Blick auf die Omnibusfertigung von Mercedes-Benz in der Türkei

Rund 3300 Mitarbeiter, zirka 4500 Produktionseinheiten im Jahr – das Mercedes-Benz Omnibuswerk Hoşdere am Stadtrand der türkischen Metropole Istanbul gehört zu den größten seiner Art in Europa. Hier entstehen mit Travego, Tourismo, Intouro und Conecto vier unterschiedliche Baureihen. Auffallend ist der Fokus auf Top-Qualität: Von den Schweißrobotern im Rohbau bis zur detail­lierten Kontrolle und umfangreichen Tests nach dem Finish steht sie überall im Mittelpunkt.

Omnibusse mit Stern aus der Türkei – eine Erfolgsstory
Mercedes-Benz Türk wurde im Jahr 1967 als eine 36-prozentige Beteiligung der Daimler-Benz AG unter dem Namen “Otomarsan” in Istanbul gegründet. Die Pro­duktion von Bussen des Typs O 302 wurde 1968 aufgenommen. Parallel zum Wachstumspotential der Türkei nahm das Lkw-Werk 1986 in der Provinz Aksaray in Mittelanatolien die Produktion auf. Vor den Toren der Metropole Istanbul entstand 1994 das neue und großzügig gestaltete Mercedes-Benz Omnibuswerk in Hoşdere. Es nimmt eine Fläche von 360 000 m² ein, davon 139 000 m² bebaut. Mit den Be­reichen Rohbau, Lackierung, Montage und Finish handelt es sich um ein Vollwerk für sämtliche Arbeitsschritte in der Omnibusfertigung. Das Werk ist mit modernster Produktionstechnologie ausgestattet. Es folgt dem Gesamtverständnis eines mo­dernen Produktionsprozesses, der in idealer Weise umgesetzt ist. Werk Hoşdere orientiert sich wie die anderen Omnibuswerke an den Best Practice-Beispielen im Produktionsverbund Daimler Buses und setzt auch seine eigenen Standards. Die Daimler AG ist heute mit 67 Prozent an Mercedes-Benz Türk beteiligt. Seit 1967 hat Daimler in die türkische Omnibusfertigung insgesamt 885 Millionen Euro inves­tiert. Der Erfolg spricht für sich: Inzwischen sind in der Türkei mehr als 75 000 Omnibusse mit Stern gebaut worden. Sie werden aktuell in mehr als 70 Ländern der Welt exportiert.

Rohbau - 9 - DOM Stationen_2

Rohbau: Manhattan, Roboter und zwei Dome
Zwei Schweißroboter, 86 CNC-Maschinen, 449 Zusammenbauvorrichtungen, 37 Segmentvorrichtungen, Schneide- und Stanzmaschinen, Biege- und Abkant­maschinen, Exzenter- und Hydraulikpressen sowie zwei Dome – der Rohbau im Mercedes-Benz Omnibuswerk Hoşdere versammelt für die Verarbeitung von Stahl und Aluminium einen beeindruckenden Maschinenpark. Wie in den anderen Produktionsabteilungen des Werks, arbeiten die Beschäftigten hier in zwei Schichten von 7.30 bis 23.30 Uhr an sechs Tagen in der Woche. Zur Erhöhung der Kapazität wurden beide Schichten vor kurzem um eine Stunde ver­längert – daraus resultiert eine Fertigung von 16 Omnibussen pro Tag.

Mercedes-Benz 20 Jahre Hosdere

Im Rohbau, wie auch anderswo in der Fertigung, herrscht das Prinzip des Shop­floor-Managements: Mitarbeiter und Führungskräfte treffen sich täglich zu defi­nierten Zeiten in der Produktion, um anhand von Kennzahlen den aktuellen Stand der Produktion zu besprechen und um eventuelle Probleme vor Ort zu lösen. Das geschieht auf unterschiedlichen Ebenen kaskadenförmig, führt zu umfassender Information und schneller Reaktion.

Manhattan – die Zusammensteckstation mit einer Skyline
Die Rohbauten der Omnibusse werden in Segmenten gefertigt, die meisten davon sogar auf selbst entwickelten und selbst hergestellten Vorrichtungen. Ins Auge fällt unter anderem „Manhattan“. Hier werden die Vorder-, Mittel- und Hintersegmente sowie Front- und Heckgerippe des Omnibusunterbaus vereint. Wer sich vor Manhattan leicht in die Hocke begibt, kann eine Skyline ähnlich der Metropole entdecken – daher der Name. Derartige Stationen unterstützen die Mitarbeiter bei ihrer komplexen Tätigkeit. Die vier Omnibus-Baureihen des Werkes Hoşdere werden in 33 verschiedenen Fahrzeugtypen gefertigt. Dabei sind die zahlreichen Sonder­wünsche der Kunden noch gar nicht gezählt.

Der Unterbau eines Omnibusses mit Stern besteht aus drei Segmenten (Vorder-, Mittel-, und Hintersegment) und Front- und Heckgerippe. Die Rohr- und Bleichteile des Gerippes werden zuerst in Vorrichtungen zusammengesteckt und dann ver­schweißt. Dies geschieht, wie im Omnibusbau üblich, durchweg per Hand. Die Belieferung der gemeinsamen Linie erfolgt nach dem Fischgrätenprinzip. Bei sicherheitsrelevanten Teilen im Unterbau übernehmen Schweißrobotor die diffizile Arbeit.

Die vorgesehenen Rohre werden unter anderem per Laser geschnitten. Aufgrund der Vielfalt sind gleich drei Vorrichtungspaare zur Herstellung der Seitenwand nötig. Damit deckt der Rohbau unterschiedliche Höhen und Fallungen der Omni­busse ab. Alle Varianten werden im Rohbau auf einer gemeinsamen Linie produ­ziert.

Dom: Zusammenbau der Komponenten zu einer Einheit
Die Gerippe von Unterbau, Seitenwänden, Bug, Heck und Dach werden im „Dom“ zu einer Einheit zusammengefügt. Der Name der Vorrichtung erklärt sich aus ihrer Form und Größe. Vier Mitarbeiter verschweißen die Komponenten innerhalb von zwei Stunden. Aus Gründen der Arbeitssicherheit und der Planzeiten sind in Hoşdere zwei Dom-Vorrichtungen im Einsatz.

Im nächsten Schritt werden in der benachbarten Aufbaulinie die Dach- und Seiten­beplankung montiert. Die Seitenwände werden zugunsten einer glatten und homo­genen Oberfläche vorgespannt, die Flächen auf dem Gerippe verklebt und die Enden punktgeschweißt. In der Produktion haben Themen wie Ergonomie und Arbeitssicherheit einen hohen Stellenwert und werden streng befolgt. Beispiels­weise arbeiten Schweißer nicht nur wie üblich hinter einer schützenden Maske, sondern sind mit Frischluft-Automatikschweißmasken ausgerüstet.

Fortlaufende Kontrolle gewährleistet hohe Qualität
Exaktheit und Kontrolle im Rohbau sind wichtig, denn der Rohbau bildet die Quali­täts-Basis für den gesamten Omnibus. Deshalb stempelt jeder Schweißer bei jedem Bauteil seine ordnungsgemäße Arbeit ab. Der zuständige Meister begutachtet in jeder Schicht stichprobenartig zwei Fahrzeuge.

Nicht nur die Rohbau-Komponenten an den einzelnen Stationen werden regelmäßig gemessen, sondern immer wieder auch der Dom selbst. Jedes Fahrzeug wird noch in der Fertigungslinie mit Lehren überprüft, um die Qualität des Rohbaus zu gewähr­leisten. Einmal im Monat erfolgt im Rahmen einer Auditierung die Kontrolle eines kompletten Gerippes bis ins Detail. Bei Änderungen und Neuanläufen werden sämt­liche neuen Komponenten per Laser auf exakte Maßhaltigkeit überprüft.

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Klappen mit abgerundeten Kanten – erfunden in Hoşdere
Auch die Klappen und Klappenrahmen aus Aluminium fertigt das Omnibuswerk in Eigenregie. Die Kanten der Klappen sind nicht scharfkantig, sondern beidseitig ab­gerundet. Daher haftet beim späteren Lackiervorgang die Beschichtung sehr gut auf der Oberfläche – ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Das Fräserwerkzeug zur beid­seitigen Abrundung der Klappenkanten wurde in Hoşdere entwickelt und wird in­zwischen auch im Rohbau des Werks Mannheim eingesetzt. Klappenrahmen und die Außenhaut der Klappen werden erst nach der Oberflächenbehandlung miteinan­der verklebt.

Zunächst aber wechselt jeder komplette Rohbau mit Hilfe eines Hängeförderers über eine geschlossene Brücke in die Lackierung. Typisch für die Qualität von Omnibussen Made by Mercedes-Benz in Hoşdere ist auch ein weiteres Merkmal: Vor der vollständigen Fertigstellung verlässt kein Omnibus die Gebäude des Werks und wird damit vor Umwelteinflüssen geschützt.

Lackierung: Präzisionsarbeit im KTL-Bad unter Strom
In der Lackierung wird das rund vier Tonnen schwere Gerippe auf einem Stahltisch platziert und um 90 Grad gedreht. Es folgt die Vorbehandlung mit dem Spritzphos­phatierprozess und die anschließende kathodische Tauchlackierung (KTL). Sie ge­währleistet durch eine lückenlose Beschichtung aller Gerippeteile von außen und innen einen unübertroffenen Korrosionsschutz. Die KTL-Anlage im Mercedes-Benz Omnibuswerk Hoşdere ist die erste derartige Anlage für die Busproduktion in der Türkei und bereits seit acht Jahren in Betrieb. Inzwischen haben sie weit mehr als 20 000 Omnibusse durchlaufen.

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Nach Entfettung und Zinkphosphatierung folgt das eigentliche Bad in der KTL-Anlage. Die entsprechende Wanne ist 16,5 m lang, 4 m breit und 6,5 m tief. Pumpen wälzen in dem Behälter fortlaufend 390 t Lack um. Das Gerippe wird schräg eingetaucht und in umgekehrter Neigung wieder herausgeführt. Damit ist gewährleistet, dass der schützende Lack in den kleinsten Hohlraum dringt.

Individuelle Steuerung für jedes Modell
Eine besondere Herausforderung an die KTL-Anlage ist die geforderte unter-schiedliche Schichtdicke: 12 µm innen, dagegen auf den äußeren Flächen 20 – 30 µm (1 µm = 1 Tausendstel mm). Dies ist über die unterschiedlichen Fahr­zeuge hinweg nur mit einer ausgetüftelten Strategie zu erreichen. So werden zum Beispiel das Programm für die elektrische Spannung sowie die Kippwinkel der Karosse in den einzelnen Stationen der Anlage für jedes Modell individuell ein­gestellt. Der gesamte Beschichtungsvorgang für den Travego dauert zum Beispiel 15 Minuten.

Im Anschluss wird das Omnibusgerippe in einem Bad mit Ultrafiltrat gespült. Während der Unterbau eingetaucht wird, erfolgt die Spülung des oberen Bereichs durch Absprühen des Gerippes. Danach wird die Karosserie bei großer Hitze getrocknet. Dies dauert bei 185°C Objekttemperatur ungefähr eine Stunde.

Auch Teile durchlaufen das KTL-Bad
Nicht nur die kompletten Omnibus-Gerippe durchlaufen das KTL-Bad. Separat zu den Omnibussen werden auch Teile wie die Klappen und Klappenrahmen aus Alu­minium sowie Stahlteile wie Halterungen oder das Elektrofach vorbehandelt und lackiert. Diese Vorbehandlung erfolgt in zwei automatischen Spritzkabinen: in der ersten Kabine Spritzentfetten, Spülen und Aktivieren, in der zweiten Kabine Zink­phosphatieren und Spülen.

