Wie auch in der zweiten Generation der G-Klasse bietet Mercedes-Benz nun eine Motorisierung an, welche im Luxusgeländewagen sich akustisch nicht so bemerkbar macht, wie die sonst üblichen 8-Zylinder Triebwerke – jedoch mehr als vernünftig ist: der Dieselantrieb, diesmal sogar als Reihen-Sechszylinder und 286 PS. Wir haben den kleineren Selbstzünder als G 350 d 4MATIC im Alltag bewegt.
G 350 d 4MATIC: Reihen-Sechszylinder Diesel mit 210 kW / 286 PS als Einstiegsmotorisierung
Während auf vielen Straßen die G-Klasse meist als 8-Zylinder Motorisierung – ob als G 500 mit 422 PS oder als Topmodell G 63 aus Affalterbach mit 585 PS über die Straße rollt, hatte man mit der Überarbeiteten Variante des „Geländewagens“ aus Grazer Produktion den Dieselantrieb erst später angeboten. Zum „Dieseln“ stehen hier 210 kW / 286 PS und 600 Nm oder wahlweise 243 kW / 330 PS mit 700 Nm zur Verfügung – immer aus dem identischen OM 656 Reihen-Sechszylinder mit 2.925 cm³ Hubraum mit Euro-6d-temp Zertifizierung.
Während man inzwischen die 350 d Variante der G-Klasse normal bestellen kann, gab es die 330 PS Variante bislang ausschließlich i.V.m. dem nicht mehr erhältlichen Sondermodell „STRONGER THAN TIME“ – ab Mai ist der G 400 d auch ohne Ausstattungszwang bestellbar. Preislich stellt der G 350 d mit stattlichen 97.115,90 Euro als Grundmodell jedoch weiterhin den Einstiegspreis für die Baureihe des G-eländewagens aus Grazer Produktion dar.
Während der G 350 d mit Bi-Turbo das 2,5 Tonnen Gefährt auf nahezu 200 km/h (lt. Werksangabe exakte 199 km/h) beschleunigt – und die 100 km/h Marke bestenfalls in 7,4 Sekunden erreichen kann, sind die Benzin-Varianten des G 500 bzw. G 63 Modells definitiv eine andere Hausnummer. Dabei sprintet die kleinste Benzinvariante mittels V8 Bi-Turbo Motor innerhalb von 5,9 Sekunden auf 100, während das AMG-Modell mit 4,5 Sekunden hier nochmals den Wert deutlich toppen kann. Doch wer auf den Dieselantrieb setzt, hat andere Prioritäten – und genau da kann der Reihen-Sechszylinder mehr als punkten.
Kein Verlust am Geländepotential der Baureihe aus Graz
Eines aber vorab: mit der Überarbeitung der G-Klasse hat das Modell keinesfalls am Geländepotential verloren – was schon die Bodenfreiheit von 241 hinten bzw. 270 Millimeter vorne sowie den drei hundertprozentigen Differentialsperren verdeutlicht. Dabei liegt der Rampenwinkel bei fast 26 Grad, der Böschungswinkel liegt vorne leicht über, bzw. hinten bei unter 30 Grad. So sind Steigungen bis 45 und Schräglagen bis 35 Grad absolvierbar. Bei Schlammpassagen oder Flussquerungen punktet das Modell mit einer Watttiefe von 70 cm. Die Geländefähigkeit des G-Modells muss man also auch in Zukunft nicht in Frage stellen.
Einen Nachschlag bietet auch der sogenannte „G-Mode“, der sich mit der Geländeuntersetzung „Low Range“ oder mit einer der drei Differentialsperren aktiviert: hier stellen sich die Pedalkennung die und Verstelldämpfer auf Geländemodus um. Um alles voll auszuschöpfen, wird der Fahrer mittels elektronischen Helfer zwar unterstützt, echtes Klettern sollte für den Fahrer trotzdem geübt sein. Das man mit „dem G“ arbeiten kann, steht aber außer Frage, wenngleich der gestiegene Luxus im Interieur dafür eigentlich eher gegensätzlich ist.
Selbstzünder mit deutlich weniger Tankstopps
Mit dem sinnvollen Dieselantrieb des G 350 d punktet das Modell zwar nicht bei der Beschleunigung oder gar bei der Höchstgeschwindigkeit, jedoch deutlich bei der Reichweite sowie beim Verbrauch. Im direkten Vergleich wird das G-Modell zwar so nicht zum Spritsparmodell schlechthin, für seine Verhältnisse und aufgrund der massiven Front sowie des hohen Leergewichts aber definitiv seltener an der Zapfsäule zu sehen, als die beiden Benzinvarianten.
