Der Wolf im Schafspelz: der Typ 500 E der Baureihe W 124

Mercedes-Benz ist immer wieder für automobile Delikatessen gut. Eine wird dazu auf dem Pariser Automobilsalon 1990 gereicht: der Typ 500 E. Abgesehen von etwas voluminöseren Kotflügeln, einer leicht tiefer gelegten Karosserie und einer modifizierten Bugschürze mit eingelassenen Nebelleuchten entspricht er äußerlich ganz der erfolgreichen Mittelklasse-Baureihe W 124. Das ist aber genau der Schafspelz, der einen wahren Wolf enthält.

Typ 500 E: V8 mit 326 PS beschleunigt auf 250 km/h
Im Motorraum des 500 E befindet sich ein V8-Aggregat mit 5,0 Liter Hubraum, das 326 PS (240 kW) leistet und auf Wunsch für vehemente Fahrleistungen sorgt. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h wird mit 6,1 Sekunden angegeben, die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt. Das neue Spitzenmodell der Baureihe W 124 ist geboren.

Die unauffällige Erscheinung ist der große Trumpf des 500 E. Der eine Besitzer genießt die Leistungsreserven des bescheiden auftretenden Autos, ohne ständig mit hoher Geschwindigkeit unterwegs zu sein. Der andere freut sich über das stets souveräne Fahrverhalten bei hohen Tempi – und hat eine diebische Freude daran, manchem Sportwagen davonzueilen.

5,0 Liter Motorisierung
Die Antriebseinheit aus Motor und Viergang-Automatikgetriebe stammt aus dem Typ 500 SL. Dabei werden freilich im 500 E mehrere Neuerungen wirksam: In ihm kommt erstmals der so genannte Einheitsdeck-Motor zum Einsatz – ein Kurbelgehäuse sowohl für das 4,2- als auch das 5,0-Liter-Aggregat. Dadurch gerät der 5,0-Liter-Motor um 16,5 Millimeter niedriger. Kürzere Pleuel lassen das Hub-Bohrungsverhältnis beibehalten. Außerdem löst im Typ 500 E die Einspritzanlage Bosch LH-Jetronic mit elektronischer Steuerung und Luftmassenmessung die bisher verwendete mechanisch-elektronische KE-Einspritzung ab. Ab Oktober 1992 wird die Motorleistung auf 320 PS (235 kW) leicht zurückgenommen, um die Schadstoffemissionen zu verringern. Im Vergleich zum 500 SL hat der 500 E eine kürzere Achsübersetzung (1:2,82), was der Beschleunigung zugute kommt, den Treibstoffverbrauch aber auch leicht erhöht. Solche Technik und Leistung haben ihren Preis: Der erste 500 E kostet 134 520 Mark – mehr als doppelt soviel wie ein nicht unbedingt unspektakulär zu nennender 300 E.

Zusammenarbeit mit Porsche
Der 500 E entsteht übrigens in enger Zusammenarbeit mit Porsche: Der Hersteller wird schon im Vorfeld der Entwicklung mit ins Boot geholt, um sein Know-how bei der Konzeption der Limousine mit ihren sportwagenähnlichen Fahrleistungen zu nutzen. Die Fertigung findet dann zweigeteilt statt: Die Lackierung der Rohkarosserie erfolgt im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen, die Endmontage des Fahrzeugs passiert bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen. Zwei Gründe kommen dafür zusammen: Zum einen ist der Sportwagenhersteller zu Beginn der 1990er Jahr wirtschaftlich etwas angeschlagen und kann einen Fertigungsauftrag gut gebrauchen. Zum anderen passt aber die relativ geringe Stückzahl auch ideal zu den damaligen Fertigungsabläufen von Porsche, so dass die Fertigung des 500 E dort sehr gut aufgehoben ist.

E 500 der Baureihe W 124
Die kraftvolle Limousine macht die letzte Modellpflege der Baureihe W 124 mit. Die erste Änderung betrifft den Namen: Die mittlere Klasse heißt nun E-Klasse, entsprechend wird ein Buchstabe vorangestellt, und man hat es nunmehr mit dem E 500 zu tun. Die Formensprache des äußeren Designs ist modernisiert, dafür sorgen der Plakette-Kühlergrill, der von der Motorhaube umrahmt in diese eingebettet ist. Geändert wurde bei den Limousinen auch das Heck. Der Kofferraumdeckel und die beiden Kotflügel zeigen nun Kanten mit einem größeren Radius, auch die Fläche um das Nummernschild herum ist modifiziert.