Alle Stahlteile werden vor der KTL einer Behandlung in einer separaten Tauch­phosphatieranlage unterzogen. Dies umfasst zahlreiche Schritte wie zum Beispiel zwei Entfettungsbäder, Spülen, Beizen, Zinkphosphatieren, Passivieren, Trocknen.

Danach gelangen die Teile in die KTL-Anlage und werden dort ebenfalls mit der Karosse behandelt. Die Reihenfolge ist festgelegt: erst zwei Karosserien, dann ein Schub Kleinteile. Nach der KTL-Beschichtung erhalten die Teile eine Pulver­lackierung, entweder in grauer/schwarzer Farbe in einer automatischen Anlage oder in anderen Farben, dann mit manuellem Auftrag per Spritzpistole.

Klappen und Rahmen werden in einer Vorrichtung verklebt, gleiches gilt für die Motorklappe aus Verbundwerkstoff: Sie wird geschliffen und mit ihrem Rahmen versehen. Erst danach wird der Decklack aufgetragen.

Nahtabdichtung und Unterbodenschutz
Bei den Karosserien wird vor dem Auftragen des Decklacks zunächst die Naht­abdichtung aufgebracht. Auch werden Bug- und Heckteil aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GfK) sowie die Radläufe montiert. Auf dem kompletten Fahrzeug wird nach dem Unterbodenschutz in einer Stärke von 1 mm Polyurethan zunächst der Füller aufgetragen. Er gleicht etwaige Unebenheiten der Oberfläche aus und bildet gleichzeitig den Haftgrund für den Decklack. Der Füller wird getrocknet und danach geschliffen.

Decklack: rund 450 Farben und Verlaufslackierungen
Der Decklack wird von Fachkräften per Spritzpistole aufgetragen. Dies geschieht in drei Lackierkabinen unter Reinraumbedingungen. Zum Beispiel herrscht in ihnen ein leichter Überdruck, um das Eindringen von Staub zu verhindern.

Zur Wahl steht ganz nach individuellem Wunsch des Kunden eine nahezu unbe­grenzte Zahl von Farben – zurzeit sind es rund 450 unterschiedliche Lackfarben. Bei einer Vielzahl von ihnen handelt es sich um Metalliclacke. Beliebt für extra­vagant gestaltete Reisebusse sind aufwendige Verlaufslackierungen. Hier werden für einzelne Fahrzeuge zum Teil 10 oder 20 unterschiedliche Farbtöne verwendet. Auch Beschriftungen werden – sofern nicht geklebt – mit Hilfe von Schablonen lackiert. Der Decklack wird bei etwa 60 – 90°C Objekttemperatur getrocknet.

Haarfeine Schicht als Schutz und Schmuck
Die Gesamtstärke der Lackierung eines Omnibusses aus Zinkphosphatierung, KTL-Beschichtung, Füller sowie Uni- oder Metalliclack summiert sich auf etwa 200 bis 300 µm. Zum Vergleich: Ein menschliches Kopfhaar ist etwa 50 µm dick. Das Gewicht der gesamten Lackschicht beläuft sich – abhängig von der Größe des Fahrzeugs – auf etwa 100 kg.

Im Anschluss beschichten die Mitarbeiter Gepäckraum, Motorraum und eine eventuell vorhandene Fahrerschlafkabine bzw. den Mehrzweckraum.

Kontrolle unter gleißendem Licht
Abschließend wird jeder fertig lackierte Omnibus unter gleißendem Licht mit forschendem Auge genauestens kontrolliert. Erst jetzt verlässt der Omnibus die Lackierung und wird über eine weitere nach außen abgeschlossene Brücke zur Montage gebracht.

