Rückblick: der Mercedes-Benz 130 der Baureihe W23

Der Mercedes-Benz 130 (W 23) wird im März 1934 auf der IAMA in Berlin vorgestellt. Er ist zum Zeitpunkt der Präsentation nicht nur der kleinste Serien-Pkw, der erste Heckmotorwagen und das erste Vierzylindermodell der Daimler-Benz AG, sondern auch der erste in Großserie hergestellte deutsche Heckmotorwagen, sieht man einmal von diversen Kleinstwagen ab. Offiziell trägt er nie das „H“ in der Typenbezeichnung, wenngleich es in werksinternen Dokumenten vielfach verwendet wird.

Der Typ 130 folgt einem vollkommen neuen Entwurf. Ein Originalprospekt fasst den Anspruch an das Fahrzeug zusammen: „Die Konstruktion des Mercedes-Benz Typ 130 ist zweifellos eine der interessantesten Aufgaben gewesen, die jemals im Automobilbau zu lösen war, galt es doch, einen Wagen zu schaffen, der die Fahreigenschaften eines größeren Schwingachsers, den Raumkomfort eines modernen Mittelwagens und die Betriebskosten eines Kleinwagens besitzen sollte.“

Auch die Gründe für das Heckmotorkonzept werden benannt: „Der Motor wurde zwecks besserer Raumgestaltung, Konzentration der gesamten Kraftzentrale, Verminderung des Gewichts und des technischen Aufwands an das Heck verlegt.“ Das biete drei Vorteile: „Erstens bildet der Motor mit dem Getriebe, dem Differential und der Hinterachse ein geschlossenes und leicht zugängliches Aggregat. Zweitens wurde durch die Verlegung des Motors nach hinten bedeutend an Raum für die Insassen gewonnen. Drittens konnte der Platz für alle vier Passagiere zwischen die beiden Achsen verlegt werden, wodurch das Fahren beträchtlich an Annehmlichkeit gewinnt.

Das geringere Gewicht resultiert beispielsweise daraus, dass keine Kardanwelle notwendig ist, was zugleich aufgrund fehlender Übertragungsverluste die Ausbeute der Motorleistung verbessert. Ein weiterer Prospekt wirbt 1934 für das Fahrzeug: „Bei diesem Typ handelt es sich um einen Qualitäts-Gebrauchswagen für breiteste Kreise, welcher dank der Anwendung von patentierten Schwingachsen vorn und hinten, tiefer Straßenlage, Verlegung des Motors an das Heck, breiter Spur und günstiger Gewichtsverteilung über unvergleichliche Fahreigenschaften verfügt.“

Wer sich auf der IAMA dem Daimler-Benz Stand nähert und sich auf die Begrüßung durch die gewohnten Kühlergesichter der Mercedes-Benz Personenwagen eingestellt ist, wird überrascht. Dem Besucher blinzelt ein neues und sehr ungewohntes Gesicht entgegen, das den Beginn einer neuen Epoche im Fahrzeugbau signalisiert. Lediglich der Mercedes-Stern zeigt dem Besucher, dass er am richtigen Stand steht. Der neue kleinere Mercedes-Benz sorgt in seiner Fahrzeugklasse mit dem bis dahin noch nicht sehr verbreiteten Heckmotor, ein Vierzylinderaggregat, und mit neuen Proportionen für Aufsehen und Nachdenken. Stämmig und unumwerfbar wirkt er im direkten Vergleich mit seinen schmalspurigen und hochbeinigen Klassengenossen, sehr selbstbewusst steht er auf vier einzeln gefederten Rädern.

