Der EQV von Mercedes-Benz Vans ist die elektrische Version der V-Klasse. Optisch muss man jedoch schon etwas intensiver hinsehen, um die Unterschiede zu erkennen. Auffälligstes Merkmal, neben der Ladeklappe vorne links im Stoßfänger, ist die Front. Hier verfügt die Elektrovariante über das EQ typische Markengesicht mit Black-Panel Grill. Im Vergleich zu den Brüdern und Schwestern um EQA, EQS und Co., ist der Grill aber nicht vollflächig geschlossen und zeigt weiterhin kleine Lamellen. Den EQV gibt es in zwei Größen – lang und extra lang. Zudem kann zwischen zwei unterschiedlichen Batteriegrößen gewählt werden. Wir haben den EQV mit der „großen“ Batterie als EQV 300 in der „normalen“ Langversion im Alltag getestet.
EQV 300 mit 90 kWh Batterie
Unter dem Blechkleid des Van arbeitet ein E-Motor mit 150 kW (204 PS) Spitzen- und 70 kW (95 PS) Dauerleistung. Das maximale Drehmoment liegt bei 362 Nm. Die Antriebskomponenten konnten dazu ohne Änderungen an der Karosserie untergebracht werden. Der Elektromotor findet mühelos unter der Motorhaube Platz und die Batterie verschwindet zwischen Vorder- und Hinterachse im Unterboden. Auf Grund des Packaging gibt es den EQV allerdings nur mit Frontantrieb. Im EQV 300 ist eine 100 kWh (90 kWh Nutzbar) wassergekühlte Lithium-Ionen-Batterie verbaut. Der ebenfalls erhältliche EQV 250 verfügt über eine kleinere Batteriekapazität, hier wurde die Zahl der Zellen reduziert und so eine Verkleinerung auf 66 kWh (60 kWh Nutzbar) erreicht.
Der Van ist und bleibt dabei ein echtes Multifunktionstalent: ob geräumige Reiselimousine für die Großfamilie oder Lademeister – beides kann der EQV hervorragend. Im Testwagen kommen Einzelsitze in der 1. und 2. Sitzreihe zum Einsatz. Die üppigen Platzverhältnisse sorgen für entspannte Fahrten mit der ganzen Familie. Auf Wunsch sind aber auch andere Sitzkonfigurationen wählbar.
Leiser Elektroantrieb
Besonders Kinder sind vom ruhigen Gleiten über die Straße schnell begeistert, denn es sorgt mitunter auch dafür das schnell mal bei den Kleinsten die Augen zufallen. Im Innenraum des EQV ist vom Elektroantrieb bis auf ein leises Surren beim starken Rekuperieren nichts zu hören. Hier wurde bei der Entkopplung und Dämmung also gute Arbeit geleistet, zumal durch die große Karosserie immer noch ein großer Klangkörper vorhanden ist. Was Wind- und Abrollgeräusche betrifft, so macht der Van auch hier einen sehr guten Eindruck. Mehr als ein geringfügiges Säuseln dringt auch hier nicht an die Ohren des Fahrers und der Passagiere.
Gute Fahreigenschaften trotz hohem Gewicht
Mit gut 2.700 Kilogramm Leegewicht ist der EQV nicht gerade eine Bruder Leichtfuß. Aber das hohe Gewicht kaschiert der elektrische Van recht gut durch seinen gesamten Charakter. Beim beherzten Tritt auf das rechte Pedal schiebt die Großraumlimousine kräftig – aber nie mit einem knallharten Punch – nach vorne. Insgesamt ist die Beschleunigung harmonisch und gleichmäßig. Im Test gefällt das gut und die Fahrleistungen gehen für den über 5 Meter langen Van komplett in Ordnung. Zum Charakter des EQV passt auch die Luftfederung Airmatic als Sonderausstattung. Unser Testwagen ist damit ausgerüstet und in Kombination mit dem lautlosen Antrieb entsteht so ein sänften-artiges Fahrgefühl. Die Federung ist weich ausgelegt. Leicht schwingend gleitet man über die Straße. Kanaldeckel sind eher zu hören, als dass man sie spüren würde. Auf der Landstraße oder der Autobahn dringen Geräusche von Unebenheiten dann kaum noch bis in den Innenraum. Alles wirkt ein bisschen wie schweben. Das nicht so straffe Fahrwerk ist lediglich in schnellen Kurven durch eine erhöhte Aufbaubewegung ein kleiner Nachteil. Trotz allem fährt sich der EQV aber immer ausgesprochen souverän und stabil und hält sicher den Kurs.