Im Spritverbrauch gibt Mercedes-Benz für den 286 PS-Diesel (mit Euro 6d-TEMP Zertifizierung) offiziell exakt 9,7 Liter auf 100 km an, was die 8-Zylinder Benzinvariante mit zusätzlichen knapp zwei Litern problemlos toppt. Der Alltag zeigt hier aber noch deutlichere Unterschiede – auch wenn die Werksangabe nur mit starker Zurückhaltung zu halten ist. Optional wird die Reichweite übrigens mittels 100 Liter Tank – Serie für G 400 d sowie Mercedes-AMG G 63 – weiter maximiert.
Fahrtest mit der Vernunftmotorisierung des G-Modells
Auch wenn der Diesel-Antrieb wohl nicht den größten Absatz bei der G-Klasse verzeichnen wird, ist ein Selbstzünder für ein „Arbeitsgerät“ weitaus sinnvoller, als jeglicher Benzinantrieb – gerade schon bei der Formgebung der G-Klasse. Dabei ist das Modell dank variabler Ventilsteuerung und zweistufigen Abgasturbolader durchaus flink unterwegs und baut sein Drehmoment schnell auf, um den mehr als schweren Geländewagen nach vorne zu schieben. Der Sechszylinder arbeitet mehr als angenehm und leise und passt sich mehr als perfekt in das Gesamtbild des Gipfelstürmer-Modells ein. Hier sorgt eine entsprechende Dämmung zwischen Motorraum und Innenraum zwar für zusätzliche Ruhe, im Grundgeräusch hält sich der Motor aber allgemein auch im Außenbereich deutlicher zurück, was auf die Benzin-Varianten hingegen weniger zutrifft.
Beim Leistungsabruf ist im G 350 d 4MATIC Modell nur ein leichtes und dezentes Pfeifen der Turbos zu vernehmen und das G-Modell wird mit sanften Brummgeräuschen vorwärts bewegt. Als Vorteil zeigt sich hier das maximale Drehmoment, welches schon ab 1.200 Touren anliegt und das Fahrzeug mit gleichmäßigem Druck und ohne Leistungsloch aus dem Stand nach vorne schiebt. Vibrationen sind dabei Fehlanzeige.
Richtig unbemerkt arbeitet parallel das Neungang-Automatikgetriebe 9G TRONIC, welches schnell und präzise seine Arbeit erledigt – unabhängig, ob man gerade auf einer Serpentinen-Etappe unterwegs ist, oder die Leistung bei der Auffahrt auf der Autobahn abruft. Für einen minimalen Verbrauch sorgt hier die große Spreizung. Parallel schaltet das Automatikgetriebe jedoch bei niedrigen Tempo weicher, sowie bei höheren Geschwindigkeiten härter, um effektiv Schwingungsübertragungen auf den Rahmen bei niedrigen Drehzahlen so gering wie möglich zu halten.
Höherer Wendekreis gegenüber SUV-Modellen
Problematisch zeigte sich im Fahrtest weder die von uns eigentlich erwartete fehlende Übersichtlichkeit, oder gar die breite Fahrspur, dafür aber der für einige Altstädte durchaus ab und an problematische große Wendekreis. So mussten wir einige Male den Rückwärtsgang in Anspruch nehmen, um engere Abbiegungen überhaupt absolvieren zu können. So selten, wie dies jedoch effektiv vorkam, so selten wir es hier wohl auch zum Problem kommen. Der Wendekreis liegt hierbei übrigens bei 13,60 Metern (Wand zu Wand).
Knapp wird es hingegen wohl schneller bei der Fahrzeughöhe, welche fahrfertig bei 1,969 mm liegt. Hier kann die eine oder andere Stelle in Parkhäusern schnell enger werden, als gedacht – ein Problem, das wir mit der Meidung von Einfahrhöhenangaben unterhalb von 2,10 Metern einfach ausgeblendet hatten.