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Montage: von der leeren Hülle zum kompletten Bus
Im Mercedes-Benz Omnibuswerk Hoşdere wurde die Montage 2009 von einer Boxenfertigung auf eine Linienfertigung umgestellt. In diesem Rahmen wurden sämtliche der mehr als 600 Arbeitsplätze neu definiert. Die Verantwortung ist auf vier Teams aufgeteilt, die jeweils auf ihrer Hallenfläche für unterschiedliche Gewerke zuständig sind.

Die Fertigungslinie verläuft U-förmig in zwei und drei parallelen Spuren. Auf den einzelnen Spuren werden die Omnibusse auf elektrischen Transportwagen fort­bewegt, zunächst in 120 cm Höhe. Die Transportsysteme sind innerhalb des Werks selbst entwickelt und auch hergestellt worden.

Herausforderung: alle Omnibusse auf allen Linien
Auf jeder Linie der Montage werden alle vier Omnibus-Baureihen in sämtlichen Varianten gefertigt. Das erfordert von den Mitarbeitern hohe Flexibilität und umfassende Kenntnisse. Gleichzeitig ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Arbeitsumfänge an den einzelnen Stationen eine präzise Planung der Abläufe notwendig.

Die Versorgung mit Kleinteilen erfolgt per Kanban-System. Die größte Anzahl der restlichen Teile zur Montage steuert das Lager für die jeweilige Station auf so genannten Set-Wagen vorsortiert und minutengenau zu. Damit wird eine platz­raubende und unübersichtliche Lagerhaltung in der Montage vermieden.

U-förmige Montage mit 34 Stationen
Die Montage gliedert sich in 34 Stationen. Hinzu kommen vier Fertigungsinseln für die Vormontage. Sie sind im Inneren der U-förmigen Montage angesiedelt und liefern Komponenten auf sehr kurzen Wegen zeitgerecht zu.

Qualität wird auch in der Montage großgeschrieben. Die Kontrollmechanismen teilen sich, wie in den anderen produzierenden Bereichen, in vier voneinander unabhängige Qualitätskreise auf: Die Mitarbeiter kontrollieren sich selbst und stempeln ihre Arbeit ab. Stichprobenartig kontrollieren die jeweiligen Meister. Jedes Fahrzeug wird mit Hilfe von Checklisten am Ende des Montageabschnittes überprüft. Bei gravierenden Fehlern wird der zuständige Vorarbeiter mittels eines Andon-Systems (Leuchtsignals) an die Station gerufen, um den Fehler zu begut­achten. Andon wurde im Rohbau vor zwei Jahren und in der Montage Anfang 2012 eingeführt. Es ist ein wichtiges Element zur sofortigen Fehlerrückführung bzw. Feh­lerabstellung im Produktionsprozess. Der dritte Kreis besteht aus regelmäßigen Kontrollen durch die Qualitätssicherung im Finish-Bereich. Hinzu kommen regel­mäßige und umfangreiche Audits.

Start in Rückwärtsfahrt
Auf dem ersten Schenkel des Fertigungs-U werden die Omnibusse rückwärts durch die Montage bewegt. Alle Teile werden durch die größte Öffnung des Omnibusses ins Fahrzeuginnere gebracht, durch den Ausschnitt der Windschutzscheibe.

Zunächst wird bei den Reise- und Überlandbussen das Hauptleitungspaket mit Rohren und Kabelstrang in der Wagenmitte eingelegt. Es folgen die Toilettenkabine, die Montage der Klimaanlage auf dem Dach sowie die Isolierung von Wand, Dach und Motorraum.

Parallel dazu biegen in der Vorfertigung fleißige Hände die individuellen Rohrleitun­gen für jeden Omnibus, die gleich anschließend montiert werden. Es folgt die Vor­bereitung zur Montage des Antriebs, der Einbau der Standheizung sowie der Tanks und der Frontbox.

Zentimeterarbeit: Motor und Getriebe kommen ins Heck
In der Vormontage werden nun die Kunststoffteile der Innenverkleidung für den Einbau vorbereitet. Gleiches gilt eine Station weiter für die Achsen sowie die Antriebseinheit. Der Kühler und die Vorderachse werden als nächstes eingebaut.