Der neue Typ macht neugierig und weckt fast die Erwartung, innen größer als außen zu sein – und enttäuscht nicht. Er überrascht mit einem erstaunlich geräumigen Innenraum, nicht viel kleiner als beim Mercedes-Benz 170 mit Sechszylindermotor, dem bis dahin kleinsten Fahrzeug von Daimler-Benz. Die recht große und ungeteilte Windschutzscheibe lässt einen ungehinderten Blick nach draußen zu. Die beiden großen Seitentüren ermöglichen in Verbindung mit den abklappbaren Vordersitzlehnen einen recht guten Zugang zur höher angebrachten Fondsitzbank, hinter deren Lehne noch Raum für einen größeren Koffer ist. Unter der vorderen Haube ist Platz für das waagerecht liegende Reserverad sowie Werkzeug und kleinere Reiseutensilien. Eine große Ausnahmeerscheinung der damaligen Zeit und in dieser Fahrzeugkategorie ohnehin ist die serienmäßige Warmluftheizung.

Der 1,3-Liter-Vierzylindermotor ist eine Neukonstruktion mit stehenden Ventilen und Steigstromvergaser, leistet 19 kW bei 3400/min und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 92 km/h. Damit ist das Fahrzeug sogar geringfügig schneller als der Typ 170. Zupass kommt ihm dabei seine für die damalige Zeit günstige Form. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von cW=0,516 liegt er auf dem Niveau eines Mercedes-Benz 230 SL von 1963 mit Hardtop, der auf einen Wert von cW=0,515 kommt, und deutlich unter dem in der Vorkriegszeit weit verbreiteten Mercedes-Benz Typ Stuttgart mit cW=0,662. Selbst ein VW Käfer von 1966, der noch den Vorteil der eingelassenen Scheinwerfer hat, liegt mit cW=0,498 nicht so viel besser, wie es die Differenz von 32 Jahren vermuten lässt.

Der Kraftstofftank mit 30 Liter Volumen befindet sich im Heck – rechts neben dem Motor. Das zur besseren Achslastverteilung vor der Hinterachse platzierte Dreigang-Getriebe hat als vierte Fahrstufe einen Schnellgang, der dem Trend der damaligen Zeit entsprechend eine Overdrive-Funktion erfüllt. Dieser Schnellgang wird ohne das Treten des Kupplungspedals vorgewählt und durch das Loslassen des Gaspedals geschaltet. Beim anschließenden erneuten Gasgeben rastet der Gang automatisch ein. Hydraulische Vierradbremsen, auch noch nicht Standard dieser Fahrzugklasse in jenen Jahren, sorgen für eine sichere Verzögerung. Der Motor bietet beachtliche Hubraum-Reserven und erlebt in den 1950er Jahren als 1,8-Liter-Motor in den Typen 180 und 170 S-V seinen Höhe- und zugleich Endpunkt.

Der Typ 130 ist als zweitürige Limousine und als zweitürige Cabrio-Limousine lieferbar. Für Behörden-Sonderzwecke werden auch Versionen als offener Tourenwagen und Kübelwagen angeboten. Zudem hat es Pläne gegeben, auch das blanke Fahrgestell für Sonderkarosserien anzubieten, doch für die Umsetzung fehlen Nachweise. Das komplett aus einem Stück gepresste Dach der Limousine ist für damalige Verhältnisse nicht alltäglich. Die meisten Autodächer jener Zeit bestehen in ihrer großen Mittelfläche aus einer tragenden Holzkonstruktion, die von einem Stoffbezug abgedeckt ist. Für das neue große Pressteil schafft das Unternehmen für das Werk Sindelfingen eigens eine hydraulische Presse mit entsprechenden Gesenken an.

Die Bezeichnung Cabrio-Limousine charakterisiert die zweite Fahrzeugvariante sehr exakt: Das Stoff-Faltverdeck öffnet auf Wunsch Dach und hintere Partie, während die Fahrzeug-Seitenwände feststehend sind.
Noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin besteht übrigens Übereinstimmung darüber, den Typ 130 nicht als Einzelerscheinung im Modellprogramm zu lassen, sondern zu einer Modellfamilie von Heckmotorfahrzeugen auszubauen. Es wird bereits über ein Modell mit 1,6-Liter-Motor und vier Türen sowie einen Sportwagen nachgedacht.