Die Ausstattung des 500 E/E 500 entspricht dem Anspruch, das Spitzenmodell der Baureihe zu sein. Sie ist äußerst umfangreich. Technik wie das die serienmäßige Antriebsschlupfregelung (ASR) ist angesichts der schieren Kraft keine Spielerei, sondern eine angenehme Notwendigkeit. Am Rande erwähnt sei noch der Typ 400 E/E 420: Auch er hat einen kraftvollen Achtzylinder in seiner 124er-Karosserie. Freilich ist er nicht als Sportlimousine ausgelegt, sondern als souveräner Reisewagen – doch was unauffällig verpackte Kraft angeht, setzt er im Vergleich zum 500 E noch eins drauf.

Produktionsauslauf im April 1995
Die Fertigung des E 500 läuft im April 1995 aus, die Baureihe 210 steht bereits zur Nachfolge der Baureihe 124 bereit und wird im Juni 1995 präsentiert. Die Stückzahl ist zusammen mit dem Typ E 60 AMG festgehalten, gemeinsam mit diesem sind es 10 479 Power-Limousinen geworden. Nicht wenige Kunden bedauern es, dass sie keinen E 500 ergattert haben, trotz eines Kaufpreises von zum Schluss 145.590 Mark. Die Nachfrage nach solch einer Sportlimousine bleibt bestehen, und so ist ein besonders leistungsstarkes Modell seither fester Bestandteil der Mittelklasse-Baureihe von Mercedes-Benz – gern auch in Zusammenarbeit mit der Tochtergesellschaft AMG.

Heutzutage ist der E500 E schon lange ein Klassiker von Mercedes-Benz, der die Marke immer noch für viele erstrahlen lässt. Aufgrund der geringen Stückzahl bleibt er jedoch eine Seltenheit in Sammlerhänden.

Quelle: Daimler AG

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Oliver
6 Jahre zuvor

Ewig schade das es so etwas nicht mehr gibt heutzutage. Leider muss man immer die „Krawallausstattung“ wählen um Leistung zu erhalten und kann somit nicht mehr unerkannt unterwegs sein.
Wenn es wenigstens eine Businessausstattung geben würde bei den AMGs………….etwas dezenter und leiserer Auspuff, das wäre es.
Oder wieder einen 500E oder E500.

MrUNIMOG
Reply to  Oliver
6 Jahre zuvor

Oder „beides“, auf einen E 500e kann man vielleicht irgendwann hoffen…

dolphins
Reply to  Oliver
6 Jahre zuvor

Also mit dem E 400 4Matic gibt es doch nen adäquaten Nachfolger.
OK, is „nur“ ein V6, aber ansonsten hat er die ähnlichen Leistungsdaten wie der E 500. Und er ist sogar noch etwas dezenter.

Chrischan
6 Jahre zuvor

war und ist derweil immer noch ein klasse fahrzeug, wenn der zustand passt
dazu aktuell gerade mächtig im preisanstieg in der youngtimerszene

der echte wolf im schafspelz in der w124 reihe wäre für mich aber der 400E mit dem „kleineren“ v8 4.2L, da er äußerlich den „normal“ motorisierten E’s keinerlei veränderungen aufweißt – fahre selbst einen dieser schmuckkästen als sommerfahrzeug für langstrecken… komplett rostfrei und bis aufs becker-radio alles original und gepflegt – bei der ausstattung hat der erstbesitzer auch fast sämtliche häkchen gesetzt; ergo ein absoluter traumwagen für mich

wohl dem, der einen gut erhaltenen w124 v8 sein eigenen nennen darf

Snoubort
6 Jahre zuvor

Hach

wolfi
6 Jahre zuvor

Träum………………………..