Vorteil beim Verbrauch
Richtig gepunktet hat das Modell hingegen beim Kraftstoffverbrauch, dessen Werksverbrauchsangaben wir sogar ab und an unterschreiten konnten – selten bei unseren Fahrtests, aber hier durchaus erwähnenswert. Bei normaler Nutzung pendelt sich der Diesel-Verbrauch jedoch schnell bei über 10 Litern ein, wobei unser Schnitt bei rund 11 Liter lag. Angesichts der Fahrzeugmasse, die wir in Bewegung setzen, noch ein recht überschaubarer Wert. Unser Maximalverbrauch – ohne Rücksicht – lag bei knapp 14 Litern. Die größere Differenz zwischen Werksangabe und Alltagsverbrauch zeigt sich hierbei weiterhin beim Benziner.
Mit der vorderen Einzelradaufhängung und der breiteren Spur – gegenüber dem früheren G-Modells – hat das Modell deutlich an Fahrstabilität auf Asphaltstrecken gewonnen. Eine zusätzliche adaptive Dämpfung sorgt hier schnell für einen mehr als komfortablen Fahrkomfort, was Schlaglöcher bestens ignoriert. Fasst man beim neuen G in Serpentinen-Abschnitten ein wenig fester hinein, aktiviert sich das ESP System jedoch schnell sicherheitsbetont.
Was uns aufgefallen ist:
- Großer Wendekreis sowie Fahrzeugbreite
- angenehme Laufruhe des Reihen-Sechszylinder Dieselmotors (OM 656)
- Im Verhältnis zum Fahrzeuggewicht annehmbarer Verbrauch
- erstaunlich muntere Bewegung des G 350 d bei gut 2,5 Tonnen Lebendgewicht
- Gute Übersichtlichkeit nur i.V.m. 360 Grad Kamera möglich
- Fahrzeughöhe knapp unterhalb von 2 Metern
- Hohe Sitzposition sowie anfangs ungewohnt hoher Einstieg
- Hecklastig ausgelegtes Allradsystem 4MATIC im 60:40 Kraftverteilung
- steil stehende Frontscheibe
- relativ übersichtlicher Kofferraum
Fazit:
Die G-Klasse fasziniert weiterhin, – für uns zählt beim G 350 d 4MATIC jedoch vor allen Verbrauch und effektive Reichweite. Hat man den hohen Grundpreis erstmals verschmerzt, wählt man mit dem G 350 d 4MATIC einen Luxus-Offroader mit besonderem Blickfang – der auch abseits vom Gelände deutlich Eindruck macht. Ist die Tür geschlossen, sitzt man nicht nur im Geländewagen mit Oberklassen-Anspruch, sondern fühlt das Tresorgefühl aus Grazer Produktion.
Mit dem Reihen-Sechszylinder Diesel rollt „der G“ ohne übertriebenen Krawall eines 8-Zylinder Benziners und sorgt für Entspannung – gern auch auf Langstrecke mit den kleinsten Verbrauchswerten der Baureihe – inkl. Segel-Modus. Die wohl beste Vernunftalternative bei den Motorisierungen für G-Kunden, die besonders viel und weit fahren. Ganz klar: wer einen G fährt, muss meist weder auf den Preis an der Tankstelle noch auf den Euro selbst achten, spart beim Diesel-Modell aber so manche unnötige Boxenstopps.
Ausstattung des Testfahrzeuges (nur auszugsweise): – Testwagenpreis gesamt: 128.323,65 Euro inkl. MwSt.
- Assistenzpaket 1.605,50 Euro
- Park Paket mit 360 Grad Kamera 2.368,10 Euro
- Exklusiv Interieur Plus Paket 10.489,85 Euro
- 19“ Leichtmetallräder im 5-Doppelspeichen Design 952,00 Euro
- Schiebedach 1.796,90 Euro
- Edelstahl-Paket 2.058,70 Euro
- Aktiv Multikontursitz Paket 3.623,55 Euro
- Brilliantblau metallic 1.201,90 Euro
- Wärmedämmend dunkel getöntes Glas 470,05 Euro
- EASY Pack Laderaumabdeckung 166,60 Euro
- Burmester Surround Soundsystem 1.547,00 Euro
- Widescreen Cockpit 1.011,50 Euro
- Ambientebeleuchtung 64 Farbtöne und 10 Farbzonen 476,00 Euro
- MULTIBEAM LED Licht 1.368,50 Euro
- Fahrwerk mit adaptiver Verstelldämpfung 1.547,00 Euro
- Kraftstoffbehälter mit größerem Volumen (100 Liter inkl. Reserve) 119,00 Euro
Bilder: MBpassion.de