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Am Ende des ersten Schenkels des Fertigungs-U fahren die Monteure die kom­plette Einheit aus Motor und Getriebe mit einer fahrbaren Vorrichtung ins Heck des Omnibusses. An diesem Arbeitsplatz herrscht viel Bewegungs-freiheit, der Vorteil der Rückwärtsfahrt im ersten Teil der Montage wird deutlich. Der Bus erhält seine Hinterachse; die Räder werden mit einem Mehrspindelschrauber angezogen, er befestigt fünf Radmuttern gleichzeitig mit einem definierten Drehmoment.

Drei Linien beim Beginn des Innenausbaus
Für den zweiten Teil der U-förmigen Fertigung wird der Bus gedreht, jetzt geht es im Vorwärtsgang weiter. Auch wird die Arbeitshöhe auf 65 cm reduziert, da die Tätig­keiten unterhalb des Fahrzeugs abgeschlossen sind. Außerdem dehnt sich die Fertigung auf drei Linien aus, da nun wegen Klebeprozessen längere Standzeiten notwendig sind.

Die Böden werden eingelegt und in der Vormontage die Gepäckablagen und die Innendecke vorbereitet. Hier haben es die Mitarbeiter mit sperrigen Teilen zu tun, zum Beispiel erstreckt sich die Gepäckablage auf der linken Fahrzeugseite auf bis zu 12 m Länge. Der Omnibus erhält außen Stoßfänger und Scheinwerfer, drinnen die Konvektorenheizung.

Die letzten Meter mit dem Easy-Mover
Auf ihrer letzten Bahn in der Fertigung rollen die Omnibusse erstmals auf eigenen Rädern. Sie werden auf den beiden Linien von druckluftbetriebenen Easy-Movern fortbewegt, einer Walze an einem der Hinterräder.

Mittels einer Vorrichtung schwenken die Monteure das vormontierte Cockpit ins Fahrzeug. In der Vormontage werden inzwischen die Scheiben vorbereitet: gerei­nigt, abgeklebt, mit Primer versehen. Heckscheibe und Seitenscheiben werden mit Sauglufthebern bewegt und von hinten nach vorn am Omnibus montiert. Abstands­halter gewährleisten eine perfekte Positionierung der Scheiben. Innen sind nun Küche und Trennwände an der Reihe.

Es folgen die Sitze, sie werden mit Hilfe eines Bandförderers durch die große Öffnung der Windschutzscheibe in den Omnibus transportiert. Die Montage der Bestuhlung erfolgt mit einem voreingestellten Drehmomentschrauber. Diese Technik nutzt das Werk ebenfalls für andere sicherheitsrelevante Komponenten, Fehler sind ausgeschlossen.

Zum ersten Mal startet der Motor
Nach diesem Schritt ist die Inneneinrichtung komplett montiert, deshalb wird nun die vorbereitete Windschutzscheibe per Saugluftheber montiert und geklebt. Monteure schließen die Türen an, programmieren die Steuergeräte und füllen die Flüssigkeiten auf. Es folgt eine wichtige Premiere: Erstmals startet der Motor des neuen Omnibusses.

Nach der Feinjustage der Türen verlässt der Bus erstmals die Halle – nur um zum nächsten Tor wieder hineinzufahren, damit in einer der beiden Klima-Testkabinen Heizung und Klimatisierung auf ihre exakte Funktion geprüft werden können. Es folgen die Achsvermessung und ein gründlicher Check des kompletten Fahrzeugs.

Finish-Halle: umfassende Kontrolle vor der Testfahrt
Damit ist ein Omnibus von Mercedes-Benz jedoch noch längst nicht bereit zur Auslieferung. In der Finish-Halle prüfen Mitarbeiter zunächst die Druckluftanlage und nehmen eine Bremsenprüfung vor. Außerdem justieren sie den Tachometer. Es folgt eine Grobreinigung, Teppiche werden eingelegt und die Folienbeklebung auf­gebracht. Sie wird im Design-Center Finish entworfen und vorbereitet.