Chrischan
6 Jahre zuvor

wer ernsthaft interesse an einem gut erhaltenen w124 (und vielen anderen young- unf oldtimern) hat, sollte sich mal ans legendenwerk aus duderstadt wenden…
habe meinen dort auch bezogen 🙂
absolut fachkundige männer dort und vorallem ehrliche fahrzeuge ohne böse überraschungen.. allerdings nicht zu internetbörsenpreisen von unter 10.000€, weil man eben keinen abgerockten „straßenmüll“ anbietet

auf jeden fall ein geheimtipp.. bei einem besuch durch die hallen läuft auf jedenfall der sabber 😀

Daniel
6 Jahre zuvor

Na ja, vielleicht hat ja Daimler künftig doch noch ein Einsehen mit uns und bietet ein – wegen mir auch mit der entsprechenden Abgasnorm versehenes – neues 500er-Modell an? Die Technik und das Kundenpotenzial scheinen ja vorhanden. Kann uns vielleicht jemand sagen, ob sich dieses Träumen lohnt oder sind die Zeiten für Leistung und gleichzeitiges Understatement bei den E-Klasse-Modellen wirklich endgültig vorbei?

Uwe Negele-Schwach
6 Jahre zuvor

Leider ist ein W124 ob als V8 oder auch mit kleinerem Motor nicht mehr Sinnvoll im Alltag zu bewegen. Mercedes liefert einfach keine Ersatzteile mehr. So verschwinden solch schöne Fahrzeuge von der Strasse und sind nur noch in Sammlungen zu sehen. Aber was soll man in einer Zeit in der gerade mal 8 Jahre alte Wagen nach Willen der Hersteller und der Regierung verschrottet werden sollen. Standen Fahrzeuge wie der W124, W126 oder R129 noch für Nachhaltigkeit wurden sie vom Zeitgeist viel zu früh in Rente Geschick und so bleibt uns nur die Erinnerung. Schade eigentlich……

Thomas
Reply to  Uwe Negele-Schwach
6 Jahre zuvor

Bitte was? Gerade der w124 hat eine luxuriöse Ersatzteilversorgung. V8 spezifische Umfänge sind schwieriger, aber solange es sich nicht um ein V8 und 124er spezifisches Teil handelt, ebenfalls noch zu bekommen.
Problematisch ist es, wenn man ein A124 Teil sucht. Oder ein Ersatzteil eines beliebigen ausländischen Herstellers aus dieser Zeit. Da kann es sein, dass man wirklich nichts bekommt.

Merser
6 Jahre zuvor

Ich liebe meinen 500er und will ihn auch gar nicht mehr hergeben. Freu mich schon auf besseres Wetter. Dann wird er „ausgeführt“. Das Beste aus zwei Welten… Mercedes und Porsche! Ein Klassiker der Zukunft und Understatement pur…

Jens
6 Jahre zuvor

Für mich ist der 400E/E 420 der bessere 500er. Total unauffällig, kaum schlechtere Fahrleistungen, erheblich weniger Verbrauch, keine vollkommen überteuerten spezifische Ersatzteile Stoßstangen etc…in aller Regel von entspannten Vorbesitzern in meistens besserem Erhaltungszustand (noch) für die Hälfte des KP eines 500er zu bekommen. Ich hatte parallel beide als Zwillinge und mich dann vom 500er getrennt. War eine gute Entscheidung.

sternthaler
6 Jahre zuvor

@ Merser

beste aus zwei Welten ??

Ich weiß nicht…der 124er war ein Lohnauftrag an Porsche wo dann der Wagen in der Adestr. also außerhalb der Firma Porsche in einem Ziegelsteinhaus im 2. Stock über 9 Stationen in einem U zusammengesetzt wurde.

Wollte damals da anfangen und hatte mir dir Lokalität vor Ort angesehen.

Fakt war, Karosse kaum aus Sifi, Wagen wurde auf 9 Stationen a 90 min zusammengebaut und zur Motormontage dann wieder zu Mercedes gebracht.

Jede Schraube, jeder Halter etc wurde von Daimlerleuten eingetütet und beschriftet, war also eher ein Drauflegergeschäft wenn seitens Daimler den Aufwand sieht der hier geboten wurde.

mehrzehdes
6 Jahre zuvor

nur die erste serie wurde bei porsche gebaut, gilt daher unter liebhabern mehr. die
fahrleistungen sind aus heutiger sicht nicht mehr so imponierend. einem e 350d kann dieses auto nicht mehr folgen. das muss es auch nicht. die preise für gute 500e sind noch moderat, zumal japan-importe weiterhin preisdämpfend wirken. andererseits ist es im unterhalt ein teurer wagen, weil elektronik und kunststoffteile in motor und getriebe regelmäßige tauschorgien bedingen.