Das neue Konzept erfordert ein neues Design
Das Äußere des neuen Automobils erfordert ein völliges Umdenken bei der eher konservativ geprägten Mercedes-Benz Kundschaft. Denn der Heckmotorwagen benötigt keinen klassischen, vorn angesiedelten Kühler, und bei Daimler-Benz ist man der Versuchung auch nicht erlegen, dem Fahrzeug durch einen Pseudokühler das Aussehen eines traditionell geprägten Frontmotorfahrzeugs zu verleihen. Zwar gibt es entsprechende Versuche und Vorschläge aus dem Hause, doch man entscheidet sich konsequent für eine klare Gestaltung als Heckmotorfahrzeug. Dazu gehört auch ein Mercedes-Stern mit Umrandung, der auf der Fronthaube in die über die Haube laufende Wulst eingebettet ist.

Ein markanter Teil der neuen Fahrzeugoptik sind zudem Einlassgitter In den Seitenflächen unter den hinteren Seitenfenstern für die Luftzufuhr des über der Hinterachse platzierten Wasserkühlers. Die geschwungene Motorhaube prägen drei längs über die Haube verlaufende Entlüftungsschlitze, die aufgrund der darüber angebrachten Abdeckbleche dem Fahrzeug eine markante und unverwechselbare Heckansicht verleihen.
Somit präsentiert sich der Typ 130 mit vollkommen eigenständigem Design, das ihn in der damaligen Zeit durchaus avantgardistisch wirken lässt – und was den Markterfolg dieses Fahrzeugs nicht gerade erleichtert. In ihrer klaren Konsequenz verdient die Entscheidung für die Eigenständigkeit große Achtung. Dieser Umstand wird auch in der damaligen Presse gewürdigt.

Der Typ 130 ist, wie man den Produktionsstatistiken des Hauses entnehmen kann, im Gegensatz zu später oft geäußerten Meinungen durchaus erfolgreich. Verzeichnet die Statistik im Jahr der Serienvorbereitung 1933 noch exakt ein Exemplar der zweitürigen Limousine vom Typ 130, entstehen 1934 bereits 2205 Stück, die zu einem Preis von jeweils 3425 RM angeboten werden. 1935 werden 1781 Stück (3680 RM) gefertigt, im Jahr 1936 noch 311 Stück (3200 RM). Zum direkten Vergleich: Vom Typ 170 (W 15) enthält die Produktionsstatistik zur viertürigen Limousine für das Jahr 1933 die Zahl von 3130 Stück (4400 RM). 1934 werden 2508 Stück (4150 RM) hergestellt, 1935 insgesamt 3020 Stück (3950 RM), und im Jahr 1936 sind es 497 Stück (3950 RM).
Der Absatz des Heckmotorautos darf umso mehr beeindrucken, da es ja in der Gesamtheit seines Entwurfs ein sehr avantgardistisches Konzept verkörpert, bei dem manch angestammter Mercedes-Benz Kunde Berührungsängste gezeigt hat.

Ein grundlegend neuer Entwurf
Für den Typ 130 wird ein neuer Zentralrohr-Rahmen konstruiert, der hinten gegabelt ist, um den Motor aufzunehmen. Für einen tiefen Schwerpunkt sind die Querträger zur Aufnahme der Karosserie unterhalb des Zentralrohres angebracht. Die Sitzplätze sind in der am besten gefederten Zone des Wagens zwischen den Achsen angesiedelt. Die Vorderachskonstruktion hat, wie beim Typ 170, Einzelradaufhängung, zwei übereinander liegende Blattfederpakete, die am vorderen Chassisquerträger befestigt sind, und Hebelstoßdämpfer. Die Zweigelenk-Hinterachse hat zwei Spiralfedern.