Die Lenkung könnte jedoch noch ein bisschen mehr Gefühl von der Straße vermitteln. Im Bremsverhalten merkt man dem E-Van sein hohes Grundgewicht an. Vom Gefühl her ist der erste Verzögerungsimpuls nach dem Tritt aufs Bremspedal nicht ganz so knackig. Vermutlich liegt das leicht indirekte Gefühl vor allem an der Tatsache, das als erstes in den meisten Situation nur über den Elektromotor – sprich die Rekuperation – verzögert wird. Beeinflusst werden kann die Stärke der Rekuperation über die Schaltpaddel am Lenkrad. Vom Ein-Pedal-Fahren bis hin zum Segeln oder der automatischen Regelung durch Radar, Kamera und Navigation ist alles möglich. Schlussendlich passen aber alle Fahreigenschaften zum Gesamtbild der Großraumlimousine und bieten keinen wirklichen Grund für eine Kritik.
Geschwindigkeit und Temperatur als Faktor bei der Reichweite
Nach 2.000 Testkilometer haben wir einen durchschnittlichen Energieverbrauch von 33 kWh/100 km notieren können. Da ist durchaus ein hoher Wert, aber das Gewichts sowie die Größe und die Aerodynamik des Fahrzeugs fordern ihren Tribut. Eines der größten Faktoren auf die Reichweite und den Verbrauch hatte bei uns aber auch die gefahrene Geschwindigkeit und auch die Außentemperatur.
Bei Temperaturen zwischen 1 und 8 Grad Celsius und mit eingeschalteter Heizung/Klima zeigte die Anzeige der Reichweite schnell einen Wert zwischen 260 und 290 km. Milde Temperaturen von um die 15 Grad machten sich hingegen schnell positiv bemerkbar, wobei die Reichweite gleich auf 312 Kilometer anstieg.
Verbrauchswerte im Fahrtest
Mit Blick auf das Fahrprofil konnte auch ein klarer Trend festgestellt werden. Unterwegs auf der Landstraße schafften wir es mit dem große Van auf einen Stromverbrauch von 28-29 kWh pro 100 Kilometern. Das entspricht auch dem WLTP Norm-Verbrauch, der mit 28,1 für den EQV 300 angegeben wird. Das Bild ändert sich rasch bei Fahrten auf der Autobahn. Sobald schneller als 120-130 km/h gefahren wurde, stieg der Energieverbrauch verstärkt an und es wurde weniger wirtschaftlich. Mindestens 35 bis 38 kWh/100km schlagen bei hohem Tempo zu buche. Im Stadtverkehr, wo die Geschwindigkeiten und damit auch die Aerodynamik nur eine untergeordnete Rolle spielt, kann das Elektrofahrzeug dann auch mit um die 25 kWh bewegt werden.
Im Testbetrieb sind wir in der Regel zwischen 220 und 250 Kilometer an die Ladesäule gefahren. Dort brauchte es immer rund 40 Minuten am DC-Lader für eine Ladung von 20 auf 80% SoC. Für eine komplette Ladung bis auf 100 Prozent muss der CCS-Stecker über 1 Stunde angeschlossen bleiben, was auf längeren Strecken sich zeitlich aber nicht lohnt.