Obwohl alle Schritte der Fertigung bereits kontrolliert wurden, beginnt jetzt die Detailarbeit der Qualitätssicherung. Die Kontrolleure nehmen den „Vor-check“ vor, eine fast sieben Stunden lange, detaillierte Prüfung von Mechanik, Innenausbau und Elektrik/Elektronik. Die Prüflisten umfassen zusammen 23 eng bedruckte Seiten.

Ob Reise- oder Stadtbus, Premiumfahrzeug oder sachlich-funktioneller Omnibus – bei allen Fahrzeugen wird genauso penibel und nach identischen Kriterien hinge­schaut. Eventuelle Fehler werden markiert und unverzüglich durch die Produktion beseitigt. Bei Mercedes-Benz werden sogar die Kontrolleure kontrolliert – durch Auswertung der Ergebnisse der Prüfungen.

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Regentest und Probefahrten auf Testgelände und Straße
Danach absolviert jeder Bus in einer Halle einen 15 Minuten langen Regentest. Wobei der Begriff „Regen“ eher untertrieben ist – es handelt sich um einen Wolken­bruch. Penibel schauen die Mitarbeiter nach eventuellen Undichtigkeiten, auch im Anschluss an den Test hinter den geöffneten Außenklappen.

In der Folge fährt jeder Bus über die hauseigene Teststrecke. Sie simuliert extreme Verwindungen und harte Querrillen, auch ein Funktionstest des Antiblockiersys­tems auf einer bewässerten Rutschfläche fehlt nicht. Es folgt eine 50 km lange Probefahrt über eine definierte Strecke auf öffentlichen Straßen. Selbst damit sind die Tests nicht abgeschlossen: Erst jetzt ist die Endkontrolle an der Reihe.

Sogar die Kontrolleure werden kontrolliert
Auch dies ist Mercedes-Benz im Omnibuswerk Hoşdere noch nicht genug: Von jeder Baureihe wird einmal im Monat ein Fahrzeug auditiert. Dahinter steckt eine extrem tiefgehende Kontrolle über zwei volle Tage. Bewusst mimen die Mitarbeiter der Qualitätssicherung hier den forschenden Blick anspruchsvollster Kunden, sie achten nicht nur auf Funktion, sondern auch auf die Detailoptik.

Damit diese Augen unverändert scharf bleiben und ein einheitlicher Maßstab ge­währleistet ist, treffen sich die Qualitätssicherer aus den verschiedenen Werken von Daimler Buses jährlich zu einem direkten Vergleich.

Die Prüfer registrieren nicht nur eventuelle einzelne Mängel, die Werke werten die Ergebnisse detailliert aus. Monatsbewertungen und Jahres-bewertungen führen mit klaren Erkenntnissen zum Fortschritt. Dokumentiert werden ebenfalls alle Abnah­men eines Omnibusses. Noch 15 Jahre nach der Fertigung kann bei einer Rekla­mation der detaillierte Auslieferungszustand abgerufen werden.

Per Schiff nach Triest, dann weiter auf eigener Achse
Das Mercedes-Benz Omnibuswerk Hoşdere ist nicht nur der größte Bushersteller der Türkei, sondern auch der größte Omnibus-Exporteur: Rund 75 Prozent der Ferti­gung werden in mehr als 70 Länder der Erde ausgeführt. Nach Osteuropa und in weitere Regionen werden die Omnibusse auf eigener Achse ausgeliefert. Der Trans­port der Omnibusse nach Mitteleuropa erfolgt zunächst per Schiff von Istanbul nach Triest/Italien. Von dort aus rollen die Omnibusse auf eigener Achse weiter. Beim ausliefernden Service-Center stehen vor der Übergabe maximal 1500 km auf dem Zähler. Dort werden sie vor der Übergabe an den Kunden nochmals einer „Pre Delivery Inspection (PDI)“ unterzogen.

Quelle: Daimler Buses