Der ursprüngliche Impuls zum Heckmotorfahrzeug kann eindeutig zugeordnet werden, wie der Konstrukteur Josef Müller in seinen Lebenserinnerungen schreibt: „ Max Wagner erinnerte sich seines ‚Benz-Tropfen’ mit Heckmotor, eigentlich Mittelmotor.“ Die Konzeption des neuen Fahrzeugs ist schwierig – vor allem, weil man bis dato kaum auf Erfahrungen mit Heckmotorautos verweisen kann. Müller berichtet: „Aus einer Versuchsausführung mit einem luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor hatte man bereits erfahren müssen, dass der Motorgetriebeblock nicht direkt am Zentralrohrrahmen angeschraubt sein dürfe, sondern aus Geräuschgründen in einer Rahmengabel elastisch aufgehängt und möglichst wassergekühlt sein sollte. Leider erlag man bei der Motorauswahl noch der Versuchung, statt des kurzen Boxermotors den längeren, wenn auch einfacheren Reihenvierzylinder zu nehmen. Die ersten Versuchsfahrten waren keineswegs zufriedenstellend. Der […] Geburtsfehler der Pendelachse wirkte sich im Zusammenspiel mit der großen Hecklastigkeit stärker als erwartet aus. Trotzdem gelang es, durch peinliche Abstimmung der Reifen- und Federweichheiten zwischen Vorder- und Hinterachse und Lösung der Geräuschfrage, aus dem zunächst recht störrischen Vehikel ein brauchbares Gefährt zu machen.“

Das Fahrverhalten sorgt immer wieder für interne Diskussionen. So äußert sich im November 1933 der Untertürkheimer Betriebsdirektor Hans H. Keil in einer technischen Sitzung sehr besorgt und wird im Protokoll zitiert: „Herr Keil brachte zum Ausdruck, dass er und Herr Uhlenhaut die schlechte Strassenlage des Hecktriebwagens festgestellt habe und dass er über den Fahrzeugtyp äusserste Besorgnis hege.“

Die Feinabestimmung verbessert das Fahrverhalten
Doch das Unternehmen findet technische Lösungen, um die Fahreigenschaften zu verbessern. So erweist sich die von Müller erwähnte Feinabstimmung als erfolgreich, was erste Fahrberichte auch belegen. Die Fachpresse begegnet dem neuen Auto zunächst mit Skepsis, erkennt dann aber das Aufwändige und auch den frühen Reifegrad des Konzepts. Der Journalist Joseph Ganz, der die Möglichkeit hatte, einen Vorserienwagen noch vor der offiziellen Vorstellung zu fahren, geht im folgenden Bericht auch auf die Fahreigenschaften des neuen Typ 130 ein: „Ich hatte Gelegenheit, den Wagen jüngst einer ausgedehnten Probefahrt zu unterziehen. Motorisch verhält sich der MB 130 Heckmotorwagen fast gleich wie der MB 170 [mit Frontmotor]. Auch die Fahrleistungen entsprechen einander beinahe vollkommen. Interessant ist, dass man im Wageninneren den an sich durchaus nicht leisen Motor in keiner Weise lästig empfindet. Leerlauf, Anzug und Stehvermögen: einwandfrei.
Und nun zum Wichtigsten, den Straßeneigenschaften: Der MB 130 ist eigentlich kein Heckmotorwagen in Reinkultur. Er ist mehr ein ‚ Aussenbordmotor’-Wagen. Der Motor ist nach hinten weit übergebaut, was unerwünschte Schwanzlastigkeit verursacht. Dies hat vorn Stoßdämpfer erforderlich gemacht, und das bedeutet sozusagen das Fehlen des Tüpfelchens auf dem i der Fahreigenschaften, wie man sie von kompromissfreien Heckmotorwagen gewöhnt ist. Daraus ergeben sich Mängel, die den feinfühligen Fahrer, den Kenner, stören. Hat man das dadurch hervorgerufene unbehagliche Gefühl, als ob der Wagen etwas schwimme und in den Kurven hinten herum zu kommen strebe, überwunden, und stellt man dann Vergleiche zu einem x-bliebigem anderen Fahrzeug mit vorn liegendem Motor an, so fallen sie weitaus zu Gunsten des MB 130 aus. Die Federung ist einzigartig. Stöße fehlen vollständig. Übrig geblieben ist nur ein sanftes Wiegen, wodurch die Reise zu einem Genuss werden muss. Und die Lenkbarkeit ist beinahe vollendet. Der Wagen reagiert auf jedes Streicheln des Lenkrads. Es ist ein ausgesprochen kultiviertes Fahren. Bremsen sanft und sehr wirksam. Gute Straßenübersicht, tadelfreie Lüftung. Kein Gasgeruch im Wagen.