Für die Ladung besitzt der der EQV über einen 110 kW DC On-Board Lader. Im Test konnte die Großraumlimousine diese Leistung regelmäßig erreichen und zeigte an unterschiedlichen Schnellladesäulen jeweils einen Spitzenwert zwischen 112 und 114 kW.Dabei zeigte sich die Ladekurve beim Ladestand zwischen 10 und 60 Prozent SoC am effektivsten. Hier ist die Ladeleistung von mindestens 100 kW gegeben.
Neben Gleichstrom kann das Fahrzeug aber auch mit Wechselstrom geladen werden. Der Lader ermöglicht hierzu maximal 11 kW, wobei die Ladung zuhause dann ausreichend dimensioniert ist. Lädt man nach „Laden, wenn es geht – nicht wenn man muss“, reicht das auch vollkommen. Die AC-Ladung von 10 auf 100 Prozent SoC dauert dabei etwas über acht Stunden.
Verschiedene Fahrprogramme für Effizienz
Vier Fahrprogramme unterstützen zwischen maximalen Komfort und Dynamik sowie größter Reichweite des EQV. Neben dem Standard-Modus „C“ in dem die volle Antriebsleistung und auch die volle Heiz- und Klimaleistung zur Verfügung steht, gibt es die Modi E und E+. In E wird die Antriebsleistung (max. 100 kW/293 Nm) und die Heizung/Klima reduziert. Das Programm E+ steht für maximale Reichweite, dort beträgt die Antriebsleistung nur noch maximal 80 kW und Heizen und Kühlen sind stark eingeschränkt. Während des Fahrtest zeigte sich im Vergleich zum Standardfahrprogramm nur in E+ eine deutlich größere Erhöhung der Reichweite von ungefähr 30 Kilometern. Im milderen E-Modus lag der Zugewinn in der Reichweite nur bei etwas um die 5 Kilometer und fällt damit nicht signifikant aus. Als viertes Fahrprogramm steht noch der Modus „S“ zur Auswahl – dort ist das Ansprechverhalten des E-Motors geschärft und reagiert schon auf kleinste Fahrpedaländerungen. Das sportliche Verhalten passt aber unserer Meinung nach nicht ins Gesamtbild des EQV – hier Gleit das Standardfahrprogramm „C“ die beste Wahl.
Zweifelsohne ist und bleibt der EQV (und auch die V-Klasse) ein Lademeister. Mit 1.030 Liter Laderaumvolumen geht das Urlaubsgepäck der Familie ohne weiteres „hinten rein“. Wird noch mehr Platz benötigt, dann können die Einzelsitze der 1. und 2. Sitzreihe mit wenigen Handgriffen ausgebaut werden. Dazu wird zuerst die Lehne flachgelegt. Anschließend muss das Untergestell des Sitzes entriegelt, nach oben geklappt und aus den Führungsschienen gehoben werden. Bei ausgebauten Sitzen fasst das Fahrzeug ein Laderaumvolumen von 4.,630 Litern. Platz genug, um auch Gegenstände mit einer Länge von 2,30 Metern zu transportieren.
EQV auch als Familienauto geeignet
Ist ein Familienausflug oder eine längere Reise im EQV mit Elektroantrieb ein passendes Usecase ? Kurz gesagt ja und nein. Was das Raumangebot betrifft, so gibt es zwischen beiden Antriebsarten keinen Unterschied. Beim Komfort ist der EQV auf Grund seines lautlosen Fahrens und dem damit verbundenen entspannten Charakter sogar im Vorteil. Auf Langstrecke in den Urlaub hat aber – das zeigt unser Fahrtest – momentan noch die V-Klasse die Nase vorn.
