Erinnert man sich noch an den 21. August 1938, wo Rudolf Caracciola vor Richard Seaman und Manfred Brauchitsch den Großen Preis der Schweiz gewann ? – im strömenden Regen.
Richard Seaman ging am 21. August 1938 mit großer Zuversicht in das Rennen um den Großen Preis der Schweiz in Bremgarten bei Bern: Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring vier Wochen zuvor hat der britische Werksrennfahrer im Team von Mercedes-Benz den Sieg errungen. In Bern geht er nun vom ersten Startplatz ins Rennen und fährt auch die Tagesbestzeit. Doch im starken Regen gewinnt am Ende Rudolf Caracciola; Seaman kommt mit 26 Sekunden Rückstand als zweiter Fahrer ins Ziel, gefolgt von Manfred von Brauchitsch.
Im August 1938 siegt Mercedes-Benz in allen Rennen, zu denen die Silberpfeile vom Typ W 154 starten: Hermann Lang gewinnt die Coppa Ciano in Montenero, Rudolf Caracciola eine Woche darauf die Coppa Acerbo in Pescara. Doch nur vier Rennen zählen für die Europameisterschaft der Saison 1938, nämlich die Großen Preise von Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Italien.
Nach dem Großen Preis von Deutschland steht der nächste Meisterschaftslauf jetzt in Bern an – über 50 Runden mit insgesamt 364 Kilometern. „Die Rennstrecke, der Bremgarten, liegt vor den Toren Berns, ist 7 Kilometer lang und eine der schnellsten Bahnen Europas“, erinnert sich Mercedes-Benz Rennleiter Alfred Neubauer an den 1934 eröffneten Rundkurs. Hier gewinnt Rudolf Caracciola erstmals 1935 den Großen Preis der Schweiz, 1937 führt der Mercedes-Benz Chefpilot einen Dreifachsieg der Stuttgarter Marke an, gefolgt von Hermann Lang und Manfred von Brauchitsch. Im August 1938 fügt er dieser exzellenten Bilanz einen weiteren Sieg hinzu. „Bern ist neben dem Nürburgring meine Lieblingsstrecke“, sagt Caracciola denn auch über den Bremgarten-Kurs.
Sieg für den „Regenmeister“
Im Grand Prix 1938 liegt zunächst Richard Seaman vorn, dicht gefolgt von Caracciola. „Der alte Rennfuchs gegen den jungen, patenten Grünschnabel!“, so beschreibt Neubauer dieses packende Duell. In der elften Runde überholt Caracciola seinen Mannschaftskameraden und hält die knappe Führung bis ins Ziel: Nur 26 Sekunden Rückstand hat Seaman auf den Sieger, während von Brauchitsch als Dritter ins Ziel kommt.
Das Rennen ist ein Kampf gegen Witterung und Strecke: „Wie ein ungebändigtes Pferd möchte sich der Wagen auf dem Kopfsteinpflaster benehmen“, erinnert sich Caracciola später. „Ich muss ahnen, was der Wagen tun will, bevor er es tut, und ihn dann mit ruhigen, sanften Bewegungen bändigen. Es sind nicht nur die Hände, die lenken. Der ganze Körper fühlt und beherrscht das Fahrzeug.“
Mit dem Sieg in Bern rückt für Caracciola der dritte Europameistertitel nach den bereits siegreichen Jahren 1935 und 1937 in greifbare Nähe: Ein dritter Platz beim Grand Prix von Italien am 11. September wird ihm dann auch tatsächlich für den Titel 1938 genügen. Der Bremgarten-Kurs beendet aber auch viele Jahre später die Rennkarriere des deutschen Ausnahmefahrers Rudolf Caracciola. Denn der Mercedes-Benz Pilot, der sowohl die Epoche der Kompressor-Wagen Ende der 1920er-Jahre als auch die Ära der ersten Silberpfeile in den 1930er-Jahren prägt, verunglückt 1952 an dieser Stelle schwer beim Sportwagenrennen um den Preis von Bern. Caracciola kommt mit seinem Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen (W 194) von der Strecke ab, kollidiert mit einem Baum und wird schwer verletzt. Doch sein Sieg im Jahr 1938 gehört zu den großen Sporterfolgen dieses Ausnahmefahrers und auch der Marke Mercedes-Benz sowie ihren legendären Silberpfeilen.
Quelle: Daimler AG