Um alle Möglichkeiten des Heckmotorwagens auszukosten, fuhr ich auf verschneiten und teilweise vereisten Wegen auf den Feldberg im Taunus, der in diesen Tagen von Motorfahrzeugen fast vollkommen gemieden wurde. Der vier Tage alte Schnee war noch durchaus jungfräulich. Der Wagen kam nur ein einziges Mal, infolge einer Schneewehe, wenige Grade aus der beabsichtigten Fahrtrichtung, ließ sich aber sofort wieder fangen. Sonst hielt er Spur wie manch anderer nicht auf einer Splitstrasse. Der MB 130 ist schon eine ganz große Sache. Er steht mit Abstand über allen mir bekannten Fahrzeugen der gleichen Klasse. Er ist aber noch weiterentwicklungsfähig durch Verlängerung des Radstands nach hinten und Verlegung der gewichtigen Motormasse näher zum Wagenschwerpunkt.

Ganz’ Kollege Stephan von Szénasy kommt 1934 in Heft 14 des Fachmagazins „Motor und Sport“ zu ähnlichen Erfahrungswerten, als er im Prüfungsbericht Nr. 105 feststellt: „ Mit jedem Wagen, der irgendwie aus dem Alltäglichen herausfällt, beschäftigt man sich schon vor Antritt einer Testfahrt ganz eingehend. Der Typ 130 von Mercedes-Benz stellt in jeder Hinsicht ein Novum dar. Heckmotor – das heißt die Hauptmasse des Fahrzeugs im Rücken [zu] haben. Die theoretischen Erwägungen konnten somit zu der von Daimler-Benz gewählten Bauanordnung nicht von vorneherein restloses Vertrauen geben. Um so eindrucksvoller dürfte die durchaus positive Kritik sein, die Gegenstand dieses Testberichts ist.
Man muss, genau so wie dies bei der ersten Fahrt mit einem Fronttriebler der Fall ist, in gewissem Sinne umlernen, insbesondere was das Kurvenfahren anbetrifft. Nach einem halben Tag Fahrversuche im Stadtverkehr ging es hinaus auf die Chaussee. Am Ende der ersten Fahrstunde waren genau 67 km zurückgelegt, eingeschlossen die Durchfahrten durch Spandau und Nauen. Das sagt eigentlich schon alles. Man erreicht mit dem 130er Mercedes Fahrdurchschnitte, die an die des so hervorragenden Typs 170 herankommen, trotzdem nur eine um 400 ccm kleinere Maschine die Kraftquelle ist. Die Leistungseigenschaften sind also in jeder Hinsicht zu loben. Eine Höchstgeschwindigkeit von 92 km/h – auf der Avus gestoppt – sind für einen Wagen von dieser Größenordnung durchaus nicht alltägliche Leistungseigenschaften.
Wie die Straßenlage ist? Der Mercedes-Benz 130 weist unter allen vorgekommenen Betriebsbedingungen – der Wagen konnte allerdings nur auf trockener Straße erprobt werden – einen sehr hohen Sicherheitsfaktor auf. Die Straßenhaftung ist einwandfrei, ebenso die Unempfindlichkeit gegenüber schlechtem Fahrbahnzustand. Was die Kurvensicherheit betrifft, so ist diese durchaus zu loben, wenn man sich nur einigermaßen an die Eigenarten des Wagens gewöhnt hat, der eben eine etwas veränderte Fahrtechnik erheischt.

Sechs Mercedes-Benz 130 nehmen 1934 an der Fernfahrt „2000 Km durch Deutschland“ teil. Drei gelangen ins Ziel und erhalten dafür eine Goldmedaille (mit Sollzeit ins Ziel), eine Silbermedaille (bis 30 Minuten über Sollzeit) und eine Bronzemedaille (bis 60 Minuten über Sollzeit). Die Marke beteiligt sich mit einem großen Aufgebot an der Veranstaltung, an der rund 650 Pkw teilnehmen, zusätzlich zu einem ebenfalls großen Feld von Motorrädern: Neben den kompakten Heckmotorfahrzeugen sind auch die Mercedes-Benz Typen SSK, SS, 500 K, 380, 290, 200, 170 und 150 vertreten.