Mit dem EQV kann man zwar auch lange und weite Strecken absolvieren, wobei das MBUX mit „Electric Intelligence“ gekonnt die mühevolle Routenplanung mit Berücksichtigung notwendiger Ladepunkte übernimmt. Auf einer Gesamtstrecke von 800 oder gar 900 Kilometern muss man jedoch alle 250 Kilometer mit einen rund 45 Minuten langen Boxenstopp rechnen. So summiert sich die Ladedauer schnell auf 2 Stunden, was selbst eine sonst notwendige längere Pause mit Kindern nicht so ganz kompensieren kann. Hier zeigt sich noch der Vorteil des Dieselantriebs, womit man in kürzerer Zeit die Strecke zwischen A und B absolvieren kann. Nichtsdestotrotz macht der EQV Spaß und man unternimmt auch größere Entfernungen gerne, zumal das Fahrgefühl und die Leistungen des Elektroantriebs gut sind. Was das Laden betrifft: da muss man vermutlich einfach nur seine Gewohnheiten ändern!
Hoher Preis
Zum Schluss bleibt noch ein Blick auf den Preis. Hier steht der EQV „Lang“ mit 71.388,10 Euro in der Preisliste. Für einen ähnlich motorisierten V 300 d (174 kW / 237 PS) Lang muss ein Grundpreis von circa 64.000 Euro, unter Berücksichtigung der Dinge, die im EQV bereits serienmäßig sind, gerechnet werden. Der Preisunterschied ist nicht unerheblich, zumindest solange man die Förderung für Elektroautos noch außer Acht lässt.
Ein EQV 250 liegt bei 67.818,10 Euro, hier muss man jedoch mit der kleineren Batterie und der damit verbunden geringeren Reichweite sowie der reduzierten Ladeleistung von 80 statt 110 kW beim DC-Laden an Schnellladesäulen auskommen.
EQV 300 Langversion | 71.388,10 € | |
Bergkristallweiß metallic | 1.191,19 € | |
EQV Design-Paket Exterieur | 2.014,67 € | |
EQV Design-Paket Interieur | 1.710,03 € | |
LED Intelligent Light System | 2.097,97 € | |
Park-Paket mit 360°-Kamera | 1.727,88 € | |
Spiegel-Paket | 612,85 € | |
AIRMATIC | 2.404,99 € | |
Aktiver Abstands-Assistent DISTRONIC | 1.140,02 € | |
Dachreling eloxiert | 598,57 € | |
Panorama-Schiebedach | 3.547,39 € | |
Ambientebeleuchtung | 321,30 € | |
Fernlichtassistent PLUS | 232,05 € | |
Fahrersitz elektrisch verstellbar | 1.353,03 € | |
Beifahrersitz elektrisch verstellbar | 1.487,50 € | |
Sitzkomfort-Paket | 145,18 € | |
Schiebetür links | 976,99 € | |
Elektrische Betätigung für Schiebetür rechts | 1.004,36 € | |
Elektrische Betätigung für Schiebetür links | 1.004,36 € | |
Separat zu öffnende Heckscheibe | 547,40 € | |
EASY-PACK Heckklappe | 804,44 € | |
Beleuchtung im Haltegriff Fond mit Lesespot | 72,59 € | |
Schriftzug Einstieg „Mercedes-Benz“ beleuchtet | 170,17 € | |
Staunetz Fahrersitzlehne | 35,70 € | |
Staunetz Beifahrersitzlehne | 35,70 € | |
Windowbags für Fahrer, Beifahrer und im Fond | 579,53 € | |
Mittelkonsole mit Rolo | 133,28 € | |
Klimatisierungsautomatik THERMOTRONIC | 812,77 € | |
Klimaautomatik TEMPMATIC im Fond | 981,75 € | |
Burmester Surround-Soundsystem | 1.105,51 € | |
Smartphone-Integrationspaket | 449,82 € | |
Steckdosen 12 V für die Sitzreihen im Fond rechts und links | 99,96 € | |
Geschwindigkeitsbegrenzung 160 km/h | 192,78 € | |
Gesamtfahrzeugpreis inkl. 19% MwSt. | 100.979,83 € |
Bilder: © Philipp Deppe / MBpassion.de