Premiere im April 1971: der SL der Baureihe R 107

Vor 50 Jahren schlägt Mercedes-Benz im April 1971 ein neues Kapitel in der faszinierenden Geschichte der SL-Sportwagen auf: Der 350 SL ist der erste SL der Marke mit V8-Motor und das erste Modell der Baureihe R 107, die erstmals das Buchstabenkürzel „R“ für „Roadster“ trägt. Der völlig neu entwickelte, offene Zweisitzer mit vollversenkbarem Stoffverdeck und abnehmbarem Hardtop überzeugt als sportlich-luxuriöses Fahrzeug und verbindet Leistung und Fahrkomfort optimal miteinander. Noch im selben Jahr leitet Mercedes-Benz von der Baureihe R 107 die viersitzigen Oberklasse-Coupés der Baureihe C 107 ab.

Der R 107 reiht sich nach dem 300 SL-Rennsportwagen (W 194) von 1952, den 300 SL-Seriensportwagen (W 198, als Coupé von 1954 bis 1957 und als Roadster von 1957 bis 1963), dem 190 SL (W 121, 1955 bis 1963) sowie nach den „Pagoden“-SL der Baureihe W 113 (1963 bis 1971) in die Ahnenreihe der SL-Historie ein. Im Jahr 2021 schreibt die Marke mit dem Stern die Tradition der SL-Sportwagen mit dem Mercedes-AMG SL der Baureihe R 232 weiter.

Erfolgsmodell mit 18-jähriger Produktionszeit

Der R 107 wird von 1971 bis 1989 produziert und in dieser Zeit mit Modellpflege und neuen Motorisierungen stets aktuell gehalten. Abgesehen von der G-Klasse ist kein Mercedes-Benz länger im Programm. Mit der direkten Vorgängerbaureihe W 113, dem „Pagoden“-SL, hat der vor 50 Jahren vorgestellte Mercedes-Benz 350 SL keine technischen Gemeinsamkeiten. Stattdessen schlagen die Konstrukteure Brücken zum aktuellen Personenwagenprogramm der Marke: Vorder- und Hinterradaufhängung orientieren sich beispielsweise an den „Strich-Acht“-Typen der oberen Mittelklasse. Der 147 kW (200 PS) starke V8‑Motor mit 3.499 Kubikzentimetern Hubraum ist aus den Oberklassefahrzeugen Mercedes-Benz 280 SE 3.5 der Baureihen W 111 (Coupé und Cabriolet) sowie W 108/109 (Limousine) bekannt.

Zu den technischen Innovationen des offenen Sportwagens gehören die weiterentwickelte Sicherheitskarosserie mit einer eigenständigen Rahmenbodenanlage aus Blechen unterschiedlicher Stärken für ein definiertes Knautschverhalten, der kollisionsgeschützt über der Hinterachse eingebaute Kraftstofftank, hochfeste Stähle in den A-Säulen und der Frontscheibenrahmen mit eingeklebtem Glas sowie der Innenraum mit neuem Vierspeichen-Sicherheitslenkrad, gepolsterten Flächen und deformierbaren Elementen als Beitrag zur passiven Sicherheit. Ab März 1980 erhält dieser SL das Antiblockiersystem ABS und ab Januar 1982 Fahrerairbag sowie Gurtstraffer als ergänzendes Rückhaltesystem – die Systeme sind als Sonderausstattung zu haben.

Große Vielfalt der Motorisierungen

Nach dem Debüt mit dem 350 SL baut Mercedes-Benz das Programm der Baureihe kontinuierlich aus. 1973 erscheint auf den europäischen Märkten der 165 kW (225 PS) starke 450 SL ebenfalls mit Achtzylindermotor, der ab Herbst 1971 zunächst dem Export nach Nordamerika vorbehalten ist. 1974 folgt der Sechszylindertyp 280 SL (136 kW/185 PS). Damit ist nun erstmals in der SL-Historie eine Baureihe in drei verschiedenen Motorisierungen erhältlich.

Zur Modellpflege 1980 löst der 380 SL (160 kW/218 PS) den 350 SL ab, und der 500 SL (177 kW/240 PS) wird statt des 450 SL zum neuen Spitzenmodell. Bei der umfangreichen Überarbeitung wird unter anderem das Interieur der Sportwagen den S-Klasse-Limousinen der Baureihe 126 angepasst. Außerdem aktualisieren die Ingenieure zahlreiche technische Systeme, beispielsweise die Getriebe. Äußerlich wirkt sich die Modellpflege nur dezent aus, unter anderem mit Motorhauben aus Leichtmetall und Frontspoiler. Der 500 SL erhält außerdem den Leichtmetall-Kofferraumdeckel mit schwarzem Kunststoff-Heckspoiler des SLC-Coupés mit 5-Liter-V8-Motor.

