzung für Schadensersatz gewesen.
Die Rückrufe stehen vollkommen unabhängig davon zur Entscheidung. Ich gehe davon aus, dass kein Rückruf der Autohersteller, unabhängig zu welchem Thema, durch vorsätzliches Handeln ausgelöst wurde. Daher wird die Bewertung in diesem Fall sicherlich interessant. Sollte nachweisbar sein, dass die Einrichtungen zumindest mit Billigung der zuständigen Stellen eingesetzt wurden, bestehen gute Erfolgsaussichten. Es kann aber genauso gut eine unspektakuläre Niederlage werden.

Flo
3 Jahre zuvor

Warum kann man eigentlich keinen Grenzwert festlegen der IMMER gilt… der ist dann höher als jetzt aber dafür muss das das Fahrzeug immer bringen. Egal wir kalt /warm /feucht /trocken es ist
Das kann wenigstens auch ich als Kunde dann verstehen und dann meine Kaufentscheidung treffen

Dann braucht es kein thermofenster…. oder ist das technisch nicht machbar?

Fabian
Reply to  Flo
3 Jahre zuvor

Es ist machbar, der Aufwand wäre aber ungleich höher. Grob kann man es mit den Geräuschgrenzwerten vergleichen. Hier hat man auch einen Messbereich definiert – weil Verbrenner in manchen Situationen lauter sind. Findige Ingenieure kamen dann mit der Klappensteuerung und haben das legal (egal ob nun sinnvoll oder nicht) umgangen. Deshalb wurden diese Autos auch deutlich lauter. Das hat man dann gemerkt und es nun wieder geändert. Dadurch wurden diese damals geprüften und freigegeben Fahrzeuge aber nicht rückwirkend illegal. Im Prinzip verhält es sich hier ähnlich, kann also schon verstehen warum das überprüft werden soll.

Peter Reiter
3 Jahre zuvor

Auch sehr glaubwürdig, wenn man sich u.a. schon mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart auf eine Zahlung von fast
1 Milliarde und in den USA auf insgesamt fast 3 Milliarden wegen Abgasmanipulationen geeinigt hat!
Hoffentlich bekommt Daimler dann einmal mehr eine auf den Sack! Profitgier frisst Hirn…

harry
Reply to  Peter Reiter
3 Jahre zuvor

Hallo, daß war in keinster Weise ein Schuld-Eingeständnis!!!

Phil
Reply to  Peter Reiter
3 Jahre zuvor

Mir missfällt dieses Bashing.
Der BGH hat mit Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 befunden:
„Bei dem Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems wie im vorliegenden Fall fehlt es an einem derartigen arglistigen Vorgehen des beklagten Automobilherstellers, das die Qualifikation seines Verhaltens als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unterscheidet die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand, etc., vgl. Art. 5 Abs. 3 a) der Verordnung 715/2007/EG i.V.m. Art. 3 Nr. 1 und 6, Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung 715/2007/EG (ABl. L 199 vom 28. Juli 2008, S. 1 ff.) in Verbindung mit Abs. 5.3.1 und Anhang 4 Abs. 5.3.1, Abs. 6.1.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 (ABl. L 375 vom 27. Dezember 2006, S. 246 ff.)) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand.
Bei dieser Sachlage wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten nur gerechtfertigt, wenn zu dem – hier unterstellten – Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten…“.

Solche weiteren Umstände sind aber nicht festgestellt, ebenso wenig wie ein Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG.

Betreiben Enthusiasten gerne Bashing?

Andi
3 Jahre zuvor

Wieso hat Merceds dann einen Rückruf gemacht, wenn die sich doch unschuldig fühlen? Das ist, wie wenn ich freiwillig Alimente zahle, obwohl es angeblich nicht zum Koitus gekommen ist….