Die Nachricht schlug in der Automobilbranche ein: Mercedes-Benz wird ab 2027 einen Teil der Produktion seines wichtigsten SUV-Modells, des GLC, im US-amerikanischen Werk Tuscaloosa fertigen lassen. Offiziell heißt es aus der Unternehmenszentrale in Stuttgart, die Produktionsverlagerung sei eine Reaktion auf geopolitische Herausforderungen, steigende Kosten und neue Marktanforderungen. Für die deutsche Belegschaft bedeutet der Schritt aber vor allem eines: Verunsicherung.
Produktionsteilung mit Folgen
Das Werk in Bremen bleibt laut Unternehmensangaben weiterhin ein zentraler Standort für die GLC-Produktion. Die aktuelle Beschäftigungssicherung für die Stammbelegschaft gilt dabei noch bis Ende 2034. Betriebsbedingte Kündigungen seien in diesem Zeitraum ausgeschlossen, betont Mercedes. Doch der Blick hinter diese Zusicherung offenbart, dass die Maßnahme nicht alle Beschäftigten gleichermaßen schützt – insbesondere Leiharbeitskräfte drohen dabei durch das Raster zu fallen.
Leiharbeiter unter Druck
Schon heute machen Leiharbeiter in vielen deutschen Autowerken einen beträchtlichen Teil der Produktionsmannschaft aus. Sie übernehmen oft dieselben Aufgaben wie ihre festangestellten Kollegen, genießen jedoch deutlich weniger Sicherheit: geringere Löhne, weniger soziale Absicherung, sowie kaum Perspektiven auf eine unbefristete Übernahme. Im Fall von Mercedes-Benz sind sie von der Beschäftigungsgarantie explizit ausgenommen.
Mit der Verlagerung der Produktion in die USA könnten genau diese Arbeitsplätze als erste wegfallen – geräuschlos, ohne betriebliche Kündigungen, einfach durch auslaufende Verträge. Für viele bedeutet das einen abrupten Jobverlust, verbunden mit Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt. Gerade in Regionen wie Bremen, wo der Autobauer zu den größten Arbeitgebern zählt, könnten die sozialen Folgen spürbar sein.
Strategie mit Risiko
Wirtschaftlich ist der Schritt dabei nachvollziehbar. In den USA spart Mercedes-Benz nicht nur Transportkosten, sondern umgeht auch Strafzölle auf importierte Fahrzeuge – zuletzt hatten die USA Zölle von bis zu 25 Prozent auf bestimmte Modelle angedroht. Hinzu kommen niedrigere Löhne und eine insgesamt günstigere Kostenstruktur. Es ist eine Strategie, die sich kurzfristig auszahlen dürfte – langfristig aber auch den Industriestandort Deutschland schwächen könnte.
Bereits jetzt plant Mercedes-Benz, den Anteil der Produktion in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen. Kritiker sprechen von einer schleichenden Deindustrialisierung. Auch innerhalb der Belegschaft wächst dazu der Druck: Die Gewerkschaften fordern klare Aussagen zur Zukunft deutscher Werke und eine faire Behandlung aller Beschäftigten – auch der Leiharbeiter.
Appell an die Politik
Die Entwicklung bei Mercedes-Benz ist kein Einzelfall, sondern Teil eines größeren Trends in der deutschen Industrie. Produktionsverlagerungen, Kostenoptimierungen, internationale Konkurrenz – das alles erhöht den Druck auf heimische Standorte. Die Politik steht vor der Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Unternehmen im Land halten – etwa durch steuerliche Anreize, Investitionen in Infrastruktur und eine Stärkung der Tarifbindung auch für Leiharbeitsverhältnisse.
Symbolbilder: Mercedes-Benz Group AG