1985 präsentiert Mercedes-Benz erneut ein komplett überarbeitetes Typenprogramm der Baureihe R 107. Neben leichten Veränderungen des Exterieurs mit 15-Zoll-Rädern und einheitlichem Frontspoiler für alle Typen sowie einer verbesserten Vorderradaufhängung mit Lenkrollradius Null steht vor allem eine aktualisierte Motorenpalette im Vordergrund. Ein Highlight für alle Fans der Sportwagen mit dem Stern ist dabei der 300 SL mit 3-Liter-Sechszylindermotor. Denn dieser 138 kW (188 PS) starke Sportwagen bringt jene Typbezeichnung zurück ins Programm, mit der die SL-Geschichte im März 1952 beginnt. Neu ist auch der 420 SL (160 kW/218 PS), während der 500 SL (180 kW/245 PS) einen überarbeiteten Motor mit elektronischer Zündanlage und der elektronisch-mechanisch gesteuerten Einspritzanlage Bosch KE-Jetronic erhält. Spitzenmodell der Baureihe R 107 ist der 560 SL mit spektakulärem 5,6-Liter-V8-Motor. Er bleibt jedoch dem Export nach Nordamerika, Japan und Australien vorbehalten. Sämtliche Typen werden nun mit geregeltem Dreiwegekatalysator angeboten.

Im August 1989 endet die Produktion der Baureihe R 107 nach mehr als 18 Jahren. Insgesamt entstehen in dieser Zeit im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen exakt 237.287 Fahrzeuge. Heute sind die offenen Zweisitzer gesuchte Klassiker: Die luxuriöse Sportlichkeit fasziniert bis zum jetzigen Tag.

Quelle: Daimler AG

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Marc W.
3 Jahre zuvor

Goldene Zeiten damals – vor der Ölkrise. Wohl niemand wird sich beschwert haben, dass dieser SL eine Designära begründete (Blinker, Rippenheckleuchten, KI) und die bald folgenden Strich-Acht-Mopf und S-Klasse W116 Elemente übernahmen. Heute kann ein SL da nichts mehr vorgeben.
Bild 5 könnte sandbeige uni zeigen – ziemlich einzigartig.

Ralf
Reply to  Marc W.
3 Jahre zuvor

Kann ich nur zustimmen. Die Farbe in Bild 5 war champagner metallic – glaube ich. Gab es auch beim W123.

Benzfahrer
Reply to  Ralf
3 Jahre zuvor

In der Tat, das waren noch rosige Zeiten!

Heute muss man schon dankbar sein, wenn es z.B. beim W/S213 neben „fifity shades of grey“ mit blau und rot noch zwei „echte“ Farben gibt.

Phil
Reply to  Marc W.
3 Jahre zuvor

Champagner metallic mit Leder dattel.

Snoubort
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Und das schon für die „Serienausstattung“ – ganz ohne Lines 😉

Phil
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Ein breites Angebot also – und gleichwohl wurde trotz der vielen Diversifikationen gutes Geld verdient.
Vielleicht ist Ihr Beitrag insoweit missverständlich: im offenen SL wurde kein Velours angeboten. In Limousinen und Coupés bevorzugte ich es, weil ich die Stoffsitze -solange sie die Sitzwangen aus Kunststoff aufwiesen- komplett ablehnte.

Marc W.
Reply to  Phil
3 Jahre zuvor

Mir ist Stoff in 116 und 126 sehr wohlig in Erinnerung – Velours dagegen im 123 richtig steif und pieksig. Laut Prospekt war 1973 Velours für R/C107 in sechs Tönen (mit Olivgrün!) verfügbar.
Mein derzeitiges semianilin-Leder Passion mag ich gar nicht so gerne.
War im 107 nicht sogar der Stoff „karoartig“, ähnlich späteren sportline-Polstern (124) ?
1974 hätte ich wohi ikonengoldmetallic mit Stoff mahagoni genommen.

Tobias
3 Jahre zuvor

Dem R107 konnte ich leider optisch nie etwas abgewinnen.
Insbesondere die Seitenansicht mit ihren unterschiedlich hohen Radhausausschnitten, den Rillen und vor allem diesem unheimlichen Überhang am Heck konnten mich nie begeistern.

Das sehr kantige Design lässt ihn zudem wie eine Seifenkiste wirken. Dahingehend gefielen mir die Pagode und der R129 wesentlich besser.

Aber es scheint ja seine Liebhaber zu haben.

Roland FELDBERG
3 Jahre zuvor

Ja genau den mit diesem Baujahr besitze ich. Einer der aller ersten. Noch super Zustand.
50 Jahre Geburtstag .

Frank E.
3 Jahre zuvor

Mist, ich werd‘ alt… Bin in den Zeiten des 107er groß geworden und jetzt wird der 50. Naja, ich auch fast,…

Der 107er war bei mir immer im Wechselspiel der Gefühle. Als kleiner Junge ein Traumauto, als Teen sehr altbacken, der 129er die Erlösung und heute wieder eine Ikone. Erschwinglich für mich: NIE.

Nikolaus Hagenau
3 Jahre zuvor

Ein wirkliches Cabrio, bei dem man nicht bis zur Nasenspitze im Blech sitzt. Thumbs up für die elektronikfreien Versionen.