Modellpflege mit Detailverbesserungen
1935 erhält der neue kleine Mercedes-Benz Verbesserungen vor allem an Karosserie und Innenausstattung. Beispielsweise ein überarbeitetes Armaturenbrett: Zwei große Rundinstrumente mit elfenbeinfarbenen Zifferblättern sind direkt vor dem Fahrer platziert, auf der Beifahrerseite befindet sich ein größerer Handschuhkasten mit Deckel und eingebauter Uhr. Die Vordersitze bekommen eine verbesserte Polsterung und sind jetzt durch eine „Momentanverstellung“ komfortabel verstellbar – die vorherige archaische Lösung durch das Lösen von Schrauben gehört der Vergangenheit an. Die Gummimatten auf dem Fußboden werden durch Teppichmatten ersetzt. Im Vorbau sind unterhalb der A-Säule je eine Lüftungsklappe für den Fußraum eingebaut, von außen erkennbar an je zwei Schlitzen rechts und links oberhalb der vorderen Kotflügel. Um die Fahreigenschaften zu verbessern, sind die Abstimmung von Federn und Stoßdämpfern und der Sturz der Vorderräder geändert. Diskutiert wird außerdem eine indirektere Lenkung, aber es ist unklar, ob sie zum Einsatz gekommen ist. Schon vor Beginn des neuen Modelljahrs hatte man den Typ 130 mit Vigot-Wagenheber ausgerüstet. Zudem ist die vordere Haube modifiziert worden, die ja bei diesem Heckmotorauto den dort befindlichen Kofferraum verschließt: Sie umfasst nun nicht mehr die stehenden Seitenteile, sondern liegt auf. Die Fahrzeuge des Jahres 1935 sind bis auf die komplett schwarzen Varianten weitgehend zweifarbig lackiert, wobei die Kotflügel auf Wunsch in Schwarz oder in der zweiten Wagenfarbe gehalten sind.

Restbestände der ursprünglichen Variante sind als „Modell 34“ zunächst weiterhin lieferbar und noch bis Juli 1935 in der Preisliste enthalten, bei einem um 225 RM reduzierten Preis für Limousine und Cabriolimousine. Das „Modell 35“ ist demgegenüber um 480 RM respektive 500 RM höher positioniert. Im Oktober 1935 wird beim Typ 130 noch eine technische Änderung wirksam, die die Betätigung des Kraftstoffhahns vom Fahrersitz aus gestattet. Gleichzeitig reduziert sich der Preis des sogenannten „Herbstmodells 1935“, das dieses Merkmal noch nicht hat, um 580 RM respektive 600 RM. Eine nur zwei Monate später durchgeführte Preissenkung des „Wintermodells 1935“ bereitet allerdings schon die Markteinführung des Nachfolgers vor. Im Februar 1936 löst der leistungsstärkere und in vielen Punkten neu konstruierte Typ 170 H den 1,3-Liter-Wagen ab. Als Auslaufmodell ist der Typ 130 noch bis Februar 1937 in der Preisliste zu finden.

An den Typ 130 ist übrigens noch eine weitere Neuerung geknüpft: Mit ihm beginnt die Auslandsfertigung der Daimler-Benz AG. 1935 werden in Dänemark die ersten Heckmotorwagen montiert, um auf die dort stark gestiegene Nachfrage zu reagieren. Die Fahrzeugteile werden komplett aus Deutschland geliefert.

Mercedes-Benz 130 (Baureihe W 23)
Zylinder: 4 (Reihe)
Hubraum: 1308 cm³
Leistung: 19 kW bei 3400/min
Höchstgeschwindigkeit: 92 km/h
Produktionszeitraum: 1934 bis 1936