Mit dem G 580 EQ hat Mercedes einen deutlichen Schritt gewagt: Der Geländewagen fährt erstmals vollelektrisch – mit vier Elektromotoren und voller Offroad-Kompetenz. Die vollelektrische G-Klasse kombiniert so Hightech mit Tradition, bleibt dabei dem legendären Design treu und setzt auf emissionsfreies Fahren mit Stil. Und doch steht sie bereits vor einer entscheidenden Frage: Kann sich dieses Konzept durchsetzen – oder kämpft der elektrische G bereits um seine Zukunft?
Technologisch beeindruckt der G 580 EQ auf ganzer Linie. Die vier einzeln angesteuerten Elektromotoren leisten zusammen 587 PS (433 kW) und beschleunigen das knapp 3,1 Tonnen schwere Modell in unter fünf Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der große 116-kWh-Akku ermöglicht eine WLTP-Reichweite von bis zu 473 Kilometern, geladen wird mit bis zu 200 kW – von 10 auf 80 Prozent in etwa 32 Minuten.
Besonders im Gelände zeigt sich das Potenzial des neuen Antriebskonzepts: Durch die präzise Einzelradsteuerung werden neue Fahrmanöver möglich, etwa der „G-Turn“, bei dem sich das Fahrzeug nahezu auf der Stelle dreht, oder „G-Steering“, das den Wendekreis im Gelände deutlich verkleinert. Mit einer Wattiefe von 85 Zentimetern, Untersetzung und permanentem Allradantrieb ist auch der Elektro-G ein echter Kletterkünstler. Aber auch der leisere Antrieb kann punkten. Punkte, wo sich die Motorisierung deutlich von jeder anderen unterscheidet.
Auch auf der Straße überzeugt der G 580 EQ aus Graz: Das Fahrerlebnis ist ruhig, souverän und luxuriös – ganz wie man es von einem Mercedes in dieser Klasse erwartet. Das MBUX-System bietet moderne Assistenz- und Offroadfunktionen, während hochwertige Materialien und viel Platz den typischen G-Komfort sicherstellen.
Doch trotz der Stärken bleibt die Nachfrage bislang deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nach dem ersten Verkaufsjahr wurden weltweit rund 1.450 Einheiten verkauft – ein Bruchteil dessen, was die konventionelle G-Klasse im selben Zeitraum erreicht hat (rund 9.700 Fahrzeuge). Die Gründe dafür sind vielschichtig. Mit einem Einstiegspreis von über 142.000 Euro (auch wenn aktuell ein 2 % Rabatt gewährt wird) bewegt sich der G 580 EQ im oberen Luxussegment. Für viele ist der Preis angesichts der Reichweite – unter 500 Kilometer – und des hohen Gewichts von rund 3,1 Tonnen aber schwer zu rechtfertigen. Hinzu kommt: Viele klassische G-Käufer sind emotional eng mit dem Verbrenner verbunden – ein leiser, schwerer Elektro-G wirkt auf sie (noch) weniger reizvoll. Das EQ Modell sollte man bei der Kaufentscheidung mit seinen Vorteilen aber berücksichtigen, auch wenn man hier auf eine Anhängerkupplung verzichten muss.
Die Frage, ob der G 580 EQ bereits ums Überleben kämpft, ist zwar berechtigt – aber sie sollte differenziert betrachtet werden. Mercedes hat mit diesem Modell technologisch vorgelegt, aber der Wandel im Kundenkreis braucht Zeit. Die G-Klasse war nie ein Massenmodell – sie lebt von Charakter, Image und Loyalität. Und genau hier liegt auch die Chance des EQ: Wer sich bewusst für eine nachhaltige, leistungsfähige Alternative entscheidet, bekommt ein durchdachtes Gesamtpaket, das sowohl auf als auch abseits der Straße überzeugt und somit wohl einer der interessantesten Modelle im Portfolio der Stuttgarter ist. Es muss hier nicht der Verbrenner sein, der G 580 EQ punktet mit anderen Vorteilen.
Der Mercedes-Benz G 580 EQ ist noch lange kein gescheitertes Experiment, sondern durchaus ein mutiges Statement. Noch kämpft er nicht ums Überleben – aber er steht an einem Scheideweg. Ob der elektrische G zur Erfolgsgeschichte wird, entscheidet sich nicht allein durch Technik oder Design, sondern durch die Bereitschaft der Kunden, das Kapitel „Elektro-Offroader“ aufzuschlagen. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen. Jetzt muss der Funke jedoch noch überspringen.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG